125 114. Unser Leben eine Schifffahrt. Der Morgen tagt, ein heil'ger Frieden breitet Sich still und friedlich über's Lebensmeer, Das Schifflein ruhig durch die Wellen gleitet, Wenn so die Fahrt durch's ganze Leben wär'! Die Meeresfläche gleicht dein glatten Spiegel, Und dennoch birgt sein Innerstes so viel. O Niemand giebt dem Schiffer Brief und Siegel, Ob er auch glücklich landet an dem Ziel. Die Hoffnung sitzt mit kühner Hand am Steuer, Weil auch ein günst'ger Wind die Segel schivellt, Es schlagen Herzen, denen du noch theuer, O daß nicht Täuschung wär' die neue Welt! Schon hat der Himmel trübe sich umzogen, Wenn doch ein Sturm nicht hemmte deinen Lauf, Denn höher flogen schon des Lebens Wogen, Mit banger Sorge blickt dein Herz hinauf. Und dunkler wird's, die letzten Sterne bleichen, Los bricht der Sturm mit heftigster Gewalt, Will Niemand dir den Rettungsanker reichen? Du jammerst laut: „Wo find' icb Aufenthalt?" Da steigt ein Fels aus dunklem Meeresgründe, Ein Kreuz hebt leuchtend sich auf ihm empor, Dort winkt ein Retter, flieh' in seine Wunde, Es ist derselbe, der das Meer beschwor. Auf seinen Wink muß sich die Welle betten, Die Sonnen leuchten dir nach Angst und Schmerz, Der uns vom Untergange kann erretten, Läßt Schiffbruch leiden nicht das schwache Herz. Am Steuer sitzt die ew'ge Lieb' und Gnade, Die huldvoll uns an's sich're Ufer bringt, Schon winken jenseits freundliche Gestade, O wohl dem Pilger, der dies Land erringt.