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Wochen- und Nachrichtsblatt Mleich HtsM-jlMM fir Loftdorf, ZöW, Kmvdors, Zftftrf, Zt. Mti. Mmlftnt, Kmmi Sid MM Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — ' ,, « 46» Jahrgang» - Nr. 147. »orasp-tch.naschmg Sonnabend, den 27. Juni 1896. »el«« «E «Mu» »««li »her bw« Mm« »it L0 Pso«iO« Belmnttmachim-. A« TV. Juni dss. Js. bleiben di» hiesigen RatSexpeditiove» wegen vorzunehmendcr Reinigung für nicht oriugliche Angelegenheiten gefchlasfen. Eallnbe» g, am 25 Juni 1896. Der Stadlgemeinderat. Prahtel, Bürgermeister. Bolks-i-lioth-k Mittwoch und Sonnabend von 11 bis 12 Uhr. Sparkaffen-Expeditionstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. TageSgeschichte. *— 8 ichtenstein. Unser teurer König ist leider während seine» Sommeranfenthalte« in Sybillenort Wieder erkrank» gewesen, und diese Krankheit hat — so schreibt die „Deutsche Wacht" — in seinem Aussehen leiderEpuren zurückgelasseu. Allgemein fielen beider Er öffnung der Handwerks-Anrstellung die gebückte Hal- lang, die Farbe und die veränderten Züge in dem sonst so zufrieden lächelnden Gesicht de« greisen Lande-Herrn auf. Nicht unbemerkt blieb auch, daß der sonst für alle- Interesse zeigende Fürst ziemlich ermüdet der Eröffnungsfeier folgte und die Königin wiederholt ihrem Gemahl sorgenvolle Blicke zuwarf. — Dresden, 24. Juni. Nach neueren Mel dungen gedenkt Ihre Majestät die Köntgiu nun doch in Brennerbad einen längeren Aufenthalt zu nehmen. Die Königin trifft daselbst Anfang Juli unter dem Inkognito-Namen einer Gräfin v. Plauen mit Ge folge ein. Jo Langguth-Stolz' „Sterzingerhof", wo sie schon vor Jahren zur Kur geweilt, nimmt die hohe Frau Wohnung. — Dresden, 25. Juni. Ein Extrablatt der „Wacht" meldet: Heute vormittag stieß ein Schlepp dampfer eine mit Badegästen besetzte Schaluppe, die eben anlegen wollte, um. Sämtliche Insassen, deren Zahl noch nicht festgestellt ist, fielen ins Wasser und wurden von der Strömung mit fortgerissen. Bon dem Persooenschiff „Aussig" wurde« fünf Personen gerettet; außerdem wurden zwei Kinder den Wellen entrissen. Die Zahl der Umgekommeneu konnte noch nicht feftgestellt werden. — Dresden, 25. Juni. Nach authentischer Feststellung überrannte der Schleppdampfer eine Schaluppe. Sieben Personen fielen inS Wasser. Nach größter Anstrengung konnten alle gerettet werden. — Bezirksausschuß-Sitzung. Tagesordnung für die Sonnabend, den 27. Juni c-, nachmittag 3 Uhr, anberaumte 4. BeztrkSauSschuß-Sitzung im VrrhandlungSsaale der Kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau: I.Geschäftliche Mitteilungen. 2. VIII. Nachtrag zum Ortsstatut der Stadt Ernstthal. 3. Schörner'S in Hohenstein-Er. in Ernstthal-Anlagen-Rekurs. 4. Ranft'S in Ernstthal erneutes SchankerlaubniSgesuch. 5. Hermann'S in Niederlungwitz SchankerlaubniSgesuch. 6. Bemmann'S in Seiferitz Gesuch um Erlaubnis zur Errich tung einer Kantine in seiner Fabrik. 7. Herold'S in Gers dorf Schtächtereianlage. 8. Der verehel, Bauer dort gleiche Anlage. S. Verordnung, die Entschädigung der Pferdebesttzer für Verluste durch die Genickstarre der Pferde betreffend. 10. Dittrich's in Niederlungwitz Gesuch um Erlaubnis zur Veranstaltung von Singspielen rc. 11. Mehnert'S in Ziegel heim SchankerlaubniSgesuch. 12. Die staatlichen Wegebau- Unterstützungen auf das Jahr 1896. 13. Walther's in Gers dorf Kleinviehschlächtereianlage. 14. Der verehel. Jänig in Ernstthal SchankerlaubniSgesuch — für Hüttengrund. 15. Enderlem'S io Gersdorf Schankerlaubnisgesuch — für den Umbau. 16. Rudolph'S in Lichtenstein erneute» Schanker- laubnisaesuch — für Gersdorf. 