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582 Stahl und Eisen. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 29. Jahrg. Nr. 16. erhöht sich die Abgabe auf 35 bis 60 Oere. Sodann dürfen zur Anlage und zum Betrieb nur norwegische Angestellte und Arbeiter und norwegisches Material benutzt werden, wenn die norwegischen Arbeitskräfte und das norwegische Material im Vergleich mit ausländischem sich nicht über 10 °/0 im Preise höher stellen. Der preußische Eisenbahnetat für das Rechnungsjahr 1909 zeigt in formaler Hin sicht eine erfreuliche Neuerung. Den Wünschen des Abgeordnetenhauses sind die beiden zu ständigen Minister der Finanzen und der öffent lichen Arbeiten entgegen gekommen und haben alle auf die Eisenbahnverwaltung bezüglichen Einnahme- und Ausgabeposten, die früher in den verschiedenen Etats verteilt waren, nunmehr in den Eisenbahnetat gesetzt. Die einzige Ausnahme, die 44,7 Mill. Mark für Besoldungsaufbesserungen der Eisenbahnbeamten, wird vom nächsten Jahre ab aus dem Etat des Finanzministeriums in den Eisenbahnetat übergehen. Auch äußerlich betritt man dadurch den Weg reinlicherer und klarerer Scheidung des Eisenbahnetats von dem allgemeinen Staatshaushaltsetat. Zwar ist damit eine ge ringere Vergleichsmöglichkeit des diesjährigen Etats mit den früheren eingetreten; doch wiegt der Vorteil der Neuerung ihren Nachteil, der ja nur für dieses Jahr in Frage kommt, bei weitem auf, um so mehr, als die Regierung bestrebt gewesen ist, durch besondere Nachweise einen Ver gleich nach bestimmten Richtungen trotzdem zu ermöglichen. Als eine sehr zu begrüßende neue Anlage sei die Uebersicht über den Vermögens stand der Eisenbahnverwaltung erwähnt. Aus ihr ergibt sich, daß das statistische Anlagekapital 10 386 Mill. Mark und die validierende Eisen bahnschuld 6816,8 Mill. Mark beträgt, so daß also ein Vermögen von 3500 Mill. Mark vorhanden ist. Ein recht trübes Bild bietet die materielle Seite des Etats. Die Eisenbahnen bewähren auch hier ihren Charakter als einen der besten Grad messer für das wirtschaftliche Leben der Völker, insbesondere das der Industriestaaten. Die Ein nahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr sind für das Etatsjahr 1909 um rund 14 Mill. Mark und aus dem Güterverkehr um 79 Mill. Mark weniger eingeschätzt als 1908. Man er wartet dabei im Personenverkehr eine Steigerung von 1 °/o und im Güterverkehr eine Abnahme von 1/2 °/o, während im Vorjahre in beiden Ver kehren mit einer Steigerung von 5 % gerechnet wurde. Leider traf diese Annahme der Steige rung nicht ein; denn die Einnahme in den bis her abgelaufenen 11 Monaten des Rechnungs jahres betrug nach den Veröffentlichungen des Reichseisenbahnamtes für den Personen- und Gepäckverkehr 499 634 000 6 gegen einen Etatsansatz von 552 930 000 die Einnahme aus dem Güterverkehr in dem gleichen Zeitraum belief sich auf 1 131864 000 .% gegen einen Etatsansatz von 1 363 520 000 In beiden Verkehren wird also die geschätzte Einnahme keinesfalls erreicht werden. Das sind schlechte Aussichten, die zwar den Minister nicht ab gehalten haben, das Extraordinarium von 107 im Jahre 1908 auf 153 Mill. Mark im Jahre 1909 zu erhöhen, aber doch ihm anscheinend kleine Beschränkungen in anderen Positionen auferlegten. So sind für die Ausgaben zur Unter haltung und Ergänzung der Inventarien sowie Beschaffung von Betriebsmaterialien (Kohlen und Koks) für das Jahr 1909 insgesamt rd. 11/2 Mill. Mark weniger vorgesehen als für das Jahr 1908; für Unterhaltung, Er neuerung und Ergänzung der baulichen Anlagen sind 14 753 000 36 weniger eingesetzt. Für Unterhaltung, Erneuerung und Ergänzung der Fahrzeuge und der maschinellen Anlagen sieht der Etat für 1909 allerdings eine kleine Er höhung um etwa 1 Mill. Mark vor. Erfreulich ist die Tatsache, daß, mit Ausnahme der Schienen usw., für die der geringe Mehransatz wahrscheinlich in der Hauptsache auf den vor teilhaften Vertrag mit dem Stahlwerksverband zurückzuführen ist, die Positionen für Loko motiven und Personenwagen noch kleine Er höhungen erfahren haben. Nicht recht ver ständlich erscheint uns der Minderansatz von 1 300 000für die Beschaffung von Gepäck- und Güterwagen, vor allem, da der im Berichts jahre abgeschlossene Staatswagenverband in seinen finanziellen Wirkungen nach den eigenen Ausführungen des Ministers noch nicht berück sichtigt werden konnte. Wir können uns der Meinung nicht verschließen, daß es, abgesehen von der Rücksicht der Eisenbahnverwaltung auf eine daniederliegende, beschäftigungslose In dustrie, doch auch das Bestreben einer ver ständigen und weitsichtigen Verwaltung sein muß, in Zeiten geringerer Anforderungen dafür zu sorgen, daß sie beim Wiederaufleben von Handel und Gewerbe möglichst großen An sprüchen genügen kann. Nach den letzten Er fahrungen beim Wagenmangel erscheint doch der Hinweis erforderlich, daß in Hinsicht auf die kommenden besseren Zeiten, die der Minister selbst 1910 erwartet, eine kluge Geschäftspolitik eine Vermehrung des Güter Wagenparkes gerade jetzt gebieten muß. Wie der erwähnte Staatswagenverband, dessen Abschluß im Interesse des Verkehrs wie der Eisenbahneinnahmen fraglos begrüßt werden muß, sich bewähren wird, steht ja noch dahin. Die Leitung liegt in Händen Preußens; auch scheint die nötige Handhabe gegeben zu sein, widerspen stige Verwaltungen zur Erfüllung ihrer Pflichten in bezug auf Anschaffung von Wagen usw. zu zwin gen. Angestrebt werden muß ein freierer Wagen verkehr mit den Nachbarverwaltungen, besonders nach den Seehäfen Belgiens und Hollands.