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residiere«. Man nimmt an, daß die manövrierenden Truppen ähnliche Konstellationen «tngehen werden, wie sie sich 1813 vor der Schlacht bei Bautzen ab- spielte». — Wie der ,S P." vernimmt, beabsichtigt ei» auswärtige- Ftuaozkonsortium, eine nach dem Löbauer Berge führende Bergbahn (Drahtseilbahn) zu erbauen; für dieselbe hat bereits der Ingenieur und Geometer R. Müller au» Riesa beim Etadtrat die KonzessionSerteilung und die Genehmigung zur Bornahme der erforderlichen technischen Vorarbeiten nachgesucht. — Ein bedauerlicher UnglückSfall ereignete sich am Freitag in Naundorf b. Großenhain. Ei nem 9jährigen Knaben sprang ein großer Hund in'« Gesicht und biß dem armen Kinde die Nase teilweise ab; nm daS Unglück noch größer zu machen, wurde auch daS abgebiffene Stück der Nase nicht aufgefun den, ist also jedenfalls von dem Hunde verschluckt worden. — Großenhain, 22. März. Heute fand hierselbst die erste Hauptversammlung des im vori gen Jahre in unserer Stadt gegründete« Landesver bandes Sachsen deS Allgemeinen Deutschen Hand werkerbundes statt. Die Versammluna, zu der sich hiesige und auswärtige Handwerker, Mitglieder deS Bunde» der Landwirte, Vertreter unserer König!, und städtischen Behörden, mehrere ReichStagSabge- ordnete u. a. m. eingefunden hatten, wurde vom Vorsitzenden de» LandeSverbande«, Hrn. Tapezierer meister Böhme, eröffnet. Sodann hielt Hr. Reichs- tagSabgeordneter JakobSkötter eine Ansprache, in welcher er auSführte, daß die Handwerkerfrage eine Frage de» Mittelstandes sei, den man zu erhalten und zu kräftigen bestrebt sein müsse. Ueber die Schäden, welche die auf den vor 30 Jahren Herr- schenden Liberalismus zurückzuführende Gewerbefrei- heit mit sich gebracht habe, werde lebhaft Klage ge führt. Die Gesetzgebung allein könne daS durch Einführung von Maschine«, durch Arbeitsteilung und die Großbetriebe bedeutenden Umwälzungen unter worfene Handwerk nicht fördern; die meisten Hand werker befänden sich in einem schweren Kampf gegen die Großindustrie nach oben und daS Pfuschertum nach unten. Entsprechend den Ansichten der Vertreter deS Handwerks sei diesem zu helfen durch Einführung einer obligatorischen Innung, des Befähigungsnach weises und der Handwerkerkammern. WaS den ersten Punktanbetreffe, so könne nur eine Innung, der alle angehörten, von Nutzen sein. Durch den Befähigungs nachweis sollten die zur Zeit vielfach herrschenden anarchischen Zustände im Handwerk geändert werden; jeder ein selbständiges Handwerk Betreibende müsse 24 Jahre alt sein und habe nachzuweisen, daß er sein Handwerk ordnungsmäßig erlernt habe. Mit der Einführung von Handwerkerkammern endlich strebe da» Handwerk nur nach derselben Vertretung, deren sich Handel, Industrie und Landwirtschaft be reits erfreuten. Zum Schluß ging Redner noch auf den Gesetzentwurf gegen den unlauteren Wettbewerb, auf die Militärwerkstätten, die GesängntSarbett, die Konsumvereine, den Hausierhandel, sowie die Ver sandgeschäfte ein und betonte die Gemeinsamkeit der Interesse« des Bundes der Landwirte und der Hand- werkerbundeS. Nach der mit lebhaftem Beifall auf genommenen Ansprache wurde nachstehende Resolu tion angenommen: „In Erwägung, daß der Allge- meine deutsche Handwerkerbund sich als Haupt- und Endziel gesetzt hat, nicht nur allein den Handwerker-, sondern Hand in Hand mit dem Bund der Landwirte auch de« gesamten Mittelstand aus wirtschaftspoliti schem Boden zu eiuigen und zu sammeln, weil dadurch allein die wirksamste Vertretung der gesamten In teressen desselben wahrgeuommen wird, beschließen die hier Versammelten für die Interessen des Hand- Freiwillig arm. Original-Roman von