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WiMMMLM Wochen- und Nachrichtsblatt -«gleich HesM-KnzM siir Koftdors, WW, Kmv-srs, Mors, ZIWm, Kmnl-roü, Amma M Ws» Amtsblatt für den Stadtrctt zu Lichtenstein. 46. Jahrgang. —— Nr. 83. Sonnabend, den 11. April 1896. «l« ««,li Nesi«Nm>Ht> WH»e» a»ß«r dt» NümmUR Zu tio« in LichtwHei», Marv 179. «Le «ayal. PostwchMM». Poft-ow», s«M» da >»«trL««r «m^«. — Jas.rat, «ad« di, od« der« «am» mit 10 Pfennigen ikieH»». — tz»' d« J»»rM« «N«üq bi« splltchm, »mmitt»« 10 llhr. Sparkaffen-Expeditionstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Fortbildungsschule zu Calluberg. ZurBersetzu«- und Aufnahme haben sich alle for/bildungsschulpflich- Ilgen Jünglinge Montag, den LS. dsS. Mo», vachm. 1 Uhr mit Papier und Feder im HI. Schul,immer einzufinden. Von auswärts kommende Schüler haben ihr E»tlafs««gSze»g»iS mitzubringen. Callnberg. den 9. April 1896. W. R. Schmidt, Direktor. LageSgefchtchte *— Lichtenstein. Das erste Veilchen im Walde oder im Garten ist einer nntcrjenen Frühlingsboten,die wir mit besonderer Freude begrüßen. Aus urs-ren ersten Spaziergängen in deS jungen LrozeS Reich lassen wir uns keine Mühe verdrießen, nach dem bescheide- neu Blauveilchen im Verborgenen zu suchen, bis wir eS gesunden haben. Wer in früheren Jahrhunderten der glückliche Finder deS ersten duftenden Blüme leins war, der steckte es auf einen Stab und trug eS zurück in sein Heimatdorf. „Biel stund uf einer stangen", und wurde von Groß und Klein umtauzt und umjubelt. Namentlich in österreichischen Gebie ten entstand auf diese Weise ein Beilchenfest, das sich schon am 13 Jahrhunderte zu einem wahren Frühlingsfeste entwickelt hatte. Ueber die Entsteh ung des Veilchens erzählt eine Sage das Folgende: Adam begab sich, nachdem er das Paradies hatte verlassen müssen, auf die Insel Ceylon, wo er sich am Fuße eines Berges uiederließ, des AdamSpikS. Lange Jahre hat er hier geweilt und ungezählte Reuethräuen wegen Uebertretung de» göttlichen Ge bot» geweint. Endlich erschien ihm der Engel Gab riel, der ihm Sündenvergebung brachte. Adam brach In Freudenthränen aus, die sich beim Niedersallen in Veilchen verwandelten. Sehr reich an Sagen übe, da» Veilchen ist die griechische Mythologie. Nach dieser habe es Zeus geschaffen, um seiner Geliebten, der schönen Priesterin Jo, eine süße Nahrung zu be reiten, wovon aber die eifersüchtige Hera nichts er fahren durfte. AIS einst Hephaistos, der häßliche Gott des rußigen Feuer» und der Schmiede, um die Gunst der in Schönheit strahlende» Aphrodite, der myrtengeschmückten Göttin der Liebe, warb, mußte er sich eine schnöde Abweisung gefallen lassen. Er hüllte sich daraufhin derart mit Veilchen ein, daß sich Aphrodite, von dem berauschenden Dufte über wältigt, ein holdes Lächeln abzwingen ließ und den flehenden Bitten de» Unholdes Gehör schenkte. Homer erzählt, daß vor dem Eingänge zur Höhle der Nymphe Kalypso, die dem Odysseus gastliche Aufnahme ge währte, ein dichter Veilchenteppich auSgebreitet war; wenn der eilende Götterbote darüber ging, so mußt« er stehen bleiben und Duft und Farbe der beliebten Blumen bewundern. Selbst im Winter brachte man sie, zu Kränzen vereinigt, in großen Mengen auf den Markt der Hauptstadt Athen, die daher von Pindar die veilchenbekränzte genannt wurde. Mit Veilchen schmückte man im alten Griechenland die Särge von Jungfrauen, sie waren wegen ihrer dunk len Farbe zu Sinnbildern d:S Todes und der Trauer geworden, und man hatte sie der Persephone, der Gemahlin des Gottes der Unterwelt, geweiht. Auch heute noch erfreut sich das Veilchen allgemeiner Be liebtheit wegen seines herrlichen Geruches, seines be scheidenen Vorkommen- und seiner wohlriechende« schön geformten Blüte. Keck und lustig schwebt