Volltext Seite (XML)
106 Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. Dorfbewohnern zu übernehmen Lust hatte. Darum schlugen denn die Guts besitzer von vielen solchen leerstehenden Gütern die Aecker zu ihren Hofefeldern. Aber es fehlte jetzt an Arbeitskräften zu deren Bestellung. Der Einwohner im Dorfe waren weniger, der herrschaftlichen Aecker mehr geworden. Daher sahen sich die Gutsbesitzer genöthigt, von anderen wüsten Gütern die ab gebrannten oder verfallenen Gebäude auf eigene Kosten wiederherzustellen, sie auch mit einem Inventar an Vieh, Geschirr, Saatgetreide rc. zu versehen und sie nun „mit neuen Wirthen zu besetzen." Hier gehörte unzweifel haft nicht nur der Grund und Boden, sondern auch Haus und Hof, Schiff und Geschirr der Herrschaft. Alles dies hatte sie unter gewissen, natürlich selbstgestellten Bedingungen den neuen Inhabern überlassen. Dies waren denn echte Laßgüter, die Lassen selbst nicht Eigenthümer, nicht Pächter, sondern nur „Wirthe" der betreffenden Güter?) Wenn das Gehöfte abbrannte, mußte der Gutsherr es wieder aufbauen und zahlte daher auch (später) die be treffenden Beiträge in die Brandkasse. Als Hauptbeding bei der Ueberlassung eines solchen Laßgutes verlangte derselbe nun auch die Uebernahme aller dar auf gelegten Lasten, also die vollen, landüblichen, täglichen Dienste und die Entrichtung aller im Laufe der Zeit darauf gelegten Baarabgaben theils an die Herrschaft, theils an die Gemeinde, theils an die Landesregierung, zumal zur Abtragung der durch den Krieg entstandenen Landesschulden. Wohl lockte es manchen armen, bisher unansässigen Unterthanen, jetzt plötzlich von der Herrschaft ein Bauergut oder eine Gärtnernahrung zu erhalten. Aber als- dorf bei Ostritz, Teupitz oder Teutitz bei Bischofswerde) oder wenigstens noch iOO nnd mehr Jahre hindurch wüste Güter aufwicsen, so z. B. Ebersbach bei Löbau, das uoch im 16. Jahr hundert „Wüstebersbach" genannt wurde. 1519 waren von den 19 Bauergütern dieses Dorfs erst 10 bereits wieder besetzt, „und ihrer drei (Personen) haben Güter zu bauen angenommen" (Mörbe, Petcrshain 91). Auch in Wilthen gab es 1494 noch viele „wüstliegende Bauer güter; so Gott hülfe, daß sie besetzt würden" (Gercken, Stolpen 642). Infolge des dreißig jährigen Krieges lagen in Kemnitz von den 31 Bauergütern 7 ganz wüst, 9 „unbespannt" jd. h. ohne Spannviehst, von den 32 Gärtnernahrungeu waren 12 wüst. 1650 wurden viele dieser Güter ncubefetzt und den neuen Wirthen Getreide und Vieh zur Bewirthschaftung übergeben (Peschel, Kemnitz 16. 40). In Bertelsdorf bei dem jetzigen Herrnhut hatte der frühere Besitzer Jaroslaus von Kpaw, viele Unterthanen von ihren Gütern vertrieben und nichts gcthan, letztere wieder zu besetzen. Erst 1660 versuchte dies Reichwald von Kämpfen dadurch, daß er den neuen Wirthen die drückenden Frohndienstc erleichterte (Korfchelt, Bertelsdorf 28). — Aehnlich verkaufte 1689 Ferd. v. Löben auf Burkersdorf bei Zittau ein verlassenes Baucrgut, „weil kein Erbe vorhanden oder sich angegeben", um 100 Mark. Der Käufer erhielt als „Beilaß" 2 Scheffel Korn, 6 Scheffel Hafer, 1 Pferd, 1 Ochsen, 1 Kuh, je 1 Wagen, Pflug, Ruhrhaken, Egge (Knothe, Burkersdorf 58 Anm). i) Obrmt. (jottl. Riotsehior, ItmlmsL- lnmutn», Oe pravckiis, gurre vvl^o Laß güter uppellautur. Inp». 1735 S. 6: „Laßgüter sunt pramiia trrlirr, gurre ex eoMrrrvtu iooationis iu ineortum tompus truvtuu peroipiemii ^rrrtirr possessori pro vertu ponsiono LaßzinS voneockuntur itrr, ut, guooungue tempore liimvrih rr ckomiuo rovooari pEiirt." — Versuch einer Darstellung der im Markgrafth. Oberlausitz zwischen Erbherrschaften und Erb- unterthancn stattfindenden Rechte und Verbindlichkeiten. 1824. S. 21: „Laßnahrungen oder Laßgüter werden in der Oberlausitz diejenigen Unterthanen-Nahrnngcn genannt, welche der Herrschaft eigenthümlich gehören und, mit dem nothwendigcn Inventar versehen, von dem Grnndherrn, jedoch mit Vorbehalt seines Eigenthumsrechtes sowohl an der Nahrring selbst, als an dem Inventar derselben, mit einem jbisherj nnangeseßncn Erbunterthanen zu dem Zwecke auf unbestimmte Zeit besetzt werden, daß letzterer seinen nothdürftigcn Unterhalt daraus sich erwerben könne und diejenigen Abgaben und Dienste, welche der Erbhcrr dem Grundstücke bei der Aussetzung auferlegt hat, leiste und verrichte."