Ida John-Arnstadt. R-chdrx« -trbote». (Fortsetzung.) Auf de» BaronS strengen Befehl durfte Arnold'S Name im Schlosse nicht mehr genannt werden; jedes Bild von ihm hatte entfernt, die Turmzimmer, die er bewohnt, verschlossen werden müssen. DaS heimlich und hundert Mal geküßte, mit heißen Thränen benetzte Kabinettbild deS Teuren in der Uniform seine» Regimentes — wie sie ihn zuletzt gesehen — blieb der Baronin einziger Trost, sie bewahrte e« in einem Geheimsache ihres Schreib tisches und begann und beschloß keinen Tag, ohne eS hervorgenommen und an ihr Herz gedrückt zu haben, im stummen, tiefen Schmerze, mit heißen Ge beten. Heute, ganz früh am Morgen, hatte sie die teure Reliquie mit Veilchen, seinen Lieblingsblumen bekränzt; der Gärtner hatte sie einzig zu diesem Zwecke züchten müssen, denn heute, am zehnten Ok tober, war deS Fernen dreißigster Geburtstag. Der Tag war immer so feierlich begangen wor den, in Arnolds Knabenjahren mit Spiel und Jagd, später mit Ball und Komödie. Ach, und heute? Schon im vorigen Herbst war er ja fort gewesen, längst; aber die hoffende Mutterliebe hatte doch nicht an den bittern Ernst der Wahrheit glauben können, hatte gemeint, wenigstens am Feste der Liebe, zu Weihnachten, müsse er heimkehren, ihrem unsagbar schmerzensreichen Anihndenken, ihren Gebeten könne der Allerbarmer nicht jene« grausame „unerbittlich" de» Geschicke» entgegensetze«. Und doch, uud doch! Werker-, de» Bauern- und damit de» gesamte« Mittel stände» nach beste« Kräften einzutretrn und die Aus breitung de» Handwerkerbunde» nach bestem Vermöge« zu fördern." Nach «t«er a« den Bortrag sich an schließenden Debatte, an welcher sich die Herre» Reich»- tagSabgeordneten Sachße und Hauffe, sowie Kauf mann Hoffmann beteiligten, wurde die Versammlung mit einem Hoch auf Ihre Majestäten den Kaiser und den König von Sachsen geschloffen. 8 Thorn, 24. März. I« vergangener Nacht wurde ein an eine» hiesigen Fort Wache stehender Militärposten von mehreren Personen angegriffen- Während er sich der vorderen Angreifer zu erwehren suchte und da» Gewehr schußbereit machte, wurde er von hinten niedergeschlagen; dabei entlud sich daS Gewehr und die Kugel traf den Soldaten in do- rechte Bein, wodurch er schwer verwundet wurde. Di« Angreifer entflohen. 8 Osnabrück, 24. März. Von den durch Erdrutsch im Schacht „Hermine" verschütteten fünf Bergleuten wurden zwei lebend und gesund aufge- funden. 8 Köln, 24. März. I« eine» bei Kierberg gelegenen Braunkohlen-Briket-Werk explodierte ein Trockenkessel, wobei der gesamte aus glühendem Braunkohlenstaub bestehende Inhalt sich über die Ar beiter ergoß. Siner derselben blieb sofort tot, zwei wurden tätlich und eine Anzahl weniger schwer verletzt. 8 Nürnberg, 24. März. Bei der Station DooS überfuhr de, Orient-Expreßzug die von der Arbeit heimkehrenden Brüder Georg und Johann Wacker. Beide waren die Stütze ihrer alten Mutter. * * Wien, 24. März. In Mädling erschoß der Maschinist Stammer nachts, nachdem er sich ge waltsam Eingang in die Wohnung verschafft hatte, aus Eifersucht seine Geliebte, die 41jährige Ge- mischtwarenhändlerin Marie Steiner, und davn sich selbst. Vorher hatte er seinen 4jährigen Sohu an einem Riemen am Kleiderkasten aufgehängt. DaS Kind ist ebenfalls tot. * *Groß-BecSkerek,24 März. Bei einem großen Sturm brach Feuer aus, welche» 35 Wohn häuser einäscherte. * * Gollub, 24. März. Im Schaffarnier Walde wurden ein Gendarm und ein russischer Grenz beamter, welche Dieben gestohlene Pferde abjagten, durch Revolverschüsse lebensgefährlich verletzt. * * Fredeburg, 24. März. Durch eine Kur nach der Methode des Doktor Eisenbarth hat hier ein 50jähriger, an Rheumatismus leidender Mann