Volltext Seite (XML)
Beilage zu Nr. 124 1896 < > ?i! „Er würde Sie auch nicht erkannt haben, wen« er Ste gesehen hätte*, sagte MrS. St. Ulm, „so verändert sind Sie durch Ihre Verkleidung, und so lange ift eS her, seit er Sie zum letzten Male sah*. „Er wird «ich erkeoneu, Madam«, was ich auch mit mir anfangen mag". „So bleiben Sie ihm fern! Sie können daS ganz leicht. Ich werde zu erfahren suchen, wie lange er hier bleibt*. Annette gegenüber sprach sie heiter; doch hotte sie selbst böse Ahnungen. Duvar mußte den Man« haben holen lassen. Warum? DaS war die Frage. Konnte er durch irgend einen Zufall entdeckt habe«, wer sie war, und nach diesem Manne geschickt haben, damit er ihm seine frühere« Angriffe erneuern Helsen möge? „Dieser elende, schändliche Mensch!" murmelte Annette. „Der brütet wieder ein Unheil in seinem gelben Kopfe*. Za dieser Zeit war die Nachricht von der be vorstehenden Heirat der Lady Dare mit dem Herzoge von Berwick ein öffentliches Geheimnis. „Wozu «S verbergen?" sagte sich Mylady, wen« sie an Sever dachte. „Ec weiß eS ja doch!* Und trotz ihrer Furcht, ihrer qualvollen Zweifel betrieb sie doch kühn alle Vorbereitungen. Der Herzog war auch sehr geschäftig während der Zeit zwischen der Stadt und dem Schlosse, da er sowohl beim Juwelier, als bei« Advokaten und bet den verschiedensten Handwerkern zu thun hatte, welche ihm seine zahlreichen, herrlichen Schlösser neu möblieren und au-statten sollten. Sr war ebenso beschäftigt, wie er glücklich war. Mylady schauderte jedesmal, wenn er sie ver lieh, und beobachtete prüfend sein Gesicht, wenn er wiederkam, aus Angst vor dem, was vielleicht in- dessen vorgefallen sei» konnte. Doch »och zögerte ihr Feind. Lady Dore hatte die Fragen nach Rupert da mit beantwortet, daß ste sagte, er habe seinem alten Lehrer in der Graysou Rectory einen Besuch abge stattet. Beuwrtschtes. * Wer hat die meisten Orden? Bish«, wurde allgemein angenommen, daß Fürst BiSmarck mit seinen 52 Orden i« der preußischen Armee di« größte Zahl von Dekorationen besitze. D«m ist jedoch nicht so. Der Oberhof- und HauSmarschall Graf zu Eulenburg, Generalleutnant ü la suite der Armee, welcher 57 Orden aufzuweiseu hat, übertrifft den Fürsten BiSmarck noch um fünf. * Etu Telegramm rund um die Erde. Auf der Elektrische» Ausstellung, die zur Zeit in New-York pattfindet, wurde vor einigen Tagen ein Telegramm ruud um die Erde geschickt. Da» Telegramm, lau- tevd: „Gott erschuf die Schätz« der Natur und die Die seltsame Heirat. Roman au» dem Amerikanischen von August Leo. ---------- äl« Jahrgang. — Sonntag, den 31. Mai i j „ES ist Vicht wahr", erklärte Regina, welch ihrer Mutter in ihr Zimmer folgte, „Du weißt so gut als ich, daß da» uur eine Lüge ist". Mylady lächelte herauSforderud. „gch mußte ihnen doch aus AnstandSrücksichten irgend etwa- sagen", meinte ste kalt. „Und Du hast die Kühnheit, mir gegenüber weiter aus der Behauptung zu bestehen, Du wüßtest nicht, wo er ist?* „Ja, meine Liebe, ich habe die Kühuheit*. Regina'« große, magnetische Auge» betrachteten sie mit Verwunderung. „Wie ist e» möglich", rief sie, „daß wir beide, Du und ich, das gleiche Blut in den Ader« haben können? Ich habe mich schon oft gefragt, ob «»nicht möglich wäre, daß ich vielleicht vertauscht sein könnte. Glaubst Du nicht, Mama?* fragte sie bitter. „Du wüßtest «S ja doch wissen, ob nicht die Wärterin Dein eigener Kind mit mir vertauscht hat?" Al» Regina diese Worte äußerte, stand Lady Dare vo« ihrem Sitze auf und ging auf sie zu. Der Ausdruck ihre« Gesichtes war unaussprech lich schrecklich; e« war sprachlose Wut und Furcht vereint. Sie sagte kein Wort; ste stand nur und blickte ste mit de« versteinerten Gesichte und den Flamwenaugen wild an. „Mama*, rief Regina, „warum siehst Du mich so an? Ist e« wegen dessen, wa- ich soebe« sagte? ES ist doch nicht zu verwundern, wenn ich mich frage, ob ich wirklich Dein Kind bin?" Lady Dare schien sich plötzlich zu besinne«. Sie zögerte eine« Augenblick, u« ihre