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15. September 1906. Bücherschau. Explosion schlagender Wetter, Azetylenbeleuchtung, Generatorfeuerung, Gasglühlicht usw. Neu aufge nommen sind in der 4. Auflage die Spektren der Edelerden, von Radium, Quecksilber usw. und eine große Anzahl kristallographischer Abbildungen. Zu bemerken hätte der Referent nur, daß bei einer Neu auflage die Abbildungen des Aluminiumofens, des Karbidofens, vielleicht auch die des Martinofens, durch andere den wirklichen Verhältnissen der Technik mehr entsprechende ersetzt würden. Dasselbe gilt von der Bestimmung der Azetylenausbeute aus Karbid. Das Erdmannsche Lehrbuch ist nach Ansicht des Referenten für das Studium der anorganischen Che mie, zur Kenntnis des chemischen Tatsachenmaterials eins der besten seiner Art; es ist nicht nur für den Studenten geeignet, sondern wird auch von dem Praktiker mit Interesse durchgesehen werden. B. Neumann. Die Technik als Kulturmacht in sozialer und in geistiger Beziehung. Eine Studie von Ulrich Wendt. Berlin 1906, Georg Reimer. 6 geb.' 7 •6. Wer es dereinst einmal verstehen wird, die Technik in ihrer ganzen Bedeutung und in ihrem ganzen Wert zu erkennen, wie die Technik die Kultur der Menschen und des Landes beeinflußt, wie sie in sozialer, ethischer und geistiger Beziehung auf das ganze große Leben eingewirkt hat, wird zweifellos eine der bedeutendsten Arbeiten verfaßt haben. Bis heute ist ein solch allumfassendes Werk noch nicht erschienen, hingegen sind Abhandlungen, in denen die Technik in Beziehung zu Einzelgebieten gebracht wird, verschiedentlich auch schon in recht guten Dar stellungen verfaßt worden. Von etwas weitergehen den Gesichtspunkten, als bisher geschehen, die Be ziehungen der Technik zu behandeln, hat der Ver fasser des vorliegenden Werkes die Absicht, er will die Technik als die Kulturmacht in sozialer und in geistiger Beziehung schildern. So verlockend diese Aufgabe ist, so schwierig ist sie auch und erfordert erstmals sehr erhebliche Kenntnisse in technischen und wirt schaftlichen Dingen, dann aber auch ein umfassendes Verständnis für die kulturellen, ethischen, sozialen und künstlerischen Aufgaben der Zeit. Um diesen großangelegten Vorwurf zu bewältigen, muß die Be handlung eine großzügige und frei von Nebensäch lichem und Unwesentlichem und der Zusammenhang der einzelnen ineinander greifenden Faktoren muß klar, übersichtlich und überzeugend geschrieben sein. Als eigentlich selbstverständliche Bedingung muß ver langt werden, daß die zur Erörterung stehenden Grundbegriffe streng definiert und einwandfrei um grenzt werden. Der Verfasser der vorliegenden Schrift ist aber all diesen ebenerwähnten Voraussetzungen nicht ganz gerecht geworden; erstmals bringt er Begriffe wie Industrie und Technik, Kultur und Zivilisation, technische und mechanische Begriffe dermaßen durch einander, daß schon hierdurch die ganze Abhandlung außerordentlich leidet. Ein weiterer Nachteil, wodurch das Werk den Anspruch auf Bedeutung und Wert von vornherein einbüßt, liegt in der Weitschweifigkeit und Kleinschildnerei und liegt ferner darin, daß der Verfasser unendlich weit ausholt, um schließlich einen gar nicht einzusehenden Beweis zu erbringen. Als gänzlich verfehlt muß es aber angesehen werden, daß sein Endergebnis darauf hinausläuft, den Nachweis zu erbringen, daß der Untergang der früher an der Weltherrschaft mitbeteiligten Völker darin begründet ist, weil ebendiese Völker keine Technik besessen hätten; als Grund der hohen Sitte und Moral der gegenwärtig das Steuer führenden Länder gegenüber