126 115. Die welkende Blüthe. 'Manche Blüthe sinkt gebrochen Von dem Sturme, die nicht reift, So wird auch vom Lebensbaume Manche Blüthe abgestreift. Horch nur, wenn in deinem Herzen Eine Lebenssaite springt, Welch ein Trauerton von Schmerzen Hallend deine Brust durchklingt. Aber Früchte mußt du tragen, Wenn auch manche Blüthe fällt, Reifen soll'n in unserm Innern Früchte für die befs're Welt. Unter schweren Schicksalsschlägen Und auf dornenvollem Pfad, Unter Thränen keimt zum Segen In uns eine Himmelssaat. 116. Des Dichters letzte Gabe. Wohin mich auch des Lebens Wechsel treibe, Von Süd zum Nord, vom Ost zum West, Wo ich auch am Abend stehen bleibe, Wenn mich der Jugend frische Kraft verläßt, Wenn meine Thaten alle sind vollendet, Und meine Lieder alle ausgespendet, Steh' ich dann an des Lebens Ruheport, So lebt doch in mir noch Her „Glaube" fort. Mag auch das ird'sche Dasein mir erscheinen Oft freundlich mild, oft wie ein Schattenstreif, Und muß ich selbst am frühen Grabe weinen, Um eine Frucht, zur Ernte noch nicht reif, Wenn meine Lieben in die Gräber sinken, So reicht mir Gott den schweren Kelch zu trinken,