diese auf einem seidenen Fädchen, leicht bewegt von mildem Lenzeswehen zu» fröhlichen Tanze. Selbst Fürsten haben ihre Gunst dem kleinen gespornten Ritter zu gewendet. Von König Friedrich Wilhelm III. wird erzählt, das er oft da- Bildnis seiner edlen Luise mit Veilchen bekränzen ließ. Kaiser Wilhelm I. hatte sich daS Veilchen neben der Kornblume al- LiebliogSblume erkoren, und als sein schwerkranker Sohn unter dem milden südlichen Himmel Genesung suchte, da vermittelten ihm zahlreiche Veilchenspenden tausende von Grüßen aus seiner nordischen Heimat. *— Rödlitz. Am 1. Osterfeiertag hielt der hiesige Turnverein „Germania" im Saale de-Hrn. Mode- seine 5. öffentliche Aufführung ab. Abgesehen von einigen kleinen Fehlern, kann man dieselbe als eine recht wnhlgelungene bezeichnen. Dem von dem derzeitigen Vorsteher, Herrn Grübler, gesprochenen Prolog, in Form eine» Gedichtes, folgte das frische männerchörige „Festmarschlied für Turner" v. R. Tourbie, da» seinen Eindruck aus die Zuhörer nicht verfehlte. Auch die beiden anderen Männerchöre „Das Lied" v. Spohr und „Wanderer" v. Blied wurden von den erstmalig al- Sänger auftretenden Mitgliedern des Verein» gut vorgetragen und mit Beifall von dem Publikum ausgenommen. Von maß gebender Seite wurde sich über diese erste Gesangs leistung der Turner anerkennend ausgesprochen und der Wunsch geäußert, die Sänger möchten durch An schluß an den Gesangverein ihren Gesang mehr und mehr heben, veredeln und vervollkommnen. Der edlen TurusachewurdeRechnung getragen durch stramm ausgeführte Uebungen am Barren und am Pferd, durch malerische Gruppenbilder und durch einen bei- fällig aufgenommenen Dawenreigen. DaS patrioti sche Gefühl wurde geweckt, gehoben und erwärmt durch die lebenden Bilder auS dem Kriege von 1870 und 1871, wodurch der Turnverein seinen vaterlän dischen Sinn bewies. Mit fester, markiger Stimme verlas Herr Kirchschullehrer Schmiedel die zu jedem Bilde gehörigen Strophen. Durch mehrere komische Vorführungen wurden auch die LachmuSkeln stark in Anspruch genommen. — Der Turnverein „Germania" verfügt über einige ganz gute Kräfte und zeigt einen regen Eifer und ein ernstes Streben. Möge die« immer so bleiben! Dann wird sein Streben auch gern unterstützt werden. Das beste Mittel aber, einen Verein lebensfähig zu machen und lebenskräftig zu erhalten, liegt ausgesprochen in dem Bekenntnis: Wir halten fest und treu zusammen. *— Die Nachricht von der neuentdeckten warmen Quelle im Garten des Restaurant „Bellevue" bei Glauchau beruht auf einem Aprilscherz, auf wel chen ein Berichterstatter eines Zwickauer Blatte« durch einen Witzbold hineingefallen war. — DaS „MilitSr-Wochenbl." sagt in einem Aufsätze über Moltke'S militärische Korrespondenz im Jahre 1866: „Ohne einen Bismarck und dessen großartige Politik hätte Moltke allerdings kaum Ge legenheit gehabt, sein Feldherrntalevt in so hohem Grade zu bewähren; sagt er doch selbst in seinem Aufsatze über Strategie: „Die Politik bedient sich des Krieges für Erreichung ihrer Zwecke, sie wirkt entscheidend auf den Beginn und das Ende desselben ein, so zwar, daß sie sich vorbehält, in seinem Ver lauf ihre Ansprüche zu steigern oder aber mit einem minderen Erfolg sich zu begnügen." Moltke hatte daS Glück, in BiSmarck den Vertreter einer kräftigen Politik zur Seite zu haben, und BiSmarck wieder fand in Moltke den thatkräftigen General, der der Politik zum Recht verhalf, selbst dabei auch diese Politik verstand. So dürfen wir in Moltke nicht nur den genialen Feldherr» bewundern, »ein, auch den Mann, der in Beurteilung auswärtiger Fragen einem BiSmarck würdig zur Seite stand. Wir müssen immer von neuem dafür dankbar sein, daß in schwe ren Zeiten neben dem Waffenschmiede Roon solche Männer wie BiSmarck