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Die Entstehung der Schlacken in hüttenmännischen Prozessen; die Konstitution der Schlacken, ihre industrielle Verwertung.* M. H., der Vorstand unserer Gesellschaft hat an mich die freundliche Aufforderung gerichtet, bei Gelegenheit der heutigen Tagung der Deut schen Bunsen-Gesellschaft im Anschluß an die drei Vorträge der Tagesordnung, welche sich bereits mit dem Eisen beschäftigen, einen orien tierenden Vortrag zu übernehmen über das, was auf dem Gebiete der Schlackenbildung und -Ver wertung in neuerer Zeit beobachtet und geschaffen worden ist. Ich habe deshalb das Thema ge wählt: Die Entstehung der Schlacken in hütten männischen Prozessen; die Konstitution der Schlacken, ihre industrielle Verwertung. M. H., Schlacken entstehen als Nebenprodukte bei Metallgewinnungs- oder Raffinations - Pro zessen, die in Temperaturen durchgeführt werden, bei denen Schmelzflüssigkeit der reagierenden Substanzen besteht. Die Schlacke kann hierbei aus zwei verschiedenen Bildungsursachen ent stehen: 1. wenn die neben dem Metall oder aus dem Metall entstehenden Reaktionsprodukte nicht gasförmiger Natur sind, 2. wenn die ver wendeten Erze oder Brennstoffe Nebenbestand teile enthalten, die bei den betreffenden Pro zessen schmelzflüssig werden. Als Beispiel für die nach der unter 1 genannten Entstehungs ursache gebildeten Schlacken nenne ich aus Eisen gewinnungsprozessen : Puddelschlacke, Bessemer schlacke, Thomasschlacke und Martinofenschlacke, die beim Schrottprozeß fällt; ferner Schlacken, die gebildet werden bei der Ausscheidung von Metallen durch reduzierende Körper, deren Sauer stoff- oder Schwefel - Verbindungen nicht gas förmiger Natur sind, z. B. durch Eisen, Alu minium, Silizium usw. Hierher gehören: die Niederschlagsarbeit bei der Bleigewinnung, bei welcher Blei aus seiner Schwefelverbindung durch Eisen ausgeschieden wird, ferner die sämtlichen von Dr. Hans Goldschmidt entwickelten aluminothermischen Prozesse, bei welchen die verschiedensten Metalle durch Aluminium, im wesentlichen aus ihren Sauerstoffverbindungen ausgeschieden werden, unter Bildung von schmelz- flüssiger Tonerde als Schlacke. Als Beispiel zu 2 erwähne ich die Verschmelzung der Gang arten bei der Gewinnung von Metallen (Eisen, Kupfer, Blei usw.) in Hochofenbetrieben. Die Schlacken unter Nummer 1 bestehen überwiegend aus Metalloxyden, Sulfiden oder Phosphaten; die Schlacken unter 2 überwiegend * Vortrag, gehalten von Professor Mathesius- Charlottenburg auf der Hauptversammlung der Deut schen Bunsen-Gesellschaft am 13. Mai 1904 in Bonn. aus Silikaten, die frei sind von gewinnbaren Metallen. Alle Schlacken haben bestimmte Aufgaben in hüttenmännischen Prozessen zu erfüllen; sie | sind 1. Sammelkörper für alle nicht gasförmigen Nebenprodukte der Prozesse, 2. Hilfsmittel für die wunschgemäße Durchführung der chemischen Reaktionen. Ich gestatte mir, zu der unter 2 ge dachten Aufgabe einige Beispiele anzuführen. Wenn in Hochöfen Metalle erschmolzen wer den, so findet die Reduktion der Metalloxyde und das Schmelzen der Beschickung oberhalb derjenigen Zone des Ofens statt, in welcher die zur Verbrennung des Heizmaterials erforder liche Luft in den Ofen eingeblasen wird. Die geschmolzenen Massen tropfen durch die Ver brennungszone hindurch in den tiefer gelegenen Sammelraum des Ofens, die einzelnen Metall tropfen durchfallen hierbei eine Zone des Ofens, in welcher gleichzeitig eine sehr hohe Tempe ratur und eine oxydierende Atmosphäre vorhan den ist. Sie überziehen sich daher notwendiger weise mit einer Haut von Metalloxyden, die, wenn sie erhalten bliebe, die Qualität des Metalles wesentlich beeinträchtigen würde. Die Metall tropfen fallen nun aber nicht direkt in das im Herde des Ofens angesammelte Metallbad, son dern sie werden von der flüssigen Schlacke auf genommen, welche infolge ihres geringeren spezi fischen Gewichtes oberhalb des Metallbades sich abgeschieden hat, und werden beim Passieren dieses Schlackenbades gewaschen, d. h. von ihrer Oxydulhaut befreit, wie eine Seifenschicht von der menschlichen Hand sich ablöst, die in Wasser getaucht wird. Die von dem Schlacken- bade aufgenommenen Metalloxyde werden bei geeigneter Zusammensetzung der Schlacken so fort zu Metall reduziert durch den in der Schlacke schwimmenden, in geringem Grade auch in derselben löslichen Testierenden Kohlen stoff der Beschickung. In einem andern Sinne dienen die Schlacken als Hilfsmittel bei der Durchführung des Hoch ofenprozesses, indem sie als Temperaturregula toren wirksam sind. Es ist wesentlich die Lage des Schmelzpunktes der Schlacken, welche die Temperaturhöhe bestimmt, die bei allen Hoch ofenprozessen eingehalten wird, und von der Höhe dieser Temperatur hängt es hauptsächlich ab, ob beispielsweise beim Bleierzschmelzen nur Blei oder auch Eisen ausgeschieden wird, oder ob in einem Eisenhochofen weißes oder graues Eisen erblasen wird.