Volltext Seite (XML)
als bei einer Gaszentrale für gleiche Leistung. Der Unterschied ist besonders groß, wenn für den Turbinenbetrieb bereits Kessel vorhanden sind, welche durch Modernisierung der früher unrationellen Wärmewirtschaft vielfach überzählig geworden sind. Dementsprechend ist die für die Turbinenzentrale aufzuwendende Verzinsung und Abschreibung ganz wesentlich niedriger, nament lich da für die Turbine auch eine geringere Ab nutzung vorausgesetzt werden kann. Desgleichen sind die Betriebskosten für Turbinen trotz des größeren Kühlwasserbedarfes geringer als für Gasmaschinen, da weniger Betriebslöhne, Oel, Reparaturlöhne und Ersatzteile in Frage kommen. Auf der andern Seite fällt schwer ins Gewicht, daß der Wärmebedarf bei Turbinen etwa doppelt so groß ist als bei Gasmaschinen. Hierdurch ver teuert sich der Turbinenbetrieb derartig, daß die Gesamtkosten (Verzinsung und Abschreibung + Betriebskosten + Brennstoff kosten) bei 100 °/o Ausbringen, d.h. ununterbrochenem Jahresbetrieb mit voller Nennleistung, sich für die Turbinen zentrale weit ungünstiger stellen würden als für die Gaszentrale. Wenn Riecke in diesem Punkte zu einem andern Schlüsse kommt, so liegt dies auch nach meiner Ansicht daran, daß er den Wärmever brauch für die Gasmaschinen übertrieben und für die Turbinen zu knapp bemessen hat, sowie daß er die erforderliche Zahl Gasdynamos viel zu reichlich annimmt. Es ist nun von ent scheidender Wichtigkeit, daß Verzinsung und Abschreibung in unveränderlicher Höhe geleistet werden müssen, gleichgültig ob das Ausbringen der Anlage gut oder gering ist. Auch die Be triebskosten ändern sich nur wenig bei verschie dener Belastung. Anderseits ist der Wärmever- brauch so stark veränderlich, daß er mit dem Ausbringen der Anlage von 0 auf 100 % steigt und fällt. Die Frage: Gasdynamo oder Turbodynamo? läßt sich daher nur entscheiden, nachdem man geprüft hat, welches durchschnittliche jährliche Ausbringen die neu aufzustellenden Aggregate voraussichtlich haben werden. Die Verhältnisse werden sehr anschaulich durch eine einfache graphische Darstellung der jährlichen Gesamt kosten beider Antriebsarten als Funktion des Ausbringens (vgl. Abbildung 1). Die Turbokurve beginnt bei 0 “/» Ausbringen wesentlich tiefer als die Gasbetriebskurve infolge der geringeren Verzinsung und Abschreibung. Die Turbokurve steigt aber wegen des stärkeren Wärmeverbrauches viel steiler an als die Gasbetriebskurve, so daß beide Kurven sich bei einem bestimmten Aus bringen schneiden. Diese Höhe des Ausbringens bildet die Grenze für die wirtschaftliche Ueber- legenheit jeder Antriebsart. Als Beispiel seien drei Gasdynamos zu je 1400 KW einer Turbodynamo von 4000 KW gegen übergestellt. Für Verzinsung und Abschreibung XXXT 30 sei in jedem Falle ein Reservesatz einbegriffen, dagegen nicht die schon vorhandene Kessel anlage, aus welcher eine andere selbständige Ab teilung den Dampf zu einem Preise abgibt, in dem Verzinsung und Abschreibung sowie Be triebskosten der Kessel bereits berücksichtigt sind. Ein in dieser Weise auf Grund vollstän diger Unterlagen aus der Praxis konstruiertes Kurvenpaar ergab als Grenze ein Ausbringen von etwa 60 ’/»• Aus dieser Erkenntnis ergibt sich die Folge rung, daß man im Hüttenbetrieb die wirtschaft lichste Krafterzeugung durch eine kombinierte Zentrale erzielt. Der untere Teil der Belastung, welcher Tag und Nacht ständig oder fast stän- Abbildung 1. Graphische Darstellung der jährlichen Gesamtkosten für Gas- und Turbobetrieb als Funktion des Ausbringens. dig geleistet werden muß, wird durch möglichst gleichmäßig und hoch, aber nicht übermäßig be lastete Gasdynamos erzeugt, welche bei dieser hohen Ausnutzung die geringeren Gesamtkosten verursachen. Schon in einer allein arbeitenden Gaszentrale mit teilweise schwankender Be lastung durch elektrisch betriebene Walzen straßen läßt sich mit guten Gasmaschinen ein 60 % übersteigendes Ausbringen erreichen, wie auch die Angaben in der Zuschrift* von Bart scherer beweisen. Zur Aufnahme des oberen Teiles der Belastung, d. h. der die Grundbelastung überragenden Stromstöße, des Bedarfes der nur auf Tagschicht arbeitenden Nebenbetriebe und der kurzen Hauptlichtbelastung empfiehlt es sich dagegen, eine Turbodynamo entsprechender Größe zu verwenden, bei welcher die Gesamtkosten des geringeren Ausbringens wegen günstiger sind als bei Aufstellung weiterer Gasmaschinen. Bei der Wahl der besonders mit Rücksicht auf längere * „Stahl und Eisen“ 1910 S. 670. 26