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Dampfkessel-Ueberwachungsvereine und Kesselblech. I er Bergische Dampfkessel-Ueber- — wachungs-Verein in Barmen gibt soeben seinen 33. Geschäftsbericht heraus, wel cher in seinen technischen Berichten einen Ar tikel über Kesselbleche enthält. Oberingenieur Vogt, der Verfasser des Artikels, steht schon etwa 30 Jahre im Revisionsdienste der Dampf kessel und ist in interessierten Kreisen durch Wort und Schrift eine bekannte Person ge worden. Die vorliegende Arbeit, die sich mit dem von den Walzwerken erzeugten Baustoff beschäftigt, benutzt die Erfahrungen der letzten 30 Jahre der Kessel-Ueberwachungs-Vereine. Diese Erfahrungen decken sich vollkommen mit dem, was die Vertreter der Walzwerke im Kampf um die Würzburger Normen* stets ins Feld geführt haben. Wir lassen den Artikel unver kürzt folgen: „Zur Zeit der Gründung unseres Vereins, An fang der 70er Jahre, kannte man im Dampfkessel bau nur Bleche aus Schweißeisen; ein Versuch, Stahlbleche zur Herstellung von Dampfkesseln zu verwenden, hatte keinen Erfolg gehabt. Die Zeiten haben sich aber geändert und mit ihnen auch die Kesselbleche. Heute sind wohl nicht nur bei uns, sondern auch in allen anderen Be zirken Kesselbleche aus Schweißeisen nicht mehr zu haben. Dieses vollständige Verdrängen des mit vollem Recht in so gutem Rufe stehenden Schweißeisens ist nicht ohne langen Kampf gegen den Eindringling, das Flußeisen, vor sich ge gangen ; unser Bezirk hat wohl mit am längsten von allen anderen treu zur Fahne des Schweiß eisens gehalten, weil wir mit diesem Material ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht hatten, die allerdings mit der rapiden Zunahme der Ver wendung des Flußeisens im Kesselbau derart nachließen, daß auch wir genötigt waren, zu kapitulieren. Gewiß, das Schweißeisen war nicht fehlerfrei gewesen, aber das neue Material, das Flußeisen, war in seinen Jugendjahren der beste Bruder auch nicht, im Gegenteil, es zeigte große Neigung zur Bildung von Rissen, deren Auf treten nach den mit dem Schweißeisen gemachten Erfahrungen unerklärlich war, so daß man diesen Mangel an Zähigkeit des neuen Materials als eine ihm eigentümliche Eigenschaft auffaßte, deren vollständige oder nahezu vollständige Be seitigung man von der Vervollkommnung seines Herstellungsprozesses in der Zukunft erhoffte. Wenn trotz dieser nicht gerade empfehlenswerten Eigenschaft des Flußeisens das Schweißeisen * Siehe „Stahl und Eisen“ 1905 Nr. 19 8. 1130, 1906 Nr. 3 S. 129, Nr. 5 S. 275; Nr. 6 S. 347; Nr. 7 8. 403. doch vollständig verdrängt werden konnte, so muß der Verdränger anderseits aber auch nicht unbedeutende Vorzüge vor dem Verdrängten auf zuweisen gehabt haben. Hierzu dürften in erster Linie seine höhere Festigkeit und Dehnung sowie seine größere Homogenität zu zählen sein, Eigen schaften, die in engstem Zusammenhänge mit seiner Herstellungsweise stehen. Diese unter scheidet sich von der des Schweißeisens dadurch, daß letzteres aus Roheisen durch den Frisch prozeß, wobei die einzelnen Eisenmoleküle zu sammenschweißen, in teigartigem Zustande, ersteres aus Roheisen und Abfällen von Schmied eisen durch einen Frisch- und Mischprozeß in vollständig flüssigem Zustande gewonnen wird. Es ist nun leicht erklärlich, daß zwei auf so verschiedene Arten hergestellte Körper nicht nur ein ganz verschiedenes Aussehen im Bruch und einen ganz andersartigen inneren Zusammen bau haben, sondern sich auch gleichen mecha nischen und thermischen Einwirkungen gegenüber ganz anders verhalten. Es ist hier nicht der Ort, näher darauf einzugehen, erwähnt sei nur, daß sicherlich manches Vorkommnis in den Jugend jahren des Flußeisens und auch heute noch ledig lich darauf zurückzuführen gewesen ist und noch ist, daß bei der weiteren Bearbeitung der aus diesem Material hergestellten Bleche keine Rück sicht auf die diesem Material eigentümlichen Eigenschaften genommen worden ist und noch wird, vielmehr genau so verfahren wird, wie früher beim Schweißeisen mit s.einen ganz an deren Eigenschaften. Jedes Metall hat aber das Recht zu verlangen, bei seiner weiteren Be arbeitung so behandelt zu werden, wie seine Eigenschaften es verlangen; dieses Recht hat man dem Schweißeisen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zugestanden, und dieses Recht muß in gleicher Weise auch dem Fluß eisen zugestanden werden. Tut man dies auf dem Walzwerk, in der Kesselschmiede und an der Betriebsstätte des Kessels, so wird man bei der heute so genauen Kenntnis und sichern Be herrschung des Herstellungsprozesses des Fluß eisens wohl auch verschont bleiben von Ueber- raschungen durch Auftreten von Rissen und sonstigen Vorkommnissen an den Blechen, wenn man nicht in den andern Fehler verfällt, den man auch beim ersten Auftreten des Flußeisens gemacht hat, und harte Flußeisenbleche von möglichst hoher Festigkeit verwendet. Es muß im Auge behalten werden, daß jede weitere Be arbeitung, die das aus der Walze kommende Blech durchzumachen hat, bis der betriebsfertige Kessel hergestellt ist, vom Beschneiden der Bleche an bis zum Stemmen der Niete und Nähte nicht