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1098 Stahl und Eisen. Vereins - Nachrichten. 26. Jahrg. Nr. 17. Auslände, die HH. Dr. R. W. Raymond und Professor Bauerman (London), begrüßte. Beide Herren hätten ihre erste Ausbildung auf einer deutschen Hochschule (Freiberg) genossen und stets lebhaftes Interesse für Deutschland und die technischen Fortschritte unseres Landes bekundet. Der Redner lenkte dann über auf den Deutschen Kaiser und den Präsidenten der Ver einigten Staaten von Nordamerika, unter deren Schutz die technische und die Verkehrsentwicklung der beiden Länder einen so bedeutenden Aufschwung genommen habe, und schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser und den Präsidenten Roosevelt, das von der Festgesellschaft mit lebhafter Zustimmung begrüßt wurde. Dr. R. W. Raymond gedachte sodann in humor voller Rede der Interessengemeinschaft und der ge meinsamen Ziele und Zwecke der deutschen und amerikanisch-englischen Ingenieure, wobei er unter anderm darauf hinwies, daß die Engländer und Ameri kaner auf technischem und wissenschaftlichem Gebiete unendlich viel von den Deutschen gelernt hätten. Das sei ihm noch vor kurzem während einer mehrere Wochen dauernden Besuchsreise durch England und Schottland klar geworden. Jahrhundertelang habe Deutschland den Samen der Wissenschaft ausgestreut, der dann in anderen Ländern aufgegangen sei. In herzlicher Weise feierte Dr. Raymond deutsches Wesen, deutsche Wissenschaft und deutsche Tüchtigkeit, mit Wärme sprach er von dem schönen deutschen Lande und ganz besonders auch von Hannover, seiner kräftig entwickelten Industrie, seinem regen Verkehr, seinen wackeren Männern und liebenswürdigen Frauen. An diese mit großem Beifall aufgenommene Rede schlossen sich an Gewerbe-Inspektor Dr. Rasch als Vertreter des Regierungspräsidenten, und Stadtsyndikus Eyl als Vertreter des Magistrats mit der offiziellen Be grüßung der amerikanischen Gäste, und im Namen des Vereins deutscher Ingenieure der Zivilingenieur Paul Schröter, Vorsitzender des Hannoverschen Lokalvereins deutscher Ingenieure. Professor Bauer ma n (London) ließ den Blick Zurückschweifen auf die Zeit vor 40 Jahren, als Karmarsch in Hannover gewirkt und gelehrt habe, würdigte den bedeutenden Aufschwung der Technik und die industrielle Ent wicklung im Deutschen Reiche und speziell die Ent wicklung der schönen Stadt Hannover, der er ein dreifaches Hoch brachte. Dr. Raymond nahm dann nochmals das Wort zu einem anregenden Vergleich deutscher und amerikanischer Bildung. Ferner toasteten noch Mr. Catlett (Washington) auf das Empfangs- komitee, auf das Wachsen und Gedeihen der großen deutschen Werke und auf die deutsche Arbeit, wobei er darauf hinwies, daß Deutsche und Amerikaner in der Arbeit wie in ihrem Heim ihre Freude fänden, Konsul White auf den um das Gelingen der Ver anstaltung so sehr verdienten Direktor Dr. Weiskopf, Mr. Hutchinson (New York) auf den hiesigen ameri kanischen Konsul White, der den Gästen ebenfalls das liebenswürdigste Entgegenkommen gezeigt habe, und Ingenieur Schmidt (Hannover) auf Dr. Raymond und die Gemeinsamkeit der Interessen der Industrien beider Länder. Auch während des anschließenden Balles blieb die Stimmung aller Teilnehmer eine sehr angeregte und fröhliche. Am Montag fand eine Besichtigung des Peiner Walzwerks und der Jlseder Hütte statt. Die Herren besichtigten das Walzwerk, das Martinwerk und die Thomashütte sehr eingehend und nahmen mit großem Interesse die Einzelheiten der Betriebe in Augenschein. Ganz besonderes Interesse bekundeten die Gäste für die großartigen Wohlfahrtseinrichtungen, die ausgedehnten Arbeiterkolonien, die Speiseanstalten, die Badeanstalt, das Operationszimmer usw. und äußerten wiederholt ihre