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570 Stahl und Eisen. Wirtschaftliche Rundschau. 29. Jahrg. Nr. 15. verstärkten Zurückhaltung der Verbraucher zum Aus druck. Demgemäß ging auch die Beschäftigung der Werke weiter zurück und verursachte erneute Preis rückgänge. Auch der zwischenzeitlich noch um 1/2 °/o herabgesetzte Reichsbankdiskont, der die günstige Lage des Geldmarktes kennzeichnete, vermochte zur Belebung des industriellen Marktes und zur Anregung der Unter nehmungslust im Baugewerbe nicht beizutragen. Der gesamte Montanmarkt verharrte deshalb in einer sehr gedrückten Stimmung. Unter diesen Umständen war eine Einschränkung der Betriebe, die Einlegung von Feierschichten und die Entlassung von Arbeitern in fast sämtlichen Zweigen der Industrie unvermeidlich. Kohlen. Die Aufnahmefähigkeit des Kohlen marktes war im verflossenen Vierteljahre beträchtlich geringer als in der vorangegangenen Zeit. Zwar wirkte das Frostwetter im Januar und Februar auf den Absatz von Hausbrandkohlen günstig ein, so daß die glatte Unterbringung der Mittelsorten möglich war; dagegen blieb der Absatz von Industriekohlen unzureichend, wie auch der Verbrauch von Grob kohlen viel zu wünschen übrig ließ, da die Staatsbahn in folge stärkeren Verkehrsrückganges ihre Bezüge an Be triebskohlen einschränkte. Der Umstand, daß die Schiff fahrt erst am 22. März, also ungewöhnlich spät, eröffnet wurde, verzögerte auch die Verladung der ungesiebten Kohlen, welche deshalb in großen Mengen gestürzt werden mußten. Unter diesen Verhältnissen waren die Zechen genötigt, die Förderung einzuschränken, um einem dringenden Angebot und einer damit verbundenen weiteren Ermäßigung der Preise beizeiten vorzubeugen. Stark fühlbar machte sich im Absatzbereiche der ober- schlesischen Gruben der Wettbewerb englischer Gas- und Industriekohlen, der für Frühjahrslieferungen mit erstaunlich billigen Preisen einsetzte. Die Ausfuhr nach Oesterreich bewegte sich trotz der politischen Wirren in normalen Grenzen, dagegen ging der Ab satz nach Ungarn, wo die Bahnen in ihren Transport verhältnissen vielfach versagten, zurück. Die Ausfuhr nach Rußland blieb gering. Die Kohlenvorräte, die am Schlüsse der Berichtszeit in Oberschlesien ver blieben, waren in Anbetracht der Fördereinschrän kungen nicht übermäßig hoch. Die Verladungen zur Hauptbahn betrugen: Im I. Vierteljahre 1909 .... 6013 730 t „ IV. „ 1908 .... 6417219 t »„ I. 1908 .... 6366960 t mithin war die Verladung des jetzt abgelaufenen Vierteljahres gegenüber den vorhergehenden drei Monaten um 6,29 °/o, gegenüber dem gleichen Zeit räume des Vorjahres um 5,54 0/o niedriger. Koks. Der Absatz für oberschlesischen Koks ließ während des letzten Vierteljahres sehr zu wün schen übrig. Infolge verschiedener Außerbetrieb setzungen von Hochöfen in Oberschlesien hat sich die Abforderung nicht unbeträchtlich verringert, und auch die polnische Hochofenindustrie, die früher zu den Hauptabnehmern für oberschlesischen Koks zählte, ist mit ihren Bezügen außerordentlich stark zurück gegangen. Unter diesen Umständen konnte der Be trieb nicht voll aufrecht erhalten werden, und auch mit der Ansammlung von Beständen mußte man be ginnen. Ein Ausgleich wurde nur einigermaßen da durch geschaffen, daß die Abnahme von Koks für Zentralheizungszwecke infolge der fortschreitenden Einbürgerung dieses Heizverfahrens sowie infolge des kalten Winters eine Verstärkung erfuhr. Die Preislage war für Koks aller Sorten schwächer, während die Preise für Kokskohle fast unver ändert in der Höhe, die sie bei der Hochkon junktur eingenommen haben, belassen wurden, in Zünder und Asche ließ der Absatz infolge der schwächeren Geschäftslage der