sein Leben verloren. Um ein Schwitzbad zu nehmen, kroch er in einen geheizten Backofen, kurze Zeit darauf wurde er halb geröstet al» Leiche herausgezogen. * * Eine verschneite Stadt istKutatSin Trans kaukasien. Der dort durch den Schnee angerichtete Schaden läßt sich noch nicht übersehen, doch ist er wahrscheinlich sehr bedeutend. Alle Verbindungen stocken, die Lebensmittel steigen im Preise. Stellen- weise erreicht der Schnee die Höhe de» zweiten Stock werks der Häuser. Bei beginnender Schneeschmelze befürchtet man noch mehr Unglück, da das Wasser schon jetzt in den Häusern fußhoch steht. Zur Fort schaffung deS Schnees hat die Stadtverwaltung 5000 Rubel zu verausgaben beschlossen. * * Durch einen glücklichen Zufall hat C. P. Butler in Knightabridge in England die Bahn eine» Meteors photographiert. Butler war am 23. November v. I. um Mitternacht damit be schäftigt, eine neue Linse iu seine Kamera «inzusetze« und hat letztere zu diesem Zwecke auf die Fenster bank gesetzt, wobei die Platte von 12'" bis 12'° un bedeckt war. Die Linse war ungefähr nach der Him melsgegend, wo die Sternbilder de« Perseus, der WaS hatte sie gelitten, die arme Mutter! Zuerst al« der tobende Gemahl durch Morphium beruhigt, endlich eingeschlafen und sie atemlos hinaufgeeilt war in daS Turmgemach, ihren Einzigen an daS verzeihende Herz zu ziehen, mit ihm zu beratschlagen, was sie für ihn thun könne, und er war fort, seine Fächer leer, ein Teil der Kleide, weg gewesen, — o! Jener Augenblick der Erstarrung und all' die nachfolgenden Tage, Wochen, Monate der quälend sten, entsetzlichsten Angst und Ungewißheit hatten sie zur Greisin gemacht; und doch hatte sie sich aufrecht erhalten müssen, um deS leidenden Gemahles willen, dem sie ihren unsäglichen Jammer auch noch ängst- lich verbergen mußte. Fromm und glänbig weinte sie ihren Schmerz zu Füßen dessen au«, der da spricht „kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken", und dabei war ihr Herz still geworden, still dem Herrn. Heute — zum ersten Male nach Wochen — schien die Oktobersonne mild und warm, und Baron von Brunneck hatte eine gute Nacht gehabt. Sie trocknete die rotgeweinten Augen und betrat daS Balkonzimmer, aber statt ihren Gemahl, wie immer seither, auf dem Ruhebett liegend zu finden, kam er ihr, zum AuSgehen angekleidet und auf den Arm de« Kammerdieners gestützt, entgegen; beinahe jugend lich erschien er ihr heute in Haltung und GesichtS- auSdruck. Erstaunt verharrte sie daher auf der Schwelle: „Willst Du auSgehen, lieber Eberhardt?" Er stieß die Krücke auf: «Zum Teufel, ja, wie Du siehst!" „Doch nicht den wetten Weg nach der Billa Klara hinüber?" Andromeda and de» Widder» aneina«der grenzen, gerichtet gewesen. Al« Butler die Platte am 25. entwickelte, bemerkte er darauf sofort einen Streifen, den er aber zuerst für einen Riß auf der Platte hielt. Nachdem diese jedoch völlig entwickelt und fixiert war, schie» e« dem Beobachter nicht zweifelhaft, daß er in dem Streifen die Photographie eines Meteor» vor sich hätte. Um jeden Irrtum auszuschließen, forschte Butler nach, ob anderen Orte» zu gleicher Zeit eiu Meteor gesehen wäre, und er erfuhr, daß in der That ein solche» am 12" nacht» vom Kefiugton- Observatorium (Loudon) beobachtet worden war, und zwar in derselben Himmelsgegend, wahrscheinlich zu dem Lndromedttenschwarm der 23. November gehörig; e» wurde beschrieben als et« Meteor mit langer Bahn, von der Helligkeit de» Jupiter. Wen» die Helligkeit desselben auf der Platte mit dem darauf befindlichen Sterne verglichen wurde, so mußte e» auch danach wenigstens den Glanz eines Sterne« erster Größe besessen haben. DaS Interessanteste war, daß sich aus der