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Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren GutShcrrschaften. 131 denn 1663*) Kurfürst Johann Georg II. nicht mir jene Erlasse aufs neue ein, sondern befahl allen Gutsherrschaften, Behörden in den Städten und ans dem Lande, allen Zollbereitern, Geleitsleuten, Zöllnern, wenn sich der gleichen Flüchtlinge betreten ließen, dieselben sofort anzuhalten, auch den Fährleuten zu verbieten, sie etwa über die Flüsse überzusetzen. — Auch dieses also an die gesanunte Beamtenschaft des Landes gerichtete Gebot übte noch nicht die gewünschte Wirkung. Aus purer Menschlichkeit scheinen selbst die Beamten verschiedenster Art vielfach ein Auge zugedrückt zu haben nnd die Flüchtigen passiren lassen. Ein neues kurfürstliches Mandat von 1667^) bedrohte daher die säumigen und nachlässigen Beamten mit strengen Strafen. Trotz dem dauerte die heimliche Auswanderung, besonders nach den sächsischen Erb landen, fort. Die oberlausitzischen Landstände beantragten daher für die jenigen ihrer Unterthanen, „welche ohne erhebliche Ursache, nur aus böslichem Borsatz und Leichtsinnigkeit pflichtvergeßner Weise von ihren Erb- und Ge richtsherren aus dem Markgrafthum entliefen", eine „exemplarische Bestrafung", nämlich Brandmarkung auf Stirn oder Wangen. Dies schlug uun der Kurfürst 1670^) allerdings ab, bestimmte aber Festungsbau als Strafe für die Entweichenden sowohl, als für deren Förderer. Und diese Verordnung mußte auf Antrag der Stände nicht nur als Patent durch den Druck ver öffentlicht, sondern auch in deutscher uud in wendischer Sprache von allen Kanzeln des Landes verlesen werden. — Wurde durch diese Maßregel die Flucht der Unterthanen allerdings sehr erschwert, so klagten die Gutsherren nun wieder über deren „von Tag zu Tag zuuehmende Bosheit, Widerspenstig keit und Frevel gegen ihre von Gott vorgesetzten Obrigkeiten und Herr schaften", indem dieselben sich nicht nur ihrer Dienste und anderer, von Alters her wohlhergebrachter Schuldigkeiten und Prästationen zu entbrechen trachteten, sondern sich ihren Gerichtsherren besonders bei Auspfändungen widersetzten und hierbei von den Anderen unterstützt würden, so daß endlich wohl gar ein allgemeiner Aufstand und Zusammenrottung der Bauern im ganzen Lande entstehen möchte. Daher veröffentlichte 1689^) der Land vogt den gefaßten Landtagsbeschluß, daß die Unterthanen „die schuldigen, inncgehabt, anderweit. Ebendaselbst war 1607 Joh. Menzel mit fünf Kindern zur Nacht zeit davougclaufcn, worauf die Herrschaft seinen Garten an einen Anderen verkaufte. 1704 entlief ebendaselbst Friedrich Rabe und 1710 Gottfr. Crocker nebst Frau und Kindern (Morawck, Friedersdorf 11). 1649 wurden 9 Bauern aus Wendischossig wegen ver weigerter Dienste gefangen gesetzt. 1653 lief ein Gärtner zu Markersdorf bei Görlitz bei Nacht mit Weib und Kind davon, weil ihm die Dienste zu schwer wurden, ebenso der Nach- besitzcr seines Gartens niit noch drei Anderen. 1658 verlies; in demselben Markersdorf eine Wittwe mit ihrem Sohne ihr Bauergut aus eben demselben Grunde, bis ihr endlich der Landvogt Recht verschaffte. 1687 wurden 18 Bauern aus Schönau auf dem Eigen, weil sic gewisse Dienste verweigerten, 36 Wochen lang auf dem Schlosse zu Bautzen ge fangen gehalten. Unterdessen schickte die Gutsherrschaft, die Abbatissin von Marienstern, allen diesen widersetzlichen Bauern zu Schönau, ebenso etlichen zu Berzdorf und zu Obcr- kiesidorf, Arbeiter aus den wendischen Dörfern auf ihre Güter, welche ihr Getreide aus dreschen mußten. AuS dem Erlös für dieses Getreide machte sich die Herrschaft für die verweigerte» Dicnstgcldcr bezahlt (Jul. Knothe, Fricdcrsdorf 42 Anmerk.). st Ebendas. I. 629. 2) Ebend. I. 633. st Ebend. t. 635. st Kotlekt.-Wcrk I. 650.