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1. Juli 1906. Neuere. Gießereien Deutschlands. Stahl und Eisen. 813 Zwischenboden versehen und derart ausgebaut, daß unten Bureaus, Modellschuppen, Kleiderab lage und Waschraum für die Arbeiter, Lager, eine Durchfahrt und eine, Kantine untergebracht sind, während der obere Raum für häufig ge brauchte, Modelle als Niederlage dient. Gegen den Brauch sind hier die Kupolöfen an die beiden Stirnseiten der Schiffe ge legt, so daß zwei getrennte Ofenanlagen von drei und vier Oefen bestehen, zu welchen vier Krane Zutritt haben. Der Kranverteilung nach sind die Schiffe II und IV für den aller schwersten Guß bestimmt, denn sie verfügen über 45 und 40 t Hubkraft, während die Schiffe III und V über 30 t Hubkraft verfügen. In den Feldern I und VI sind nur Krane von je 5 t Tragkraft und im Felde VII ist kein Laufkran angeordnet. Es sind außerdem noch 2 Veloziped- krane und 16 Drehkrane angebracht. Für die schwersten Stücke stehen dem Betriebsleiter also vier Schiffe mit 2880 qm freiem Raum zur Ver fügung. Das flüssige Eisen wird den Kranen zum großen Teil durch von Hand bewegte Wagen zugeführt, welche auf zwei Gleisen in der Gießereisohle vor den Kupolöfen vorbeilaufen. Auf diesen Gleisen werden auch der Guß sowie die Modelle befördert, sie werden also stark in Anspruch genommen. Die Trockenkammern liegen alle an den Stirnwänden der Schiffe. Es sind Schlitz kammern, welche von den Kranen beschickt werden, sie brauchen also keine Wagen und keine Auslaufgleise. Ihrer Zahl nach sind es 20 Stück von insgesamt 900 qm Grundfläche, ihre Fläche beträgt nahezu 10 °/o der gesamten Grundfläche, obwohl die Verwaltung es als eine Eigenart dieser Gießerei bezeichnet, große Stücke in grünen Sand zu gießen. Die Kupolöfen haben 0,9 m Durchmesser und 5,4 m Höhe vom Fußboden aus, sie haben zwei Düsen und liefern bei 50 bis 60 cm Wasser säule Druck stündlich je 6,5 t flüssiges Eisen. Außer dieser Gießerei arbeitet in der Nähe noch eine Kleingießerei, wo auf einer Grundfläche von 5100 qm 280 Arbeiter jährlich gegen 5000 t kleinere Gußstücke, insbesondere Webstuhlguß, herstellen. Die Hilfswerkstätten: Putzerei, Sand aufbereitung, Schmiede und das Maschinenbaus, liegen zwischen der Groß- und der Kleingießerei. Neben der Großgießerei befindet sich ein ge räumiger Formkastenhof, welchen ein Bockkran von 15 t Tragkraft bei 8 in Spannweite be streicht. Die Gießereien mit ihrem Zubehör werden durch eine 350 Dampfmaschine mit elektrischer Kraft und mit Luft versorgt. Sie leisten mit 800 Arbeitern auf einer Gesamt fläche von 14 600 qm jährlich 15 000 t Guß, also rund f. d. Quadratmeter eine Tonne, und zwar fast gleichviel in der Grob- wie in der Kleingießerei. Die gesamten Anlagekosten betragen 1 800000 -16. Zu ihrer Verzinsung und Abschreibung müßte also jede Tonne Guß 12 6 betragen. Wir fügen noch die Gießerei der Ma schinenfabrik von Louis Soest & Co. in Reis holz bei Düsseldorf an, welche mit 2700 qm Grundfläche kleinere Verhältnisse auf weist. Sie ist für schweren Guß eingerichtet und von vornherein auf Vergrößerung zugeschnitten, wie die aus Abbildung 7 Tafel XV ersichtliche Anordnung zeigt. Einen interessanten Bau bildet die im März 1901 in Betrieb gesetzte Gießerei der Ma- schinenbaugesellschaftNürnberg* (Ab bildung 9 Tafel XVI), die von den hier be schriebenen Gießereien die größten Spannweiten besitzt. Diese Gießerei ist wie die der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann ins besondere mit dem Guß von Teilen zu Dampf maschinen beschäftigt. Der Bau besteht aus drei gleichen Schiffen von 111/2 m Höhe bis Dachunterkante, von denen das mittlere 20, die seitlichen je 15 m Spannweite bei 102 in Länge haben. Das Dach ist nahezu wagerecht und besteht aus Bimsbeton, welcher leicht ist und die Wärme schlecht leitet. Das Mittelschiff trägt in der Mitte ein durch laufendes Oberlicht und einige Queroberlichter, welche auch über die Seitenschiffe gehen, und die durch große Seitenfenster unterstützt werden. Im Mittelschiff laufen zwei Krane von 30 und 15 t, in einem Seitenschiffe zwei Krane zu je 15 und einer zu 10 t und im andern Seiten schiffe sechs Krane zu 3 t. Die Quertransporte werden auf Gleisen von Hand bewirkt. .Es wäre vielleicht vorteilhafter gewesen, das eine Seiten schiff zu teilen, die Krane in demselben würden dann leichter arbeiten und mehr leisten. Die Entfernung der Säulen beträgt 6 m, ein Maß, welches in vielen Gießereibauten an gewendet worden ist. Das Putzen des Gusses wird in der Gießerei selbst bewirkt. Dies dürfte wohl hauptsächlich deshalb geschehen, weil die Gießerei noch nicht von der Formerei voll ständig in Anspruch genommen war, als über sie berichtet wurde. Bei einer Grundfläche von 5100 qm soll die Gießerei jährlich 6500 t Guß in Stücken bis zu 45 t Einzelgewicht liefern, also 1,3 t auf das Quadratmeter, wozu sie ver möge ihrer Einrichtung sehr wohl imstande sein dürfte. Obwohl erst in „Stahl und Eisen“ 1904** beschrieben, muß doch die Gießerei von Gehr. Stork & Co. in Hengelo erwähnt werden, weil sie sehr vorteilhaft angelegt ist, auch ein gehende Zahlen über sie mitgeteilt worden sind. * Vergl. „Zeitschrift des Vereines deutscher In genieure“ 1903 S. 1253. ** Nr. 18 8. 1071 bis 1077, Nr. 19 8. 1130 bis 1137, Nr. 20 8. 1185 bis 1190.