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1296 Stahl und Eisen. Fortschritte in der Gewinnung der Nebenprodukte heim Kokereibetriebe. 30. Jahrg. Nr. 30. Nach L. G rein er 114 wurden von dem Ueberschußgas der Kokereien 1905 in Deutschland 14 %, Frankreich 8,4%, Belgien 7,4%, England 1,7% in Gasmaschinen benutzt. Wenn es gelingt, die Koksöfen statt mit dem Destillationsgas mit Generatorgas aus dem schlechteren Teil des Koks zu heizen, wie zB. H. Koppers (DRP 122 790 v. 2. 7. 99) einen solchen Koksofen entworfen hat, so würde man natürlich das gesamte Gas abgeben und damit eine gewaltige Energiemenge in zweckmäßigster Form verteilen können .Statt das Gas möglichst weit in Druckleitungen zu führen, was nach den neuen Erfahrungen in beträchtlichem Maße technisch und wirtschaftlich durchführbar ist, wird es sich in vielen Fällen vielleicht zweckmäßiger erweisen, die äußerste Zone mit elektrischer Energie zu versorgen, die man an der Grenze des Gasversorgungsgebietes mittels Gasdynamos gewinnt. Dies führt zum Schlüsse zu einem Ausblick auf die Kohlenverwertung, wie sie für die Zukunft anzustreben sein wird. F. E. Junge 115 weist in seiner schönen Arbeit über die rationelle Auswertung der Kohlen auf die seit William Siemens wiederholt ausgesprochene Forderung hin, daß alle Kohlen, je nach ihrer Beschaffenheit, in Generatoren oder Koksöfen mit Nebenproduktegewinnung verarbeitet und die gewonnenen Gasmengen, statt der Rohkohle, der Industrie und den Städten zugeführt werden sollen. Für Deutschland schätze ich, daß von der gesamten Förderung an Steinkohle auf schätzungsweise in Flanimkohle Gaskohle Fettkohle Magerkohle mit 50 bis 60 60 bis 70 70 bis 85 85 bis 95 % Koks entfallen 34 15 43 8 % davon werden direkt verfeuert . . . 34 II 23 8 =76 % entgast ohne Nebenprodukte .... — 4 4 % ,, mit „ .... — 4 16 = 20 % Ein Vergleich verschiedener Länder ergibt, daß im Jahre 1909 von der gesamten Förderung Deutschland Belgien England Verein. Staaten o/ /o % % % verkokt wurden ohne Nebenprodukte .... 4 5 IO IO ,, ,, mit ,, .... 16 II 2 2 in Gasanstalten ,, ,, verarbeitet 4 4 6 I also rationell verwertet wurden 20 15 8 3 Wenn somit Deutschland in der zweckmäßigen Verwertung der Kohle auch am weitesten fort geschritten ist, so bleibt doch noch außerordentlich viel zu tun übrig. Von der deutschen Förderung sind nur die 8 % Magerkohle von der Verkokung und Vergasung auszuschließen; alle übrigen können verkokt oder in Generatoren mit Ammoniakgewinnung vergast werden, während jetzt sogar von der Fettkohle mehr als die Hälfte direkt verfeuert wird, trotz der dabei fast kaum vermeidlichen gewaltigen Rauchplage. Bei Verkokung sämtlicher Fett- und Gaskohle würde durch Auswahl des Koks den Hochöfen ein noch besseres Material als jetzt zugeführt und der minderwertige Anteil in Generatoren, möglichst mit Ammoniakgewinnung vergast, zum Betriebe der Koksöfen und zur Versorgung eines Nahbezirks mit billigstem Heiz- und Kraftgas dienen. Das Destillationsgas, auf diese Weise in seiner ganzen Menge verfügbar, würde fraktioniert, das ärmere in einer zweiten und das reichere in einer dritten Zone zur Verteilung gelangen, um allen Bedarf an Leucht-, Heiz- und Kraftgas zu decken. Unter Umständen könnte dieses reiche Gas, um einen noch weiteren Transport lohnend zu machen, auf Karburierstationen mit Benzol angereichert werden, welches dem für die nähere zweite Zone bestimmten Gase entzogen wird. An der Grenze endlich, an der der Gastransport zu schwierig wird — und ich glaube, daß diese Grenze sehr weit wird hinausgeschoben werden können —, würden Dynamostationen die Umwandlung in elektrische Energie übernehmen. Diese Zukunftspläne lassen sich ja vielfach variieren. Nichts wäre verfehlter als anzunehmen, daß sie bald und daß sie jemals völlig zu verwirklichen sind Aber daß der Zug der natürlichen Ent wicklung auf diesen Weg drängt, dafür sind die Bestrebungen und Erfolge in der Zentralisation der Gasversorgung ein deutlicher Hinweis. Man braucht nicht so weit zu gehen wie William Siemens 116 , dessen Lieblingsplan war, die Kohle direkt in der Grube zu vergasen, um die Kohlen förderung zu ersparen und dagegen dem Gase durch die Schachthöhe einen Auftrieb zu geben, mittels dessen es weit fortgeleitet werden könne. Aber den Transport der Rohkohle möglichst zu beschränken durch chemische Aufbereitung am Gewinnungsort, liegt durchaus im Bereich der heutigen technischen Möglichkeiten. Das Wort des englischen Staatsmannes Robert Peel, daß dem Lande die Zukunft gehöre, welches die meiste Steinkohle fördere, müssen wir heute dahin erweitern, daß die beste Nutzung der einem Lande von der Natur verliehenen Kohlenschätze ihm das wirtschaftliche Uebergewicht sichert.