trockenen, zitternden Lipp,« zu befruchten, «he sie antwortete. „Das ist e« nicht!" sagte ste.wegwerfend. „Aber ich bi« e« müde, sortwährend Rupert Srver'S Namen zu hören*. Regina'» schöner Kops richtete sich hoch auf, ihre Wangin glühten und ihre dunklen Augen sprüh te« Feuer. „Wirklich?" entgegnete ste. „DaS ist schade; denn Du wirst wahrscheinlich noch sehr viel von ihm hören, w«on er sich nicht bald einfindet. Du weißt, wo er ist, davon bin ich überzeugt. Bringe ihn her bei, oder ich will nicht nur da« Schloß Dare, son dern daS ganze Land davon sprechen machen, in welcher Weise Du und meiu würdiger Onkel mit dem Schicksale des Hauptmann« Sever verknüpft seid. So wenig ich auch davon weiß, wird eS doch genug sein, um jede« rechtlich fühlende Herz zu ver anlassen, von den unterirdischen Höhlen bis zu den Bergesspitzen daS Land zu untersuchen, bis diese» furchtbare Geheimnis enthüllt ist!" „Du bist wahnsinnig!" stotterte Lady Dare. „Du bist wirklich wahnsinnig!" „Dann wirst Du finden, daß Methode im Wahn sinne ist," erwidert« Regina. „Zum Anfänge werde ich mich an den Herzog vo« Berwick wenden". „Wage eS, zu dem Herzog von Berwick eia Wort davon zu sprechen, und Du wirst sehe«, wa» daraus entsteht!" drohte Vie Mutter mit erstickter Stimme. Regina lächelte. „Ich gebe Dir Zeit bi« morgen früh," sagte sie. „Ich denke wohl, daß er nicht so weit entfernt ist, daß ihn nicht ein Telegramm bi» zu dieser Zett erreichen köuote." Ohne ei« weiteres Wort verließ si« da« Zimmer. „Du mußt Regina in irgend einer Weise Hin halten," sagte Duvar, al« seive Schwester ihm die« erzählte. „Jetzt können wir Rupert hier nicht brau- chen; er würde un« gerade jetzt furchtbar im Wege sei». Der Herzog wird doch vor Abeud noch zu rückkommen?" „Ich erwarte ihn. Hast Du irgend welche be- friedigende Borber«ituvgen für heute Abend ge troffen ?* „Wunderbar," erwiderte der hartgesottene Ver brecher mit entzückter Miene. „Der Mensch aus L. ist ein Prachtkerl und zu Allem zu gebrauchen. Lady Dare sah nicht so befriedigt auS, wie ihr hübscher, pläneschmiedender Bruder. „Hast Du schon von MrS. St. Ulm Deine Antwort erhalten?* fragte ste. „Noch nicht!" antwortete er stirnrunzelnd. Ein leichte- Lächeln kräuselte Mylady'S Lippen. „Du hast wirklich die unglaublichste Geduld und den ungewöhnlichsten Glauben, den ich je bei einem Manne gesehen,* sagte sie. Derrick Duvar antwortete nicht, sondern run zelt« nur die Stirn. „Du glaubst noch immer, daß diese» Weib Dich heirate« wird?" r«,e»,eschtchte — Etwa» vo« Wetter. Im nördlichen Teile de» Atlantischen Ozeans sind schon im Monat April außerordentlich große Eismassen ausgetreten, welche besonder» während der zweiten Hälfte de« Monat« auf den Großen Bänken gesehen wurden. Inner halb de» Sommerbereichs des Golfstroms, also süd lich vom 45. Parallelkreis, wurden allein während diese» kurzen Zeitraumes 598 Stück größere Eis berge gezählt. DaS sind beinahe soviel, als wäh rend neun Monate« d«S eiSreichften Jahre» der Ve- obachtungSreihe im Tanze» beobachtet wurden. Am 29. April telegraphierte der Leuchtturmwächter auf Kap Race, der Südostspitze aus Neufundland, nach Washington, daß 15 Meilen im Umkreise der Ozean förwlich mit Eisbergen bedeckt sei. Die Berichte über kolossale EiSmaffen bei Neufundland haben sich seither so gemehrt, daß diese» Jahr schon jetzt al« da« eisreichste der ganzen BeobachtSreihe erscheint. Die Witterung von 1896—97 dürfte sich ähnlich derjenigen von 1890—91 gestalten. Damals folgte in Mitteleuropa auf einen vorwiegend naßkühlen Sommer eine Schönwetterperiode vo» einigen Wochen i« September. Hierauf wurde e« wieder naßkalt. Im November, besonder» zu Ende desselben, al» die Ostgrenze der kalten Schmelzwäfser im Golfstrom sich Europa näherte, träte« gewaltige Stürme ein, worauf ««mittelbar ein strenger, anhaltender Win ter in ganz Europa folgte. Da in diesem Jahre da» Eia etwa» später in den Golfstrom eintrat al« 1890, so dürfte sich der Eintritt der strenge« Kälte vielleicht bi» in