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Schnellarbeitsstähle. Die Wirkungen eini ger bestimmter Körper auf die Erhaltung der Härte in der Hitze können sich in gewissen Fällen vergrößern. So spielt bekanntermaßen bei Schnellarbeitsstählen Chrom und Wolfram die wichtigste Rolle. Diese Stähle, die, selbst frisch vom Hammer weg, sehr hart sind (also nicht besonders gehärtet), haben eine gewisse Abneigung gegen Veränderungen; die Zeit scheint bei ihnen einen ziemlich großen Einfluß zu haben, da die Löslichkeit der Kohlen teilchen gering ist. Unter gleichen Bedingungen bezüglich der Erwärmung und der Dauer der letzteren konnte Robin folgende Beobachtung machen: 1. Ausgeglühte Schnellarbeitsstähle zeigten bei etwa 150° ein Härteminimum. Der Härteabfall ist bis gegen 600° im allgemeinen langsam. In diesem Augenblick fällt die Härte ziemlich plötzlich bis zu einer um so höheren Temperatur, je besser die Stahlqualität ist. Der Abfall der Kurven scheint um so stärker zu sein, je härter der Stahl ist. Die Kurven schneiden einander bei etwa 800° und die Stähle verhalten sich in ihrer Härte dann fast um gekehrt wie zuerst. 2. Der Lauf der Kurven ist für abgeschreckte Stähle der gleiche. Der abgeschreckte Schnellarbeitsstahl be wahrt seine Härte bis etwa 600° und zwar genügt diese dann noch, um jeden ausgeglühten anderen Stahl zu be arbeiten. Dabei ist der Einfluß der Zeit ziemlich groß. So z. B. sank an einem Schnelldrehstahl die Härte bei einer Temperatur von 450° während einer Stunde um 70 Zahlen. 3. Vanadium spielt in modernen Schnelldrehstählen eine große Rolle, es erhöht die Fähigkeit der Chrom- Wolfram-Stähle, in hohen Temperaturen ihre Härte zu bewahren. Gehärtete Stähle. Die abgeschreckten Koh- lenstoffstähle haben eine gleichbleibende Härte zwischen —20° und + 1509. Zuweilen findet man ein leichtes An wachsen der Härte bis 100°. Bei 200° bis 300° wird das Werkzeug angelassen, es tritt dann die Umwandlung des Martensites in Sorbit ein. Bei niedrigen Temperaturen wächst die Härte der abgeschreckten Stähle. Es war dem Verfasser aber nicht möglich, darüber genügende Aufklä rungen zu erhalten, da über Härten von 700° hinaus die Brinellsche Probe versagte: die Kugel borst dann jedesmal. Die Geschmeidigkeit und Zähigkeit muß bei diesen Tempe raturen bedeutend abnehmen, wie Verfasser es an vielen Bruchstücken von Stählen erfahren hat. Versuche mit Eisensorten und ganz besonders weichen Stählen, die sehr stark abgeschreckt waren, haben gezeigt, daß dieser Zustand keinen Einfluß auf ihre Härteschwan kungen in der Kälte ausübt. Die Feststellung Hadfields, daß Nickel und Mangan mit ihren besonderen Eigenschaften die Dehnbarkeit trotz Eintauchens in flüssige Luft nicht beeinträchtigen, hat Robin durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt gefunden. Er hat bei der Untersuchung aller Stähle, den 1- und 2 prozentigen Molybdänstahl und den Siliziumstahl ausgenommen, gefunden, daß die Härte durch Behand lung in Kältemischungen sich ein klein wenig erhöht. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist es interessant, diese Tatsache mit einer Härtung in Zusammenhang zu bringen, die durch die Behandlung der Materialien in Regionen herbeigeführt würde, wo die Beweglichkeit ihrer kleinsten Teilchen vielleicht eine äußerst schwierige ist. Robin knüpft folgende Schlußbemerkungen an seine Arbeit: 1. Vom industriellen Standpunkt aus geben die Ver suche über die Härtevariationen in Abhängigkeit von der Temperatur nützliche Aufschlüsse betreffs der Beschaffen heit der Materialien in Hitze und Kälte. 2. Diese einfachen Versuche können zweckdienlich sein für die Prüfung gewisser Spezialstähle und Schnell arbeitsstähle. Durch Vergleichsversuche können sich die Fabrikanten über den Wert ihrer Werkzeuge vergewissern. Die für den Gebrauch der Werkzeuge am wertvollsten und nützlichsten Zusatzelemente des Stahles scheinen Molyb dän, Wolfram, Chrom und Vanadium zu sein. (Abbild. 2.) 3. Das Studium der Härte bei höheren Temperaturen kann interessant sein bezüglich der Bedingungen für das Schmieden, Biegen und jede weitere mechanische Behand lung in der Wärme, ebenso für Bronzen, Legierungen und Gußteile, die in der Hitze arbeiten müssen. 4. Die Härteschwankungen in der Hitze scheinen in gewissen Fällen mit den Schwankungen der Bruchfestig keit in der Wärme identisch zu sein. Wenn man die bei gewöhnlicher Temperatur festgestellte Brinellsche Härte zahl anwendet, kann man sich eine Vorstellung von der zulässigen Bruchbelastung bei irgend einer Temperatur machen, zumal da die Härteprobe in der Hitze schneller und weniger kostspielig auszuführen ist, als der korrespon dierende gewöhnliche Festigkeitsversuch. Abbildung 2. Härtekurven. 5. Es ist interessant, den Verlauf der Härtekurven der verschiedenen Metalle und Legierungen vom wissen schaftlichen Standpunkt aus zu beobachten, und es wäre wünschenswert, die Untersuchungen für die Temperaturen flüssigen Wasserstoffs und Heliums fortzusetzen; sie wür den mit den Untersuchungen Robins zusammen Vor stellungen über den tatsächlichen Zustand der Materialien unter den erwähnten Bedingungen geben und nützliche Hinweise über die Konstitution der Materie bieten. — Was den Schlußpassus des Verfassers anbelangt, so möchten wir uns dahin äußern, daß die Untersuchungen bezüglich der Härteschwankungen in so außerordentlich niedrigen Temperaturen wissenschaftlich wohl recht inter essant wären, daß sie aber ein praktisches Interesse kaum bieten können; hingegen möchten wir wünschen, daß das Studium der Härteverschiebungen in hohen und höheren Temperaturen eifrige Vertreter fände, hauptsächlich im Interesse unserer Werkzeugstähle, deren Güte für die Leistungsfähigkeit moderner Werkstitten heutzutage von so unendlicher Bedeutung ist. H. Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung, e. V. zu Frankfurt a. M. Dem Berichte über das siebente Geschäftsjahr ent nehmen wir, daß die Gesellschaft im Jahre 1909 wieder Vortragskurse, teils allein (Stuttgart und Frank furt a. M.), teils in Gemeinschaft mit der Handelskammer zu Magdeburg sowie dem Architektenverein zu Berlin, veranstaltet hat. Außerdem vermittelte sie Einzelvorträge, erteilte Auskünfte über Fragen der Organisation, insbe sondere über Themata und Vortragende, und gab allge meine Anregungen. Gemeinsam mit der städtischen Verwaltung, der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften und dem Institute für Gemeinwohl zu Frankfurt a. M. hielt die Gesellschaft zwei Fortbildungskurse für höhere Verwaltungsbeamte ab; während der Kurse wurden zum ersten Male größere Besichtigungs reisen unternommen.