17. Schulze'S in Oberlung witz SchankerlaubniSgesuch. 18. Uhlig'S in Hermsdorf Ge such um Konzession zum Kaffeeschank. 19. Petition der Stadtgemeinden Glauchau, Meerane und Crimmitschau an das Könml. Finanzministerium wegen Genehmigung elek trischer Bahnverbindung zwischen diesen 3 Städten. 20. Bochmann'r in Gersdorf Anlagen-RekurS. 21. Haferberger'» in Gersdorf Anlagen-RekurS. 22. Münch's m GerSdorf Anlagen-RekurS. 23. Werner'S in Ernstthal erneutes Gesuch um Gestattung de» Kleinhandels mit Branntwein. 24. DiS- pensationSgesuch in Dismembrationssachen Chr- F. Rudolphs in Falken. 25. Uebertragung einer Freistelle im Bethlehem stift an Stöckhardt in Lichtenstein. 26. Desgleichen an L. Tischendorf in Glauchau. — Niederhaßlau, 23. Juni. Eine hiesige BergarbetterSfamilie ließ kürzlich ihr 23. Kind am 23. Geburtstage der älteste» Tochter taufen. Solche Doppelfeste sind gewiß eine Seltenheit. — Zschopau, 25. Juni. Der Kohlenhändler Hermann Böhme hier ist gestern auf einem hiesigen kaufmännischen Kontor plötzlich ohne vorheriges Ün- wohlseinr vom Herzschlage betroffen worden. De» sofort herbeigerufene Arzt konnte nur de» Tod de» »och vor kurzer Zeit so rüstigen Manne« seststellen. — Am 15. April wurde der am 13. März d. I. mündig gewordene Kaufmann Karl Strobel zu Markneukirchen auf Antrag seine- Barer-, de- praktischen Arzte- vr. Gustav Strobel in Zehren, und auf Grund eines vom BezirkSarzt a. D. Ficker in Oelsnitz ausgestellten Gutachtens der Irrenanstalt Untergöltzsch zugeführt. In der Bürgerschaft wurden hierüber die verschiedenartigsten Meinungen laut. Wochenlang redete man von überhaupt nichts ande re« al« der Ueberführang deS jungen Manne- in die Irrenanstalt und man sprach e- ohne Scheu au-, daß hier ein unerlaubter Eingriff in die persönliche Freiheit deS Strobel zuu. vorliege, denn dieser war »ach dem übereinstimmenden Urteil aller Derer, die iHv au» persönlichem Verkehr her kannten, geistig völlig intakt. Der „Markneukirchener Anzeiger" brachte daraufhin eine» Artikel mit der Spitzmarke „Irrsinnig oder nicht?", in welchem zunächst von den wirklichen Thatsachen Notiz genommen und dann hinzugefügt ward, daß allerlei Vermutungen über die Motive, die Strobel ssn. bei Stellung seine» Anträge» geleitet haben könnten, aufgetaucht seien. Durch diese Notizen fühlte sich vr. Strobel belei digt und strengte die Privatklage gegen den Redakteur de» „Markneukirchener Anzeiger" an. Sm Mittwoch gelangte dieselbe vor dem Schöffengericht zur Ver handlung. Bon den Zeugen wurden die Angaben de» Angeklagten bestätigt, worauf dieser freigespro- chen und der Kläger in alle Kosten verurteilt wurde. In den Gründen wird hervorgehoben, daß zwar der direkte Beweis der Absicht Strobel s ssu., seine» Sohn in di« Irrenanstalt schaffen zu lassen, um ba- mütterliche Erbteil an sich zu reißen, nicht erbracht sei, doch ließen alle die zu Tage getretene« Neben- Schwere Kämpfe. Roman von I. Pia. Nachdruck -erboten. (Fortsetzung.) Sorgte Christa liebevoll und mütterlich für die kleine Elfriede, so nannte Clotilde das Verwöhnung und schlechte Erziehung, flickte und nähte sie ihre uettev Kleider, so wurde sie gescholten, daß sie zeitig schon den Keim zur Eitelkeit und Frivolität in de» Kinde« Herz pflanze. Drückte sie innige Küffe auf da» rote Mündchen, die weichen Wangen avd runden Händchen, so betrug sie sich kindisch — geradezu albern. Da« alle« wurde Christa bald unerträglich und «iueS Tage- beschloß sie, bei ihrem Manne Schutz and Hilfe gegen die beständigen Quälereien ihrer Schwägerin zu fachen. Irgend ein frommes