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12. Januar 1910. Zur Geschichte der Eisenindustrie in der Mark Brandenburg. Stahl und Eisen. 83 arbeiter hatte auf dem Werk freie Wohnung. Das Eisenhüttenwerk Zehdenick, welches einen Hochofen besaß, lag, auf beiden Seiten von der Havel eingeschlossen, auf einer Insel. Die nächste Eisensteingrube war eine Viertelmeile, die weiteste neun Meilen von der Hütte entfernt. Die Erze wurden teils zu Wagen, teils auf Kähnen zur Havel und von dort zum Hüttenwerk befördert. Das erforderliche Holz wurde aus den Zeh- denickschen, Reyersdorfschen und benachbarten Forsten bezogen. Der Hochofen machte für die damalige Zeit oft sehr lange Hüttenreisen; so währte eine am 1. September 1783 begonnene Hüttenreise volle 134 Wochen, erst dann trat die Not wendigkeit einer Reparatur ein. Die Fabrikation erstreckte sich auf Bomben, Granaten, Haubitzen- und Kanonenkugeln, ferner auf Tiegel, Töpfe und Pfannen. An Gußwaren wurden nach messingenen Modellen Oefen, Ofenherdplatten, Zahnräder, Gewichte usw. hergestellt. Um 1785 wurden jährlich an 6000 Ztr. Munition ge liefert. In der Zeit von 1764 bis 1800 hatte die Hütte an die Artilleriedepots zu Magdeburg, Berlin, Stettin, Spandau, Küstrin und Graudenz insgesamt 130 355 Ztr., 90 Pfund, 5 Lot Mu nition abgeliefert. Ein recht bedeutendes brandenburgisches Eisenhüttenwerk im 18. Jahrhundert war das zu Gottow, eine Schöpfung Friedrichs des Großen. Gottow, ein märkisches Dorf, liegt im Kreise Luckenwalde, etwa sechs Meilen von Berlin und eine Meile von der Stadt Sperenberg. Das Königl. Eisenhüttenwerk zu Gottow wurde im Jahre 1754 von dem Geh. Finanzrat Zinnow in unmittelbarer Nähe des Dorfes für könig liche Rechnung angelegt. Das Werk bestand aus einem Hochofen, einem Eisenstein- und Kalkpochwerk, einem Stabhammer mit der dazu gehörigen Frischesse, drei Kohlenschuppen, drei Magazinen und einer Hufschmiede. Außerdem ist das Hüttenamthaus mit den Stallgebäuden zu erwähnen, ferner waren drei Arbeiterwohn häuser, für 15 Familien ausreichend, errichtet. Diese ganze Anlage führte den Namen „altes Werk“. Das „neue Werk“, welches eine Vier telmeile unterhalb des „alten Werkes“ lag, wurde im Jahre 1760 errichtet. Das neue Werk war lediglich ein Hammerwerk, das aus einem Stabhammer, Frischfeuer, Zainhammer und einem Kohlenschuppen bestand. Der Zainhammer, zur Anfertigung der Nageleisenstangen dienend, wurde im Jahre 1764 erbaut. Mit dem Eisen hüttenwerk stand noch ein Königl. Vorwerk in Verbindung, das in Erbpacht vergeben war, und auf welchem sechs Familien von Hüttenarbeitern untergebracht waren. Bis zum Jahre 1770 befand sich das Werk in Pacht, dann wurde es von der Königlichen Bergwerks- und Hütten administration in eigene Verwaltung genommen. Das dem Werk technisch und verwaltungsmäßig vorstehende „Hüttenamt“ setzte sich um 1785 aus zwei Königl. Offizianten zusammen, von wel chen der eine Inspektor und Rendant, der andere Faktor und Kontrolleur war. Der Hochofen wurde von einem Schmelzer, zwei Aufgebern, zwei Aufläufern und zwei Platzknechten bedient. Bei dem Stabhammer war ein Frischmeister, ein Vorschmied, ein Aufgießer und ein Lehr junge tätig, während der Betrieb des Zain hammers lediglich einen Zainschmied und einen Burschen erforderte. Auf dem Hochofenwerk war ferner ein Former mit seinen zwei Bur schen, ein Werkmeister, ein Hüttenschmied, ein Schlackenpocher, ein Kohlenvogt und ein Post bote tätig. Die Eisensteingewinnung, die lediglich im Tagebau erfolgte, stand unter Leitung eines Schmelzers, der 24 Bergarbeiter beschäftigte. Die Gewinnung erfolgte an mehreren Stellen bis zu einem Umkreise von 21/2 Meilen vom Hüttenwerk. Der Eisenstein wurde gewaschen und dann kummweise angeliefert. Der Kumm war ein altbrandenburgisches Maß, das 10 berliner Scheffel hielt. Ein Kumm Eisenstein wog 1260 Pfund, aus welchen 460 bis 470 Pfund Roheisen erblasen wurden. Das in den Gräbereien gewonnene Erz wurde in Halden auf dem Hüttenhof angefahren; nachdem das Erz das Pochwerk passiert hatte, wurde die Möllerung mit anderen Erzen vorgenommen. Eine Hochofenreise währte im Durchschnitt 30 bis 40 Wochen. Die geringste Hochofenleistung betrug in der Woche 160 Ztr. Roheisen. Die Stabhämmer erzeugten wöchentlich 24, 30 bis 36 Ztr. Stabeisen, dagegen lieferte der Zain hammer nur 15 bis 16 Ztr. Zaineisen in der Woche, im Jahr in der Regel nicht mehr als 700 Ztr. Diese geringe Leistung hing viel damit zusammen, daß der geringe Wasserstand und der damit verbundene Wassermangel oft mals den Hammer außer Betrieb setzte. Zum Schmelzen der Erze diente nur Holzkohle. Das notwendige Kohlenholz wurde aus dem Zinna schen und Zossenschen Forst gewonnen. Die Erzeugung der Holzkohlen lag in den Händen von zwei Köhlern, die wiederum 12 Knechte beschäftigten. Das Königl. Eisenhüttenwerk zu Gottow hatte unter den königlichen Werken die verhältnismäßig kleinsten finanziellen Erträgnisse aufzuweisen. So hatte das Hüttenwerk ein schließlich Vorwerk in den Jahren 17 70 bis 1784 einen Ertrag von 65 922Rthlr. 13 Gr. 7 Pfg. erzielt, bei einem Holzverbrauch von 35 676 Klafter. Das Eisen des Gottower Hüttenwerkes fand weiteste Verwendung bei den königlichen Bauten in der Residenzstadt Potsdam. Das schon erwähnte Königl. Vorwerk befand sich in Erb pacht der Königl. Kurmärkischen Kammer, die ihrerseits wieder das Vorwerk in Unterpacht an *