Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. 4!) vielfach veränderter Gestalt in den nunmehr deutsch benannten „Lehnrichtern" vieler Dörfer bis in neueste Zeit erhalten?) — Wie wir (S. 187) besonders in den wendischen Distrikten des Landes bereits zahlreiche Lehnbauern nach gewiesen haben, so gab es daselbst früher auch zahlreiche Lehnrichter. Leider aber existiren zur Zeit über wendische Dörfer noch so gut wie gar keine Spezialgeschichten, aus denen wir hätten zuverlässige Nachricht über die be treffenden Lehngerichte und die auf denselben ruhenden Rechte und Ver pflichtungen schöpfen können. Dazu führen etwaige Verzeichnisse aus älterer Zeit Lehnrichter und Lehnbauern meist mit dem gemeinsamen Ausdruck „Lehnmänner" (plmoäulvs) auf, so daß ohne genaue Lokalkenntniß es un möglich ist, zu entscheiden, ob die eine oder die andere Gattung in einem Dorfe vorkam. Mündliche und schriftliche Erkundigungen haben nur in seltenen Fällen zu erwünschten Resultaten geführt. So bleibt uns denn nur übrig, aus einzelnen Dörfern gerade der südlichen, deutschen Oberlausitz Bei spiele anzuführen, welche die einstige Stellung der Lehnrichter erläutern. Ursprünglich gab es wohl in allen deutsch angelegten oder deutsch-um- gestalteten Dörfern nirgends Supane oder spätere Lehnrichter. Wie die deutschen Bauern saßen auch deren Richter zu Erbe, waren also Erbrichter. Aber einmal hatten die geistlichen Stifter ein naheliegendes Interesse, auf ihren Dörfern nicht nur Lehnbauern (S. 189), sondern auch Lehnrichter zu haben, welche bei jeder Gefahr zu des Klosters bewaffnetem Schutze verpflichtet waren. Das Kloster Marienstern machte aus seinen ehemaligen Hofäckern zu Schlegel drei Lehngüter, eins für einen Lehnrichter und zwei für Lehnbauern?) Ebenso mögen gelegentlich frühere Erbgerichte in Lehngerichte verwandelt worden sein, wie auch von dem Gegentheile Beispiele vorliegen. Dem Vorgänge der geistlichen Stifter folgten wohl auch einzelne adlige Gutsbesitzer. Der ursprünglich dem Landesherrn zu leistende Lehndienst zu Roß war, wie bei den Lehnbauern (S. 188), so auch bei den Lehnrichtern meistentheils den Gutsherrschaften abgetreten und von diesen nach und nach in gewisse Dienst fuhren oder in ein entsprechendes Geldäquivalent verwandelt worden. Unter solchen Verhältnissen nun finden wir auf den Marienthaler Klosterdörfern im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert Lehnrichter zu Reichenau, Oberseifersdorf, Königshain bei Ostritz. Nach dem Tode einer Abbatissin hatten die beiden ersteren für Aushändigung der neuen Lehn briefe jedesmal 10 Thaler, der dritte nur 5 Thaler zu erlegen; nach dem Tode eines Lehnrichters oder beim Verkauf des Lehngerichts waren in Reichenau und in Oberseifersdorf jedesmal 100 Thaler, in Königshain nur 55 Thaler als „Lehnwaare" zu entrichten und außerdem von allen nach je drei Jahren für die in Geldrente verwandelten „Lehnfuhren" >) In Schlesien hatte der „Lehnschnlz" meist mit der Armbrust zu dienen (Stenzel, Jahresbericht der schlcs. Vaterland. Gesellschaft 1840. I l9) oder auch als äextrarins mit dem gerüsteten Pferd. In Brandenburg gab es deren fast in allen Dörfern (Riedel, Die Mark Brandenburg im Jahre 1200. II. 1V2), ebenso auf jedem der 135 Dörfer dcü ehemaligen Bisthums Lebns (Wohlbrück, Lebus I. 20! > ff.). — Zu Engelsdorf bei Leipzig hat das Richtcramt seit über dreihundert Jahren die Nutzung des „Richtcrlehns", einer freien Hufe von siebzehn Ackern. Die Aufsicht übt das Justizministerium. -) Knothe, Burkersdorf und Schlegel 61. 4