1188 Stahl und Eisen. Veber den heutigen Stand des Gießereiwesens in Deutschland. 30. Jahrg. Nr. 28. Gießereieinrichtungen tätig sind, und noch manche Sonderfachleute mehr. Für die wissenschaft liche Ausbildung dieser Sonderkräfte (Spezialisten) sorgen staatliche Baugewerk- und Maschinenbauschulen und eine Reihe städtischer und privater höherer technischer Mittelschulen. Diesem Offizierkorps — um beim Vergleiche zu bleiben — steht eine große Schar ausgezeich neter Unteroffiziere in unseren Former-, Gießer-, Modelltischler- und anderen Meistern zur Seite. Sie entstammen zum allergrößten Teile der Arbeiterschaft und haben meist auf einer staatlichen oder privaten gewerblichen Lehranstalt diejenigen grundlegenden technischen Kenntnisse sich an geeignet, die zum Verständnis der täglichen Erscheinungen des Gießereibetriebes und zum folgerichtigen Ziehen der sich daraus ergebenden Schlüsse unentbehrlich sind. Gerade diese Gruppe von Gießereifachleuten weist hervorragend tüchtige Leute auf; sie beruht auf einer Auslese der be fähigtsten und bewährtesten Praktiker, denn nur solche werden zu Meistern befördert. Eine reiche Fachpresse hält die Gesamtheit der Gießer bezüglich alles Wissenswerten auf dem Laufenden und sorgt für regen Gedankenaustausch sowie rascheVerbreitung aller im In- und Auslande in die Oeffentlichkeit dringenden Neuerungen. Auf großenWerken und in technischen Vereinigungen wird neben der inländischen Presse auch der hervorragende Teil der ausländischen Fachpresse gehalten. Wertvoll erweisen sich auch an der Berg akademie in Clausthal eingerichtete Ferienkurse für Gießereiingenieure. Sie zerfallen in Labora toriumsübungen und in Vortragskurse, geben Fach leuten, deren Wissen Lücken aufweist, Gelegenheit zur Vervollkommnung und tragen wesentlich dazu bei, die allgemeine Praxis auf der Höhe der gegen wärtigen wissenschaftlichen Erkenntnis zu erhalten. Die Möglichkeit, einen wirtschaftlich erfolg reichen Gießereibetrieb neu zu begründen, ist heute an sehr viel mehr Voraussetzungen geknüpft, als es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war; vor allem sind dazu ungleich höhere Geldmittel erforderlich. Noch vor zwei oder drei Jahrzehnten konnte mit dem Kapital, das heute allein die Sandaufbereitung einer größeren Gießerei erfordert, eine leistungs fähige Gießerei erstellt werden, denn diese Leistungs fähigkeit beruhte in erster Linie auf der Tüchtig keit und Schaffenskraft der Former, während sich heute das Schwergewicht mehr auf die Seite einer vielgliedrigen und kostbaren mechanischen Ausrüstung verschoben hat. Fast nur noch beim Abb. 2. Fahrbarer Kupolofenschrägaufzug. Maschinenguß, insbesondere für den Großmaschi nenbau, spielen die Handwerksfertigkeit und Zu verlässigkeit des Formers die gleiche ausschlaggebende Rolle wie ehedem, auf den übrigen Gebieten wird sie in stetig steigendem Maße durch die Formmaschine ersetzt. Neuzeitliche Gießereien verfügen über Wohlfahrts- und technische Einrichtungen, an die vor 25 Jahren noch nicht gedacht wurde, die uns aber heute als Selbstverständlichkeiten erscheinen. Solche Gießereien haben ausreichende freundliche Speisesäle mit Vorrichtungen zum Anwärmen mitge brachten Essens und verfügen zugleich überWirtschaftsbetriebe, welche die Verköstigung zum Selbst kostenpreise liefern. Sie sind mit Kleiderablagen, in jeder Beziehung einwandfreien Bedürfnisanstalten und so reichlicher Badegelegenheit ausgestattet, daß jeder Mann beim Schichtwechsel sich mit einem lauen Brausebad reinigen und erfrischen kann. Die Gießhallen sind vielfach geheizt und nicht allzuselten mit wirksamen Luftwechselanlagen ausgestattet. Ganz besondere und erfolgreiche Sorgfalt wird der Staubbeseitigung in den Sandaufbereitungsräumlichkeiten und der bis vor kurzem geradezu gesund heitswidrigen Gußputzerei gewidmet. In mechanischer Beziehung gehören zum eisernen Bestände neuzeitlicher Gießereien elektrischer Antrieb der Hauptbetriebsteile, eine Luftdruckanlage zum Be-