Bewunderung über das Ge schaute. Um 121/2 Uhr brachte ein Sonderzug die Teilnehmer des Ausfluges nach Groß-Jlsede zur Be sichtigung des dortigen Hüttenwerkes. Hier wurden sie vom Direktor Gerhard Meyer empfangen. In den Räumen des Kasinos wurde den Gästen zunächst ein Mittagessen dargeboten. Während des Mahles er griffen mehrere Amerikaner das Wort, um ihrer An erkennung über das Gesehene sowie ihrem Dank über den liebenswürdigen Empfang Ausdruck zu geben. Auch des genialen Schöpfers der Werke, Geheimrat Meyer (Hannover), wurde in einer Tischrede gedacht. Nach dem sehr anregend verlaufenen Mahl besichtigten die Herren unter Führung des Direktors Crusius das Hüttenwerk und die Wohlfahrtseinrichtungen und darauf die Bültener Erzgruben, wo eine Einfahrt be werkstelligt wurde. Nach herzlichem Abschied brachte der Zug 4 Uhr 45 Minuten die Besucher wieder nach Peine, von wo 5 Uhr 21 Minuten die Rückfahrt nach Hannover erfolgte. Abends vereinigte die Mitglieder eine Festsitzung des Verbandes technisch-wissenschaftlcher Vereine im Hotel Kasten, wo die Gäste von den Vorsitzenden der Vereine auf das freundlichste begrüßt wurden. Sodann hielt Generaldirektor Graessner einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag „über die deutsche Kali - Industrie“ mit Lichtbildern, teils in englischer, teils in deutscher Sprache, welcher be sonders bei den amerikanischen Gästen großes Inter esse erweckte. Am Dienstag vormittag statteten die Teilnehmer unter Führung des Direktors Dr. Weiskopf den Alkaliwerken Ronnenberg einen Besuch ab. Die Gäste wurden in Ronnenberg von dem Ver waltungsrat empfangen und von dem Direktionsmit- gliede Hrn. Meyerstein mit einer Ansprache be grüßt. Mit großem Interesse besichtigten die Herren sämtliche neue Anlagen; der größte Teil der Ameri kaner ließ es sich nicht nehmen, in den Schacht bis auf die 560 m-Sohle zu fahren und sich dort unten die Förderung anzusehen. Nach der Besichtigung wurde den Gästen von der Werks Verwaltung ein kalter Im biß zum Frühstück geboten. Nachmittags waren die Amerikaner beim Generalkonsul Jay White zum Tee geladen; daran anschließend fand eine Besichtigung der hiesigen Technischen Hochschule statt. Am Abend hatte der Magistrat der Königlichen Haupt- und Re sidenzstadt Hannover die amerikanischen Gäste und eine große Anzahl dortiger Herren mit ihren Damen zu einem von der Stadt Hannover gegebenen Be grüßungsabend im Tiergarten eingeladen. Stadtsyn- dikus Eyl und Stadtbaurat Dr. Wolff gaben der Freude Ausdruck, die Vertreter so hochangesehener Vereine hier versammelt zu sehen; gewiß würden sie alle von dem Besuche in Hannover den Eindruck mit fort nehmen, daß sie hier gern gesehen seien, auch werde es ihnen bei der Besichtigung hervorragender in dustrieller Werke an wertvoller Anregung nicht ge fehlt haben. Mr. Hutchinson, New York, bestätigte dies und wies vornehmlich darauf hin, daß die Mit glieder des American Institute of Mining Engineers in Deutschland mit besonderem Interesse einmal von der in - Amerika in solchem Umfange noch nicht be kannten Ausnutzung aller industriellen Abfallprodukte und weiter von der lobenswerten Einführung der „offenen Tür“ Kenntnis genommen hätten, d. h. von der in entgegenkommendster Weise gewährten Erlaubnis, bedeutende Werke besichtigen zu können. Der Besuch in Hannover fand seinen Abschluß in einem schönen Ausflug nach der alten Residenz stadt Goslar. Am Bahnhof vom Bürgermeister und Magistrat sowie von den Vertretern der Bergbehörden empfangen, besuchten die Gäste unter sachkundiger Führung zuerst Rathaus, Brusttuch, Kaiserhaus und Domkapelle, deren reiche historische -Schätze die Be wunderung der Besucher erregte, welche auch für die zahlreichen alten Gebäude der Stadt, deren Eigenart