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88 Die Stellung der GutSunterthancn in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. Obgleich mm die Sechsstädte, zumal wenn sie die Obergerichte über das ganze Weichbild inne hatten, die mit der Auflehnung gegen die Herrschaft fast nothwendig verbundenen Exzesse pflichtmäßig ahndeten, verbot ihnen doch damals noch ausnahmslos ihr Rechts- und Billigkeitsgefühl, auch auf ihren eigenen Stadtgütern die Dienste zu erhöhen. Kein Wunder, daß die Bauern des Adels häufig Haus und Hof im Stiche ließen und auf den Dörfern der Städte Zuflucht und Schutz suchten. Daher setzte dem: der Adel in dem bereits erwähnten zweiten Prager Vertrage von 1534?) einen Artikel folgen den Inhalts durch: „Es sollen auch die Herren, die Ritterschaft, desgleichen die Sechsstädte, keiner wider den anderen ihre Eigenthums-Leute, ungeurlaubte und unentbrochene Unterthanen oder Dienstboten geleiten sd. h. mit sicherem Geleit versehens oder aufhalten sAufenthalt gewährens und ob es geschähe, so soll auf Besuchung sErsuchungj des anderen Theils den Gebieten smo; lies: Gebauern?! das Geleite alfobald aufgesagt und ssief an seinen ordent lichen Richter wieder geweiset werden und folgen lassen." Als 1544 König Ferdinand in der sogenannten äseisio I'kmlinaulltm eine Menge Streit punkte zwischen Adel und Städten zu erledigen suchte, erkannte er selbst an, daß „die vom Landstand durch die täglichen Hofedienste und andere Be schwerungen, damit sie ihre Unterthanen bedrängten, bei denselben mehr Armnthei, denn bei der Städte Unterthanen (wiewohl sie auch viel arme Leute hätten), gesehen werde", und befahl, „daß beider Stände arme Leute und Inwohner nicht übermäßig beschwert, oder dieselbigeil die Bürden der Schatzungen oder Anschläge sS. 140 „Mundgüter") nicht allein tragen müßten", und „daß beider Stände arme Leute, Unterthanen und Verwandte gleich gehalten und keines Theiles Leute höher oder weniger, denn des anderen Zugehörige, belangt, gesteuert oder beschwert werden sollten"?) Diese landesvüterlichen Befehle aber blieben bloße fromme Wünsche; oder sollten sie gar einen Wink für die Städte enthalten, daß auch sie sich nicht mit den geringen Diensten begnügen möchten, damit der Unterschied zwischen der Stellung ihrer Unterthanen zu denen des Adels nicht so sehr in die Augen falle? Bald darauf verloren die Sechsstädte durch den Pönfall (1547) nicht nur alle ihre Gitter, sondern auch alle ihre Rechte und Privilegien, also auch die niedere wie die obere Gerichtsbarkeit, die sie bis dahin besessen. Sie waren jetzt bloße „königliche Kammergüter" geworden. Stach mehr als fünf zigjährigen erbitterten Kümpfen hatte der Adel jetzt völlig triumphirt über das verhaßte Vürgerthum. Die den Städten bisher gehörigen Dörfer wurden theils an den Adel verscheukl oder billig verkauft, theils von königlichen Kommissaren aus dem Adel des Landes zu Gunsten der königlichen Kammer verwaltet. Hiermit war auch der letzte Rückhalt, welchen die Bauern im Lande bisher an den Städten und deren unparteiischen Gerichten gehabt, beseitigt. Der neue Landvogt, Christoph von Dohna, war ein habsüchtiger, gewaltthätiger, grausamer Herr, so daß schon 1555 beide Stände des Landes, der Adel ebenso wie die Städte, in einem langen Beschwerden-Verzeichniß dem Könige unter anderem klagten, wie der Landvogt oft auf bloßen Verdacht 0 Oberlauf. ÄollektionSwcrk ll. 1293. 2) 0orxu8 ftm» 0u.8at. «ui>. 119. 130. 127.