Samariterverk hatte Clo tilde aus dem Hause geführt, und so sah sich Christa für de» Abend allein mit ihrem Maune. Sie war fest entschlossen, die günstige Gelegenheit nicht unbe nutzt vorübergehen zu lassen; freilich klopfte ihr da» Herz heftig bei de« Gedanken, wie Wilhelm sie wohl avseheu, wa« er ihr erwidern werde, aber sie wankte nicht in ihrem Borsatz. Ihr ganzes Glück, voraus sichtlich auch da- ihre« Kindes, hing von ihre« augenblicklichen Mute ab. Sie kleidete sich bester «ud sorgfältiger an, al» gewöhnlich, ordnete den Theetisch fo nett und zierlich wie möglich, fah nach, daß Wilhelm» Bücher uud Zeitungen an Ihre« Platz ihm »echt zur Hand lagen, und erwartete dann klopfend» Herzen» den paffenden Moweat. Der kam schneller al« sie gedacht halte. Rainer trank seinen Thee schweigend, wie er «S stets zu thun pflegte; daun nahm er die Zeitungen zur Hand, und al» er zufällig einmal aufsah, fiel sein Blick gerade aus seine junge Frau. E» war ein anmutiger Bild, da» seinen Augen begegnete. Christa hatte sich über die Wiege gebeugt, in der th»e kleine Tochter lag, und lachte und flüsterte der Kleinen za, wie eine Mutter eS nur vermag, so glücklich, so wonnetrunken; eS war ein reizende« Bild und Wilhelm Rainer« Herz erwärmte sich bei besten Anblick. Er legte das ZeitungSblatt nieder, trat an ihre Seite und sah lächelnd aus das Kiud herab. „Unsere kleine Elsriede wächst zusehends," be gann er nach einer Weile. „Jetzt sehe auch ich, daß sie die Ratnerscheu Züge trägt, und seltsam, gleich zeitig auch finde ich, daß sie Di, ähnlich sieht." Christa fuhr ein weuig zusammen bei dem Klang seiner Stimme, denn sie hatte nicht bemerkt, daß e» dicht »eben ihr stand. „Ich bin sehr stolz auf meine Tochter," ant wortete sie mit glücklichem Lächeln, „in weinen Augen ist sie da- reizendste Geschöpf, welche- je da» Licht der Welt erblickt hat. Ich kann nicht finden, daß sie wir ähnlich fieht; ich bin sicher «ie halb so schö« gewesen." „Ach Christa," entgegnete er, während er den Arm zärtlich nm sie legte, „Du weißt e« ja bester. Ju meinen Augen bist Du jederzeit die Schönste aller Schönen geweseu." Sie schmiegte sich dicht au ihn und sah strah- leude» Auge- zu ihm auf. „So pflegtest Du in der ersten Zeit unserer Ehe zu wir zu sprechen, Wilhelm, doch da- ist lange her! Jetzt sehe ich gewiß ganz alt und ehrwürdig aus!" „Du fischest nach Komplimenten, kleine Frau." „Nein, Wilhelm, Du irrst und weißt e-> Aber sage mir" — und hier wurde Christa sehr ernst — „hast Du mich heute wirklich noch ebenso lieb wie damals?" „Du willst schöne Redensarten höre», sage ich Dir, und ich will Dir den Willen thun," ««tgegvrte Rainer lächelnd, während er seine Wavge an da» reizende, erglühte Antlitz drückte, da» auf seiner Schulter ruhte. „Ich liebe Dich heute tausendmal mehr al» damals, wo ich Dich fragte, ob Du die Meine werde» wolltest; in meinen Augen bist Da weit reizeuder geworden." Einige Augenblicke lang standen sie so in zärt licher Umarmung; die ernste Innigkeit, die aus seinem Tone sprach, berührte ihre sensitive, leidenschaftliche Natur beinahe schmerzlich; dann drückte er eine» warmen Kuß aus ihre Lippen und kehrte zu seiner Zeitung und seiner gewöhnlichen Kühle und Reserve zurück. „Ach Wilhelm, wen« wir doch immer so glück lich sein könnte» wie heute Abend!" Er mußte lachen über ihr eifrige-, erhitzte» Gesicht. „Du schlägst heute ganz über die Schnur, Christa. ES ist gut, daß Clotilde nicht zu Hause ist. Sie würde Dich bald zur Raison bringen." Wie eine Wolke zog eS über ihr ganzer Wese» «vd mit seltsam fragendem Ausdruck sah fte ihn an.