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Die Stellung der Gutsunterthancn in der Obcrlausitz zu ihren Gutsherrschaftcn. 125 Krieges mit aller seiner Noth und seinem Elend hatte sich begreiflicher Weise auch diese „Ordnung" gelockert, ja fast aufgelöst. Tüchtiges Gesinde war auch von fremden Herrschaften ohne Gunstbrief in Dienst genommen und, da man es nothwendig brauchte, der Erbherrschaft nicht wieder ausgeliefert, gelegentlich ihm auch ein höherer Lohn verabreicht worden, als der von der Erbherrschaft gewährte. Infolgedessen wollten nun aber auch viele Knechte und Mägde nicht gern mehr in den: hcimathlichen Dorfe dienen, sondern „legten sich auf deil ledigen Sattel" bei den Ihrigen und warteten, bis sie etwa bei Fremden um besseren Lohn sich vermiethen konnten. Daher setzte ein 1649H durch den Landvogt publicirter und von allen Kanzeln zu verlesender Land' tagsschluß für jeden Rittergutsbesitzer, der fremde Unterthanen abspenstig mache, sie ohne Gunst- oder Losbrief Hause und sie auf Begehr der recht mäßigen Erbherrschaft nicht verabfolgen lasse, 50 Thaler, für jeden Bauers mann in gleichem Falle 10 Thaler Strafe oder entsprechendes Gefüngniß fest, und auch die Sechsstädte sollten „dergleichen ungehorsame Unterthanen und ungezogenes Gesindel" künftig nicht mehr Herbergen, „damit ein jeder bei seiner ordentlichen Obrigkeit — gestellt würde." — Da zumal das ältere Gesinde für den so überaus geringen Lohn im eigenen Dorfe nicht dienen mochte, so miethete es sich häufig in irgend einem Hause desselben ein und lebte nun als Hausgenossen oder Inwohner selbstständig von mancherlei Tage- löhncrarbeit. Auch dies ward ihm durch die Gesindeordnung von 1689?) untersagt. In derselben klagen die Stände, daß nur schwer und um hohen Lohn Dienstboten im Lande zu bekommen seien, „weil viel ledige MannS- und Weibspersonen viel lieber Herren- und dienstlos für sich als Haus genossen lebten, als sich um billigen Lohn auf das Jahr vermiethen" wollten. Darum sollten von nun an alle Ortsobrigkeiten allenthalben darauf sehen, „daß solche dienstlose Hausgenossen, Einkömmlinge und Müßiggänger, die für sich frei dahin leben, und wenn es zur Heu- oder Getreideernte kommt, die Hauswirthe mit unbilligem Tagelohn übersetzen", zur Annahme eines festen Dienstes durch Geldbuße oder Gefängnißstrafe angetrieben würden. Die Gutshcrrrschaft solle ihnen entweder selbst dauernde Jahresarbeit geben oder bei Anderen vermitteln, wenn sie diese aber nicht annehmen wollten, sie gar nicht mehr unter ihrer Jurisdiktion dulden, es sei denn, daß sie wöchentlich zwei Tage ohne jeden Lohn, um die bloße Kost, der Herrschaft dienen wollten. Jeder bloße Wochen- oder Tagelohn solle gänzlich abgeschasft, alles Gesinde nie anders als auf das ganze Jahr eingemiethet, alle Gcsindemäklcr und „Auftreiber" mit 10 bis 15 Thalern für jeden Fall bestraft werden. Bon nun an sollen alle Untcrthanenkindcr jährlich zu.Martini von der Herrschaft vorgcfordcrt, diejenigen, welche sie selbst nicht braucht, von ihr bei Orts- unterthanen, Bauern oder Gärtnern, untergebracht, den übrigen aber erst dann ein Gunstzettcl zum Dienst in fremden Gemeinden ausgestellt werden, wenn sic von ihrem künftigen Dienstherr» ein Attestat vorzeigen, daß sie wirklich von demselben in Dienst genommen seien. Nach Ablauf der im Gunstbrief bezeichneten Frist hat sich aber jeder solcher nach auswärts vermiethete Dienst- ') Kollekte Werk I. 611. L) Ebendas. I. 643.