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19. Januar 1910. Direktes Verfahren zur Gewinnung von schwefel saurem Ammoniak. Stahl und Eisen. 113 Ein Beitrag zur Geschichte der direkten Verfahren zur Gewinnung von schwefelsaurem Ammoniak. Von Patentanwalt Dipl.=Fng. Otto Ohnesorge in Bochum. er unverkennbare, wenn auch vielleicht nur — vorläufige Abschluß, bei dem augenblick lich die Entwicklung der sogenannten „direkten“ Verfahren zur Gewinnung von schwefelsaurem Ammoniak angelangt ist, regt mich an, soweit mir Angaben darüber vorliegen, einen kurzen geschichtlichen Ueberblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit über den Entwicklungsgang dieser Verfahren zu geben, ehe bei unserer rasch lebigen Zeit sich das Bild verzerrt und ver dunkelt. Ganz besondere Veranlassung gibt mir aber dazu ein in dieser Zeitschrift erschienener Artikel des Hrn. G. Hilgenstock in Dahl hausen, der das jetzt von der Firma Dr. 0. Otto & Co. angewendete Verfahren beschreibt, und Gewinnung von schwefelsaurem Ammoniak in fester Form gesondert in Bleipfannen ein. Das eigentliche Verdienst, dieses Addiesche oder Mondsche Verfahren auf die direkte Ge winnung des Ammoniaks aus Destillationsgasen übertragen zu haben, muß wohl Brunck zu geschrieben werden, dem e zum erstenmal gelang, aus Koksofengasen durch Waschen mit Schwefelsäure unmittelbar festes Salz herzu stellen. Die Schwierigkeiten, die sich bei dieser Uebernahme Brunck entgegenstellten, beruhten auf zwei sich scharf gegenüberstehenden For derungen : Einmal mußte zur Gewinnung des schwefelsauren Ammoniaks in fester Salzform in dem Säurebade eine Temperatur inne der in verschiedener Hin sicht einer Klarstellung und einer Berichtigung bedarf.* Soweit sich heute die Geschichte der direkten Am moniakgewinnungs-Verfah ren, die natürlich nach Eng land weist, zurückverfolgen läßt, kann man wohl die Behauptung aufstellen, daß dieseneben den „indirekten“ Abbildung 1. Temperaturverlauf bei dem Brunckschen Verfahren. Verfahren hergingen, min destens aber nur wenig jünger als letztere sind. Die ersten tatsächlichen Ausführungen und auch die in die Literatur gelangten Versuche knüpfen sich aber an die Namen Addie und Mond, Im Anfang der achtziger Jahre schlug Addie vor, Gase aus Hochöfen und anderen Gaser zeugern dadurch von Ammoniak zu befreien, daß man in dieselben gas- oder dampfförmige, schweflige Säure oder Schwefelsäure einleitete und das entstehende Ammoniumsulfit bezw. -sulfat gehalten werden, die ein Niederschlagen von Wasser, das zu einer ständigen Verdünnung führen würde, verhütete, und zum andern mußte der im Gegensatz zu Hochofen- und Generator gasen in den Destillationsgasen reichlich enthal tene Teer nach Möglichkeit vor der Berührung mit der Säure praktisch ausgeschieden werden, da sonst die Gefahr vorlag, daß der Teer im Säurebade zersetzt wurde. Auf diese Weise wäre einerseits ein unreines Salz und anderseits auswusch (vergl. z. B. das britische Patent 4758/1882). Mond benutzte ein ganz ent sprechendes Verfahren, indem er die aus seinem Gaserzeuger kommenden heißen Gase in einem Rieselturm mit saurer Lauge wusch und die so gewonnene Lösung von schwefelsaurem Am moniak bis zur genügenden Anreicherung einen Kreislauf durch den Berieselungsturm machen ließ. Während es dabei Monds ursprüngliche Absicht war, auf diese Weise unmittelbar schwe felsaures Ammoniak herzustellen, kam er hier von ersichtlich wieder ab und verzichtete auf die Herstellung des Salzes in diesem Kreislauf, dampfte vielmehr die erhaltene Lösung zwecks * „Stahl und Eisen“ 1909 S. 1644. ein saurer Teer zu fürchten gewesen. Brunck war also gezwungen, von der nor malen Teerscheidung, die in der Kälte vorge nommen wurde, abzuweichen und eine heiße Teerscheidung zu versuchen. Mit dem Erfolg oder Nichterfolg dieser heißen Teerscheidung stand oder fiel sein Verfahren, wie denn auch alle späteren Abänderungsformen des Brunck schen Verfahrens sich nur auf die Methode der Teerscheidung beziehen. In der Abbildung 1 ist sinnbildlich der Weg der Koksofengase durch eine Bruncksche Anlage mit Hilfe der Tempe raturlinie der Gase zur Darstellung gebracht. Es tritt dabei zunächst in die Erscheinung, daß die Endtemperatur der Gase beim Verlassen des Säurebades immer oberhalb des natürlichen Tau- HI.»« 15