Photographie auch Detail« in der Meteorbahn erkennen ließen. Der Beginn deS Strei fens war außer ordentlich fein, allmählich und stetig an Stärke wachsend, wie e» dem immer stärker wer denden Aufleuchten de« Meteors beim Eintritt in dichtere Schichten der Atmosphäre entspricht. Dann war deutlich wahrnehmbar, daß an einer Stelle der Körper auseinander gespreugt worden war; die Teile wurden nach allen Richtungen auseinander geschleu dert, während die Hauptmasse ihren Weg in bestim«- ter, aber gegen die ursprüngliche etwa« geänderter Richtung fortsetzte. ES ist dies sicher daS erste Mal, daß daS Schicksal eines Meteors auf solche Art be obachtet worden ist. Deutscher Meich-twg. Sitzung vom 24. März. Die 3. Beratung deS Etats wird in Verbindung mit der 2. Lesung der Schuldentilgungsvorlage fort gesetzt. Abg. Hug (Centr.) begrüßt letzter« Vorlage al» einen Schritt, da« weitere Anwachsen der Reichs schulden zu verhindern. Die SchuldentilgungSvorlage wird hierauf in zweiter Lesung genehmigt. Zur Debatte steht ferner der Marineetat. Abg. Metzger (soz.) bemängelt die schlechten Wasseroerhältniffe auf der Werft in Wilhelmshaven und rügt die Entlassung von Arbeitern bloS auS dem Grund«, weil sie sozialdemokratischer Gesinnung verdächtig gewesen wären. In Wilhelmshaven wür den auch die Inhaber von Geschäften boykottiert, wenn sie im Verdacht sozialdemokratischer Gesin nung seien. Staatssekretär Hollmann: DaS Reich hat bereits große Mittel aufwenden müssen, um gutes Wasser nach Wilhelmshaven zu schaffen. Im näch sten Jahre wird bereits eine zweite Rohrleitung «ach dorthin angelegt werden. Wa« die Arbeitereut- laffllngen avlangt, so ist der betreffende Vorgang mir nicht bekannt, ich bin aber überzeugt, daß der Herr Werftdirektor denselben nach bestem Wisse« und Gewissen geprüft hat. Im Allgemeinen kann ich nur sagen: Wenn so umfangreiche Entlassungen statt gefunden hätten, wie Herr Metzger behauptet, so müßte ich davon wissen. Ich kann mir auch nicht denken, daß die Offiziere auS solchen Gründen, wie der Vorredner sie anführt, Bürger boykottieren: wenu sie nicht in Wilhelmshaven selbst, sondern von aus« wärt« Ware beziehen, so kann ich ihnen darüber keine Vorschriften machen. Beim Titel „Instandhaltung der Flotten und Werftanlagen" beklagte Abg. Rickert (freis. Ver.), daß bisher «och immer noch keine Gleichstellung der „Warum nicht? . .. Gerade! Jawohl! Muß wisse«, waS die albernen Menschen mit dem Bogel zeug angefangen haben; die Voliere steht leer, völlig leer, bei dem Sommerwetter! Wenn nur die Frauen zimmer sich nicht mit solch' edlem Sport abgeben wollten! Verstehen ja nichts, rein gar nichts!" „Und da willst Du den fremden Damen so un angemeldet iu daS HauS fallen?" „Hau» fallen! WaS das für ein Ausdruck ist, au» Deinem Munde, Julia! Meine Aufwartung will ich drüben mache«, al» guter Nachbar und Bogelliebhaber. Sollen den armen Geschöpfen die Freiheit noch «iu paar Wochen gönne«. Ich hätte schon längst hinüber gehen müssen, und Du auch!" „Aber, lieber Eberhardt, wenu die Dameu doch keinen Verkehr wünschen? Wolltest Du nicht erst anfragen lassen?" „Nein." „Oder meine Begleitung annehmen? Ich mache sofort Toilette; in zehn Minuten biu ich bereit." „Neiu. Ich will nicht und dabei bleibt»! Ich werde bald wieder zurück sein!" „So benutze doch lieber den kleinen Wagen oder Deinen Rollstuhl". ^Aber, «ein lieber Eberhardt! Wenn Du nicht weiter könntest?" „Unsinn! . . . Du«me Rederei! Bin ich denn ein kleines Kind oder am Eude scholl ein Greis? ... Vorwärts, Johann! . . . Und Du bleibst hier, hier oben i« Zimmer, Julia! Ich will die Vormund schaft nicht; hörst Du? Ich will nicht, und damit gut!" (Fortsetzung folgt.)