112 102. Fastenzeit. Ich grüße dich mit stillen Wehmuthsthränen, Du heilige Passivus- und Fastenzeit, O daß in jeder Brust erwacht ein Sehnen, Dem Herrn im Geist zu geben das Geleit Auf seiner letzten bittern Todesbahn Bis auf die Höhen Golgatha's hinan. Um uns vom Sündenelend zu befreien, Betratst du willig deinen Leidenspfad, Zwar wird das Volk dir jubelnd Palmen streuen Beinl Einzug in die große Königsstadt. Doch bald verändert sich des Volkes Sinn, Sie führen dich zum Kreuzestode hin. Doch eh' du scheidest aus dem Jüngerkreise, Versammelst du sie in dem Ostersaal, Und hinterläßt aus großem Lieb'sbeweise Als Stiftung ihn'n das heil'ge Abendmahl. So vermachst du scheidend zum Gedächtniß Auch uns Allen dieses Lieb'svermächtniß. Mit blut'gem Schweiß seh'n wir dich niedersinken Dort in dem Garten von Gethsemane, Fleh'st du so heiß um Kraft, den Kelch zu trinken, Bis dir ein Engel von des Himmels Höh' Erscheint mit Stärkung, Trost und Himmelsruh', Nun gehst du neu gestärkt den Leiden zu. Schon nah'n die Feinde sich mit schnellen Schritten, Um dich zu fangen, das ist ihr Entschluß, Ach, Judas, einer aus der Jünger Mitten, Verräth als Freund dich jetzt mit einem Kuß. Verblendet von der schnöden Geldesmacht, Verrieth er seinen Herrn in dunkler Nacht. So wirst du, Heiland, nun zum Spott gebunden, Verschmäht, verhöhnt, gegeißelt und verspeit, Das Haupt mit einer Dornenkron' umwunden, Bist du entkleidet aller Herrlichkeit.