Zinkindustrie gleich falls zu wünschen übrig. Erz. Das Erzgeschäft hat sich weiter ver schlechtert, da unzureichender Absatz die Hochofen werke zu Erzeugungseinschränkungen nötigte. Außer dem pflegen die Bezüge von ausländischen Erzen während der Zeit, wo die Schiffahrt geschlossen ist, zu ruhen. Die Bezüge von südrussischen Erzen blieben in der Be- richtszeit ungefähr die gleichen wie im Vorjahre. Roheisen. Der Roheisenmarkt war unver ändert ruhig, da die Abnehmer nur den dringendsten Bedarf eindeckten. Demzufolge war die Erzeugung nicht glatt abzusetzen; sie mußte vielmehr zum Teil gestapelt werden. Da die Verbraucher bei ihren Ab forderungen und der Erteilung neuer Aufträge, wie bereits erwähnt, eine große Zurückhaltung beobach teten, waren neue Verkäufe nur zu verlustbringenden Preisen möglich. Die Roheisenbestände in Ober- Schlesien sind indessen verhältnismäßig gering, weil die Werke rechtzeitig mit Betriebseinschränkungen vorgingen. Im Feuer standen 25 Oefen. Stabeisen. Ganz besonders ungünstig lag das Geschäft in Stabeisen, so daß selbst die beschränkte Erzeugung nur zu verlustbringenden Preisen abgesetzt werden konnte. Die geringe Aufnahmefähigkeit des Auslandsmarktes vermehrte immer mehr das Angebot im Inlande. Der Wettbewerb nahm deshalb einen derart großen Umfang an, daß die Preise noch auf einen tieferen Stand zurückgeworfen wurden, als im vorhergehenden Vierteljahre. Das Mißverhältnis zwi schen Erlösen und Gestehungskosten nahm von Tag zu Tag zu und vergrößerte die Verluste der Werke in einer bisher kaum dagewesenen Weise. Formeisen und Eisenbahnmaterial. In Formeisen trat eine Belebung des Absatzes ein, als der Düsseldorfer Stahlwerksverband den in unserem vorige« Berichte bereits erwähnten Rabatt für Winter bezüge einführte. Da dieser Rabatt aber an eine bestimmte Spezifikationsfrist gebunden war und von da an aufhörte, so ließ später auch in diesem Artikel der Spezifikationseingang ganz erheblich nach. Am Ende der Berichtszeit lagen deshalb bei den Werken für eine einigermaßen auskömmliche Beschäftigung nur völlig unzulängliche Arbeitsmengen vor. In Eisenbahnoberbaumaterial haben sich die Beschäfti- gungsverhältnisse gegenüber den vorhergehenden drei Monaten wenig geändert. Lediglich in Gruben schienen trat eine kleine Belebung des Absatzes ein durch die gewöhnlich im Frühjahr erfolgenden Jahres- ausschreibungen der Zechen. Grobbleche. Das Geschäft in Grobblechen im Berichtsvierteljahre war ebenfalls äußerst trostlos. Die erzielten Preise deckten durchweg nicht einmal die Selbstkosten, besonders nicht für Kesselbleche, und der Eingang an Aufträgen bezw. Spezifikationen reichte nicht zu einer vollen Beschäftigung aus, so daß ebenfalls mehrfach Feierschichten eingelegt werden mußten. Feinbleche. Wie in Grobblechen, so lag auch der Markt in Feinblechen im abgelaufenen Viertl- jahre sehr schwach. Die Beschäftigung war durchaus ungenügend, und die wenigen Aufträge, die überhaupt zu erreichen waren, konnten nur mit großen Preis opfern hereingenommen werden. Draht. Der Drahtmarkt stand in den ersten drei Monaten 1909 unter dem Einfluß der für das Inland geschlossenen Preisvereinbarurgen und einer ge wissen internationalen Fühlung der Hauptinteressenten für die Ausfuhr von Draht nach dem Weltmärkte. Dadurch schwand das bisherige Mißtrauen in den Preisstand, und die Abwickelung der vorliegenden Frühjahrsaufträge vollzog sich befriedigend. Weitere Aufträge zur Ergänzung der Lagervorräte wurden erteilt, ohne daß der durch die Preisverständigung bedungene sehr mäßige Aufschlag bei der Kundschaft nennenswerten Schwierigkeiten begegnete. Dadurch hatten die Drahtwerke in der Berichtszeit ausreichende