den Unsitten der Römer und Griechen gibt er an, daß bei den jetzt herrschenden Kulturländern die Technik zu einer noch nicht dagewesenen Blüte emporgestiegen sei. Dieser im Eifer für den Wert der Technik hingestellten Behauptung fehlt aber der Beweis, der nicht als erbracht angesehen werden kann. Der Trugschluß liegt vor allem darin, daß der Verfasser die jetzigen in hoher Entwicklung und Blüte stehenden Länder und Völker mit anderen aus einer Zeit in Vergleich bringt, in der diese abgewirt schaftet hatten, mit Völkern, die untergegangen waren, weil sie sich von den Vorteilen, die ihnen eine im Höhepunkte stehende Kultur bot, beherrschen ließen. Wenn dies der Verfasser in Betracht gezogen und bedacht hätte, wäre er allerdings zu andern Schlüssen und Ergebnissen gelangt. Es würde jedoch viel zu weit gehen und es müßte dabei auf die vielen, an andern Stellen gemachten Irrtümer eingegangen werden, um auf diese als Endresultat der vor liegenden Abhandlung sieh ergebenden Behauptungen einzugehen. Das Buch stellt eine mit vielen Worten dargelegte Meinung über die Beziehungen der Technik zu anderen Dingen dar, wie sie sich der Verfasser in seinem Kopfe zurechtgedacht hat. Er wird aber für seine Ansichten kaum Einen finden, der ihm hierin zustimmt. Die hier erörterten Dinge und ihr Zu sammenhang untereinander liegen jedenfalls ganz anders. E. Werner. La Cour, Paul, und Appel, Jakob: Die Physik auf Grund ihrer geschichtlichen Ent wicklung für weitere Kreise in Wort und Bild dargestellt. Autorisierte Uebersetzung (aus dem Dänischen) von G. Siebert. Mit 799 Text abbildungen und 6 Tafeln. 2 Bände. Braun schweig 1905, Friedrich Vieweg & Sohn. 15.%, geb. 16,50.%. Die Absicht der Verfasser dieses Werkes gipfelt darin, wieder einmal „einem dringenden Bedürfnis“ abzuhelfen und den Grundstock zu einem Lehrbuche der Physik aufhistorischer Grundlage zu legen. Der Gedanke eines solchen Lehrganges ist gut und seine Verwirklichung an sich auch erstrebenswert, in dessen ist bei der heutigen Organisation unserer höheren Bildungsanstalten und den Anforderungen, welche an die Absolventen derselben gestellt werden, die Idee praktisch nicht durchführbar. Nichtsdesto weniger ist ein jedes Werk, das wie das vorliegende anhebt, von jedem Freunde und Beflissenen der physikalischen Wissenschaft sehr zu begrüßen, fehlt uns doch noch viel, ja eigentlich alles, was er schöpfend die Materie umfaßt. Das Buch von La Cour und Appel, das keine eigentliche Geschichte der Physik sein soll, sondern nur eine Physiklehre auf historischer Grundlage, geht aus von der Astronomie, also dem Teil der Wissenschaft, der schon hei den ältesten Kulturvölkern als am meisten entwickelt bekannt ist; sie ist zugleich auch der Teil, der am eingehendsten bereits historisch bearbeitet ist und daher auch hier einen breiten Platz findet. Dann folgt die Geschichte von der Entwicklung der Lichtlehre sowie Grund lehren von Kraft und Schall. Damit ist der I. Band des Werkes abgeschlossen. Der II. Band beginnt mit der Wärme und widmet besonders der Geschichte der Dampfmaschine eine ausgedehnte Darstellung; daran schließen sich Magnetismus, Elektrizität und Wetter an. Wesentlich Neues bietet sich in dem Buche nicht, abgesehen von kleineren Details, deren Hervorhebung auch deswegen sich hier erübrigt, weil sie — uns bisher nicht bekannt — auf ihre Bedeutung nicht geprüft werden konnten, da Quellenangaben von den Autoren nicht gemacht werden. Manche hübschen bildlichen Darstellungen finden sich zur Erläuterung des Textes, einzelne aber auch wieder sind durchaus nicht an-