und Moltke zusammenwirkten, die — ein jeder in seinem Fache Meiste, — aich den Bereich des anderen mit weitem Blicke umfaßten." — Dresden, 9. April. Ihre Durchlaucht Prinzessin Thekla von Schönburg-Waldenburg wird sich am 17. d. M. mit dem Grafen von Isenburg- Büdingen vermählen. Die Hochzeit findet in dem prächtigen, a» der Elbe gelegenen und Sr. Durch laucht dem Fürsten von Schönburg-Waldenburg ge hörigen Schlosse Gauernitz statt. DaS junge Paar wird sich nach der Hochzeit nach Güddeutschland begeben. — Dresden, 8. April. Die sozialdemokra tische Landesversammlung beschloß mit 65 gegen 34 respektive 19 Stimmen die fernere Beteiligung an den LandtagSwahle» und die Beibehaltung der Land tagsmandate. Die nächste sozialdemokratischeLandeS- konferenz findet in Chemnitz statt, zum Sitz deS Zentralkomitees wurde Dresden gewählt. — Die Tage des althistorische» Pleißeuburg- Schlosse» in Leipzig sind gezählt; wie eS heißt, soll schon im kommenden Jahre nach der Uebersiede- luug des 107. Jnfanterie-ReqimentS, da- jetzt in der Pleißenburg untergebracht ist, »ach Möckern mit dem Abbruch der Gebäude und der Parzellierung de« Areals begonnen werden. Große weltgeschicht liche Erinnerungen sinken damit hin. Wir erinnern nur daran, daß einst die Pleißenburg da- große Völkerringen zu» Befreiung des Vaterlandes in seinen kritischsten Stadien, daß sie die Flucht, die schimpf liche Flucht de» Korsen sah, der einst «ine Welt unter seinen Füßen zertreten hatte. Andererseits spielt die Pleißenburg aber auch «ine Rolle in dem große» Kulturwerk der Reformation, in welcher Hin sicht wir nur an die Unterredung Luthers mit Dr. Eck erinnern. — Leipzig, 8. April. Da- dürfte wohl so seine Schwierigkeiten haben! Unter dieser Auf schrift weiß die „Leipziger Gerichtszeitung" folgen de- zu berichten: Ja eine recht peinliche Lage ist ein Leipziger Einwohner versetzt, der Bürger werden will und von dem deshalb Dinge verlangt werde», die zu beschaffen ihm nach Lage der Sache wohl schwer möglich sein dürfte. Der Herr, der scho» seit 20 Jahren in Leipzig wohnt und nun auch Leipziger Bürger, bezw. sächsischer Staatsangehöriger werden will, soll nämlich zu diesem Zwecke sein Geburt«- zeugniS eiureichen. Nun ist er zwar auch wie jed:r andere Sterbliche geboren, aber darüber ein amt liches Zeugnis beizubringen, das vermag er doch nicht, denn er ist in einem Urwalde Amerika- ge boren. Auf seinen diesbezüglichen Bescheid ist ihm jetzt aufgeben worden, wenigsten- eine beglaubigte Bescheinigung beizubringen darüber, wo und an wel chem Tage er geboren ist. DaS za beschaffen dürste aber auch seine Schwierigkeiten haben, denn im Grunde ist das ja auch nicht- andre- al- ein Se- burtSzeugni«, da- eben für den Mann nicht zu haben ist. Sein Vater hatte sich seiner Zeit im Urwalde angefiedelt, dort ein Stück desselben urbar gewacht und in einem von ihm errichteten, meilenweit allein stehenden Blockhaus ist damals der jetzt zum Manne herangereifte, jetzige Bewerber um das Leipziger Bürgerrecht geboren worden. In jener Umgebung also, in der amerikanischen Wildnis, hat r« keinen Standesbeamten, keinen Priester, oder sonst eine Per sönlichkeit gegeben, die da» „freudige Ereignis" im Blockhause deS einsamen Farmers verzeichnet hätte. Man steht, da» Ding hat für den Mann seine Schwierigkeiten. — Chemnitz, 9. April. Bon einem bedauer lichen Unglücksfall mit tätlichem Au-gang ist, wie erst jetzt bekannt wird, der hier wohnhaft gewesene Schaffner Schönberg betroffen worden. Derselbe war in der Nacht zum ersten Osterfeiertag einem nach Dresden fahrenden Güterzug als Begleitung beige geben und ist zwischen den Stationen Klingenberg und edle Krone von seinem Sitz; jedenfalls abgestürzt und sodann überfahren worden, denn er wurde grüß-