den Dezember verschieben. "* Ueber eine eigentümliche elektrische Erschei nung, die in Grenoble letzthin während eine« RegenS «ach mrhrmouatlicher Trockenheit bei schwüler, gewitterhafter Lust von einem gewissen Mettetal beobachtet worden ist, berichtet die „Naturwissen schaftliche Rundschau". Der Regen hatte nachmittags begonnen; um 8 Uhr abend» sah Mettetal, an« Fenster tretend, plötzlich eine große Feuerkugel am Ende einer Eisenslange erscheinen, die auf einem be nachbarten Hause die Telegraphendrähte trägt. Die Kugel hotte scharfe Umrisse und mochte etwa 30 cm im Durchschnitt haben; an Helligkeit und Aussehen glich sie einer elektrischen Flamm». Bon der Spitze der Stange ging eine kontinuierliche Garbe ziemlich großer Funken au-, die von oben nach unten gerichtet war. Nach etwa 40 bi« 50 Sekunden teilte sich die Feuerkugel plötzlich in drei kleinere; die Funken hör ten sofort aus, und die drei Kugeln von gleichem Aussehen wie die erste, schienen auf dem Dache hinab- zurollen, wie wenn ste der Schwerwirkung folgten; an der Dachrinne verschwanden sie sämtlich ohne Detonation. Fast unmittelbar daraus erschien eine zweite Kugel in gleicher Weis« am Ende derselben Stange, aber ste erlosch schon nach zwei bis drei Sekunde« ohne Detonation. Gleichzeitig sah man am Ende der Stange ei»e Funkeugarbe von gleicher Größe, Farbe und Richtung wie die erste. Am nächsten Morgen stand die Stange nicht mehr senk recht, sondern deutlich geneigt. Ganz ähnliche „kugel blitzartige* Erscheinungen find an demselben Abend von mehrere« Personen an verschiedene« anderen Punkten der Stadt beobachtet worden. ** Ueber Grausawkeiteu im Kongo st aate berichtet ein Kapitän Salisbury, der in de« Diensten dieses Staates gestanden, daß die Farbigen, welche die belgischen Beamten in Siera Leone, an der Gold küste und tn Lago» verpflichten, oft einfach nieder geschossen würden, weil sie sich geringfügige Vergehen zu Schulden kommen ließen. Weiter wird erzählt, wie Farbige, Männer, Weiber und Kinder, mit aus Rinder. u.id Flußpferdhaut verfertigten Peitschen Hundert« von Hieben erhielten, von denen jeder ein zelne die Haut tief durchschnitt, die ganze Verwal tung de« Staate» sei elender Betrug, dar gerühmte GefittungSwerk bestehe aus Mord, Raub und Grau- samkrit, wie solche nirgend» wieder zu finden ist. Nachdruck verdien. (Fortsetzung.) Wissenschaft beuützt die elektrische Kraft zum Ruhm« der Nationen und zum Frieden der Welt", wurde vom Präsidenten der telegraphischen Abteilung, Gand- ler, der auf der einen Seite de« Tische« in der Au», stellung saß, abgesandt; aus der anderen Seite de« Tisches saß Edison, um e» nach seiner Weltreise in Empfang zu nehmen. Um 8 Uhr 34 Minuten ging die Meldung über Chicago, Lo» Angelo«, Sao Fran cisco, von dort nach Vancouver, Winnipeg, Mon treal, Canso, Loudon, wo es «ach vier Minuten eintraf. Bon dort ging« dann weiter über Lissabon, Gibraltar, Malta, Alexandria, Suez, Bombay, Madras, Singapore, Shanghai, Nagasak und Tokio, um endlich fünfzig Minute« nach der Absendung von Edison am AuSstellungSttsche io Empfang ge nommen zu werden. Die- ist die schnellste Beför derung, die jemals mittels de» internationalev Tele graphen vor sich gegangen. Die Kosten des Tele gramms betrugen 152 Dollar«. VoldkSrwer. D-nn nur dem Name», nicht der That nach ist ein Freund, Wer nicht m Kümmernissen sich bewährt als Freund. Höchst schimpflich ist'», deuFreuud in'SUnglück stürzen, Um durch seinen Sturz sich selbst zu retten. Euripides. Willst du glücklich sein im Lebe», Trage bei zu andrer Glück, Deon di« Freude, die wir geben, Kehrt ins eigne Herz zurück. Den Gram sprich a«S: ein stumm verhaltner Schmerz Wühlt in geschwellter Brust und bricht da» Herz. Shakespeare. Such der Schmerz ist Gotte» Bote, Ernster Mahnung heil'ge Worte Bringt er uu» und öffuet leise Ttefgeheimer Weisheit Pforte; Aber unser irrend Suge, Vielgetrübt vom Staub der Mängel, Nicht erkennt es in der donkelu Schattennacht sogleich den Engel. Geibel.