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Bezüglich der in Anwendung stehenden Schmelzverfahren geht die Entwicklung natur gemäß immer mehr nach dem Arbeiten mit flüs sigem Einsatz, bezw. nach dem Roheisen-Erz prozeß hin. Wie ich schon in der Einleitung andeutete, nimmt das kombinierte Verfah ren in den Vereinigten Staaten eine eigenartige Stellung ein; trotz seines auf der Hand liegen den wirtschaftlich wenig günstigen Arbeitens in folge des doppelten Abbrandes und der hohen Anlagekosten nimmt seine Einführung stetig zu. In einzelnen Fällen ist tatsächlich die Bessemer anlage ein Anhängsel des Martinwerkes ge worden, zum Vorblasen der Chargen, die der Martinofen fertig zu machen hat. Oertliche Ver hältnisse, wie sie ähnlich früher bei uns zur Ausübung dieses Prozesses geführt haben, mögen dabei ausschlaggebend gewesen sein. Wie ich höre, sollen in einzelnen Fällen aber auch wirt schaftliche Erwägungen den Ausschlag für die Wiederaufnahme dieses Verfahrens gegeben haben. In Zeiten der Hochkonjunktur lassen sich eben mit dem kombinierten Verfahren leicht höhere Produktionen erreichen, ohne besondere Kapital aufwendungen in dem einzelnen Falle zu er heischen. Die höheren Gestehungskosten lassen sich in solchen Zeiten dann auch eher tragen und durch den erhöhten Absatz rechtfertigen. Als ebenso wichtiges Moment erscheint zur Erklärung der ganzen Sache die schwierige Lage des Schrottmarktes in den Vereinigten Staaten. Die Beschaffung des notwendigen Schmelzschrottes zu einigermaßen wirtschaftlichen Preisen ist in den östlichen und südlichen Eisendistrikten ge radezu zu einer Schwierigkeit geworden; da ist der kombinierte Prozeß der erwünschte Ausweg, um dieser Schrottkalamität zu entgehen. Nach mir gewordenen direkten Mitteilungen sind die Ergebnisse mit dem Duplexverfahren tatsächlich derartige, daß die weitere Aufnahme dieses Ver fahrens in den Vereinigten Staaten mit Sicher heit vorausgesagt werden kann, mag es nun ein mal die Erzfrage, ein andermal die Sclirottfrage sein, die diese Entwicklung fördert. Naturgemäß findet der in dem eigenen Werke fallende Schrott wie bisher seine Verwendung im Martinofen; der Schrott wird dann nach dem Erz- und Kalk einsatz chargiert und macht etwa 35 °/o des ganzen metallischen Einsatzes im Durchschnitt aus. Bei den immer größer werdenden Ofenein heiten bringt das kombinierte Verfahren unleug bar den Nachteil mit sich, daß bei dem nach oben hin beschränkten Fassungsraum der Kon verter ein sehr häufiger Transport des vor geblasenen Materiales zu den Martinöfen not wendig ist. So blasen z. B. in Ensley die beiden Konverter fast ununterbrochen und geben ihr Eisen abwechselnd an die sechs Martinöfen ab. Neben der ungleichmäßigen Zusammensetzung des Ausgangsproduktes bei mehrmaligem Ein setzen zeigt sich der weitere Uebelstand, daß die Oefen häufig auf vorgeblasenes Metall warten müssen. Um diesen ungünstigen Momenten abzu helfen, taucht in Amerika deshalb der Gedanke auf, zwischen Konvertern und Martinöfen einen heiz baren Mischer als Sammelbehälter einzuschalten. Gewöhnlich bläst man im Konverter die Charge auf 1,50% Kohlenstoff herunter. Dadurch wird eine zu starke Eisenverbrennung im Konverter vermieden, während gleichzeitig der hohe Kohlen stoffgehalt das Kochen der Charge und damit die vollständige Phosphorabscheidung im Martin ofen begünstigt. Dem Hochofenmann wird bei der Erzeugung eines geeigneten garen Roheisens für das kombi nierte Verfahren seine Aufgabe sehr erleichtert. Vorausgesetzt, daß das Eisen nur schwefelarm ist, kann der Siliziumgehalt in sehr großen Grenzen schwanken, da das Silizium im Kon verter eben leicht ganz herausgeblasen wird. Auch der Phosphorgehalt braucht nicht in zu engen Grenzen gehalten zu werden, da er im Martinofen bei basisch gehaltener Schlacke leicht abzuscheiden ist. Um eine eventuelle Rück- phosphorung beim Fertigmachen der Charge noch zu vermeiden, steift man dann die Schlacke mit Kalk an, um sie hoch basisch zu machen, so daß der Kalkgehalt oft 50°/o übersteigt. Witkowitz. Die Erz Verhältnisse, die auf dem Witko- witzer Eisenwerk vorliegen, haben das Werk schon allein auf eine besondere Art der Stahlerzeugung hingeführt. Das aus den zur Verfügung stehenden Erzen erblasene Roheisen hat einen durchschnittlichen Gehalt von 0,4% Phosphor, enthält demnach für den sauren Konverterprozeß zu viel und für das Thomas- verfahren zu wenig Phosphor. In Witkowitz stand zuerst der reine Bessemerprozeß, dann der Thomasprozeß und hierauf der Bessemer- Thomas-Prozeß in Anwendung. Dieser wurde im Jahre 1889 durch das kombinierte Bessemer- Martin-Verfahren, den sogenannten Duplex- Prozeß, abgelöst, der in dieser Weise jetzt noch in Betrieb ist. Der Duplex-Prozeß besteht be kanntlich darin, daß das vom Hochofen kom mende flüssige Eisen im sauren Konverter vor gefrischt wird, wobei der größte Teil des Man gans, Siliziums und Kohlenstoffs schon entfernt wird, und daß das so vorbereitete Material dann in einem basischen Martinofen entphos- phort, entkohlt und schließlich fertig gemacht wird. Das kombinierte Verfahren, wie es augen blicklich noch in Witkowitz in Anwendung steht, ist schon vor einigen Jahren von Ca naris in unserer Zeitschrift* ausführlich be schrieben worden, so daß ich mich bezüglich * 1905 8. 1125.