100 Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. Bald darauf begannen (1618) im Königreich Böhmen wegen Bedrückung der Protestanten durch die eifrig katholische Landesregierung jene bekannten Konflikte, welche in rascher Aufeinanderfolge zu der „Defenestratiou" der verhaßtesten kaiserlichen Räthe, zur Einsetzung von dreißig Direktoren als provisorischer Regierung und nach dem Tode von Kaiser Mathias zum Ab schluß einer „Conföderation" mit den übrigen Ländern der Krone Böhmen, zur „Nichtannahme" des Erzherzogs Ferdinand von Oesterreich als Königs von Böhmen und endlich zur Wahl des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz führten. Die oberlausitzischen Stände hatten sich mit Freuden der Con föderation, dagegen nur höchst ungern der Königswahl Friedrichs angeschlossen. Jetzt galt es, ebenso den übernommenen Pflichten nachzukommen, wie die Vortheile, welche die neue Ordnung der Dinge bot, zu nützen. Auch in der Oberlausitz wurden 25 Defensoren theils aus dem Adel, theils aus den Rächen der Städte erwählt; das Konsistorium des katholischen Dekans von Bautzen, unter welchem auch die gesammte protestantische Geistlichkeit des Landes bisher gestanden hatte, wurde beseitigt, um einem rein protestantischen Platz zu machen; die Rechte des Domkapitels zu Bautzen und des Klosters zu Lauban auf die Pfarrkirchen dieser Städte wurden annullirt, rind Adel sowohl als Städte warfen bereits begehrliche Blicke nach den zahlreichen Gütern der sämmtlichen geistlichen Stifter irn Lande. Aber ebenso wie zuerst die Stände Böhmens, dann auch die der übrigen Kronländer sich gegen den rechtmäßigen Landesherr» aufgelehnt hatten, um neue Rechtszustände zu schaffen, fo gährte der Geist des Ausstands jetzt allenthalben auch unter der niederen städtischen und der gesammten ländlichen Bevölkerung. In der Ober lausitz verlangten zumal die Handwerker eine ständige Vertretung im Stadt regiment, wie eine solche in der That früher bereits vielfach bestanden hatte, nämlich „Aelteste" aus ihrer Mitte, ohne deren Zustimmung der Nath keinerlei irgend wichtigere Beschlüsse fassen und ausführen dürfe. Die Bauerschaft aber glaubte, daß bei der jetzigen neuen Ordnung aller Dinge auch ihre Beschwerden gehört und ihre gerechten Ansprüche zur Geltung gebracht werden müßten. An 72 Dorfschaften aus beiden Kreisen der Oberlausitz, dem Bautzner und dem Görlitzer, verbanden sich zu einer gemeinsamen Klage über die Bedrückungen ihrer Herrschaften und verlangten vor allem Minderung der Frohndienste. Sie ließe» ihre Beschwerde- und Bittschrift durch einen aus ländischen Advokaten in aller Form aussetzen, um sie dem neuen König Friedrich von Böhme» zu überreichen. Als die Stände hiervon Kunde er hielten, geriethen sie in große Besorgnis;. Sie fürchteten und wohl nicht mit Unrecht, wenn jene Klagen etwa durch unparteiische Kommissare aus den neuen königlichen Räthen geprüft werden sollten, so möchte gar manche derselben als völlig berechtigt anerkannt werden. Auf den zahlreichen, fast allmonatlich abgehaltenen Landtagen Anfang des Jahres 1620 bildeten die wegen der „Rebellen" zu ergreifende» Maßregeln einen stehenden Artikel der ständischen Berathungen. Schon an; 25. Februar und ebenso am 13. März'ch wurde i) Knothe, Der Antheil der Oberlausitz an den Anfängen des 30jährigen Krieges. Laus. Magazin 1880. ch Landständ. Archiv zu Bautze». Laudtagsprotokollc 1604—38 pa^- 1601). 164.1851).