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322 Stahl und Eisen. Einige Gesichtspunkte für die Konstruktion der Thomasbirne. 30. Jahrg. Nr. 8. hebel und hinter der Walze mittels Hebetisch an genommen worden. Der Hebetisch arbeitet mit Parallelhebung und -Senkung und ist einfach in seiner Konstruktion und Bedienung. Er ist aus Eisenkonstruktion mit lose laufenden gußeisernen Rollen. Wie aus Abbildung 8 ersichtlich, be findet sich oben am Kammwalz- und Walzgerüst eine Längswelle, welche zwei Kettenrollen für das Heben des Tisches und am äußeren Ende die Seilscheibe trägt, an weicher ein Hanfseil befestigt ist. Der aus dem Blockgerüst austretende Knüppel wird auf einer hinter der Straße befindlichen Knüppelschere in drei Teile geteilt und hinter einander auf der Mittelstrecke ausgewalzt. Der Knüppel erhält auf dem Triogerüst der Mittel strecke fünf Stiche und wird mit etwa 25 mm Quadrat zum Duogerüst derselben Strecke um geführt. Der Duostich ist ein Ovalstich und der Walzstab gelangt durch eine Gradführung zum ersten Gerüst der ersten Staffel der Draht straße. Auf den beiden Staffeln erhält der Walz stab noch elf Stiche, wobei, wie üblich, die Ovale von Hand und die Quadrate mittels Umführungen umgesteckt werden. Vier Drahthaspeln, System Garret (Abbildung 9), wickeln die austretenden Drähte zu Rundbunden. Bezüglich der Kon struktion, Wirkungsweise und Vorteile dieser Haspel sei auf eine frühere Abhandlung in dieser Zeitschrift verwiesen. * Da auf der oben beschriebenen Drahtstraße auch andere Walzsorten hergestellt werden sollen, wurde noch ein doppelter Haspel für Bandeisen usw. mit zwei unabhängig voneinander arbeitenden Wickeltrommeln aufgestellt. Die Walzenstraße war für eine Schichtproduktion von 50 bis 60 t bestimmt, jedoch hatte dieselbe in kurzer Zeit nach der Inbetriebsetzung eine Leistung von 85 bis 90 t i. d. Schicht erzielt. Die Walzwerksanlage befindet sich in einer Halle von 85 m Länge und 30 m Spannweite. Jeder Walzenstrang kann für sich durch aus rückbare Hauptkupplungen an- und abgekuppelt werden. Die zweite Staffel der Drahtstraße liegt etwa 350 mm tiefer, wodurch die Längs welle der zweiten Staffel’ mit den Lagerungen geschützt liegt. Bei der ersten Staffel wird auf Walzwerksflur, bei der zweiten Staffel in Tiefläufen gewalzt. Die im Vorstehenden beschriebenen Walz werksanlagen wurden von der Kalker Werk zeugmaschinenfabrik Breuer, Schumacher & Co., A.-G. in Kalk bei Köln, entworfen und auch mit Ausnahme der Dampfmaschinen, Elek tromotoren und Krane gebaut. * „Stahl und Eisen“ 1909, 24. Nov., S. 1861. Einige Gesichtspunkte für die Konstruktion der Thomasbirne. Von Dipl.-Ing. W. G. Gillhausen in Aachen. (Mitteilung aus dem Eisenhüttenmännischen Institut der Technischen Hochschule zu Aachen.) O bschon in den seit Einführung des Thomas- Gilchrist-Prozesses in Deutschland verflos senen 30 Jahren zahlreiche Thomasbirnen gebaut worden sind, so finden sich in der einschlägigen Literatur doch nur wenige Angaben* über die bei dem Entwurf von Thomasbirnen zu beachten den Gesichtspunkte und einzuhaltenden Verhält nisse zwischen den verschiedenen Abmessungen; ganz abgesehen davon, daß sie sich meist nur auf kleinere Einsätze bis zu 15 t beziehen, wäh rend die neueren Anlagen mit Einsätzen bis zu 24 t arbeiten. In folgendem soll nun der Ver such gemacht werden, aus den zur Verfügung stehenden 17 ausgeführten Formen (vgl. Abbil dung 1), die alle deutschen Werken entstammen, weitere Anhaltspunkte für die Konstruktion der Thomasbirne abzuleiten. Zugleich soll untersucht werden, inwieweit die von den erwähnten Ver fassern gemachten Angaben bei den hier vor liegenden Ausführungen zutreffen. Die in dieser Arbeit vorkommenden Zahlen sind in der bei- • Vgl. u. a. D ü r r e : „Die Anlage und der Betrieb der Eisenhütten“, 1892, Bd. III, S. 424 ff., Ledebur: „Handb. d. Eisenhüttenkunde“. 1908, Bd. III, 8. 298 ff. „Hütte“, 1905, Bd. II, 8. 711 ff. gefügten Uebersicht Zahlentafel 1, die senk rechten Schnitte durch die Birnen in Abbil dung 1 im Maßstabe 1 : 30 zusammengestellt. Die Badhöhe wird durch die starken, wage rechten Linien angegeben. Die Böden sind nicht im Schnitt dargestellt. Die Konverter sind nach ihren Erbauungsjahren geordnet, um so die Ent wicklung im Laufe der Jahre, vor allem in be zug auf den Einsatz, zu zeigen. Birne 1 ist 1875 für sauren Betrieb gebaut worden und wird seit 1884 für das basische Verfahren benutzt. Die bei einigen Birnen zu tage tretenden starken Abweichungen in ver schiedenen Rubriken von den entsprechenden Werten für die anderen lassen sich wohl da durch erklären, daß die ursprünglich für kleinere Einsätze erbauten ohne entsprechende Umände rung für größere Chargen verwendet wurden, welches Vorgehen man bei hüttenmännischen Apparaten ja häufig anwendet, um in einfachster Weise unter Verzicht auf die günstigsten theo retischen oder erfahrungsgemäßen Bedingungen die Erzeugung zu erhöhen. Die Konstruktion ist, wie bei den betreffen den Punkten gezeigt werden wird, von Einfluß