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folgendes: von insgesamt 408 Arbeiter- bezw. Lohngruppen wurden 66 % mit Akkordlohn und 34 °/0 mit Schichtlohn erhoben. — Aus den Angaben über den täglichen Durchschnittsver dienst sowohl bei der Akkord- als auch bei der Schichtarbeit ergibt sich ein äußerst günstiges Bild von den Einkommensverhältnissen der Be teiligten in der Schwereisenindustrie. Betrug doch der tägliche im Akkord verdiente Durch schnittslohn 5,36 .66 bei einem durchschnittlichen Mindestsatz von 4,90 JK und einem Höchstsatz von 5,82 66. Für 300 Arbeitstage berechnet er gibt sich daraus eine durchschnittliche Jahres einnahme von 1608 Weniger glänzend, aber durchaus nicht unbefriedigend sind die Ergebnisse beim Schichtlohn, da hier der niedrigste durchschnittlich 3,50 % und der höchste 4 •6 beträgt, so daß der Gesamtdurch schnittslohn 3,75 •K für den Zwölfstundentag beträgt. Der durchschnittliche Jahresverdienst stellt sich demgemäß auf 1125 •6, bei beiden Kategorien von Arbeitern zusammen im Durch schnitt auf 1365 •6. Der Versuch, dieses Er gebnis durch den Hinweis darauf, daß die Er hebungen sich fast ausschließlich auf die best- gelohnten Arbeiter der Schwereisenindustrie und ferner hauptsächlich auf die rheinisch-westfäli schen Industriebezirke erstrecken, während die Arbeitergruppen der südwestdeutschen und ober schlesischen Industrien mit ihren geringen Löhnen wenig vertreten seien, abzuschwächen, erscheint nach allem, was der Bericht entweder ver schwiegen oder entstellt gebracht hat, wenig glücklich. Allenfalls könnte man den Einwand gelten lassen, daß zur Zeit der Ermittlung im Sommer 1907 die Löhne noch im Zeichen der Hochkonjunktur gestanden hätten. Wie hinfällig die obige Behauptung von der fast ausschließlichen Berücksichtigung der best- gelohnten Arbeiter usw. ist, geht schon aus dem hervor, was der Bericht über die Akkordberech nungen mitteilt. Zunächst ist es erforderlich, einige Angaben über die Handhabung der Akkord arbeit im allgemeinen zu machen. In der Mehr zahl der Arbeitergruppen ist der Kolonnen akkord üblich, während nur ein Drittel ungefähr im Einzelakkord arbeitet. Ferner wird der Akkord hauptsächlich nach dem Gewicht der Erzeugung, welcher dem ganzen technischen Prozeß im Hütten- und Walzwerksbetrieb am besten entsprechen dürfte, festgesetzt. Der Stückzahlakkord ist dagegen verhältnismäßig wenig gebräuchlich. In den Kolonnen ist nun die Entlohnung — und damit kommen wir auf unsere obigen Ausführungen zurück — durchaus nicht gleichmäßig, sondern sie erfolgt in einer ganz bestimmten, mit jedem weiteren Arbeiter den Lohn verkleinernden Abstufung. Den Höchst verdienst hat der „erste Mann“ mit einem Be trage bis zu 7, 8, in Einzelfällen sogar bis zu 9 und 10 •; schon die zweiten Männer er halten eine bedeutend geringere Entschädigung, die sich dann bei den dritten, vierten, fünften Männern stufenweise erniedrigt, wie sich aus der Werktabelle ersehen läßt. Hier und da trifft man auch nur Schichtlohn bei den Kolonnen arbeitern an. Wenn die Arbeiter an dem hohen Lohn des Kolonnenführers auszusetzen haben, daß er hauptsächlich dazu dienen soll, die übrigen Arbeiter zu möglichst hohen Leistungen anzu spornen, so erscheint uns diese Wirkung, falls sie tatsächlich beabsichtigt ist, durchaus gerecht fertigt. Das Prinzip der Gewerkschaften, ihre Mitglieder zu veranlassen, nur einen Teil der Arbeitskraft in den Dienst ihrer Arbeitgeber zu stellen, ist im höchsten Grade verwerflich. Das Pflicht-und Verantwortungsgefühl wird auf diesem Wege in weiten Kreisen des Volkes systematisch getötet. Die üblen, den Keira des Unterganges in sich bergenden Folgen dieses Vorgehens, welches das Verschwinden eines hohen sittlichen Faktors aus dem deutschen Volke im Gefolge hat, werden sich nur zu bald an den Führern dieser Bewegung selber rächen. Den Wünschen der Arbeiter dagegen, die auf Abschaffung der einseitigen Festsetzung des Akkordsatzes durch die Betriebsleitung oder den Meister, sowie auf Einführung regelmäßiger Lohnzahlung und Beseitigung der hohen Lohn rückstände hinzielen, ist die Berechtigung nicht zu versagen. Auf der anderen Seite darf man jedoch nicht vergessen, daß die Ein behaltung eines Teiles des Lohnes oft genug das einzige Mittel für den Arbeitgeber bildet, dem allzuhäufigen Arbeiterwechsel vorzubeu gen, um sich einen wenigstens einigermaßen gleichmäßig durchgebildeten Arbeiterstamm zu erhallen. Fassen wir die bisherigen Ergebnisse in einem Schlußwort zusammen! Es läßt sich nicht leugnen, daß die ganze Darstellung des Berichtes über die Arbeiterverhältnisse in der Schwer eisenindustrie an einer höchst einseitigen Auf fassung krankt. Schon im Namen der Gerechtig keit ist deshalb zu hoffen, daß es nicht bei diesem ersten Versuche bleiben, sondern daß es gelingen wird, durch eine objektive, wissenschaft lichen Anforderungen entsprechende Untersuchung Klarheit in die tatsächlichen Verhältnisse und damit in wichtige sozialpolitische Fragen zu bringen.