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Lenoirs gewürdigt und schließlich hervorgehoben, daß Otto durch sein Viertaktverfahren am erfolg reichsten in die Entwicklung der Gasmaschine ein gegriffen hat. Eiedler schilderte hierauf die Vorzüge der Viertaktmaschine und stellte derselben die Zwei taktmaschine mit ihren prinzipiellen und praktischen Nachteilen gegenüber. Nach seiner Meinung gehört die Zukunft der doppeltwirkenden Viertaktmaschine, während die Zweitaktmaschine nur ein höchst be schränktes Feld für ihre Vervollkommnung hat und wirtschaftlich tief unter der Viertaktmaschine steht, da sie 50 °/o mehr Gas für dieselbe Kraftleistung beansprucht. Die Größengrenze für die obengenannte Viertaktgasmaschine liege ebenso wie bei Dampf maschinen bei etwa 6000 P. S. Bedingung für die allgemeine Anwendung der Maschine sei die voll kommenste Kühlung der inneren und gangbaren Teile; ferner bedürfe man entweder eines billigen Abgases oder eines Kraftgases aus billigen und billigsten Brennstoffen. Dieses bedinge wiederum die Reinigung des Gases von Staub und flüssigen Teerbestandteilen. Dem Vortrag folgte eine Debatte, in welcher Fabrik besitzer Joh. Körting und Generaldirektor Dr. ing. v. Oechelhäuser das Wort ergriffen. Den letzten Vortrag hielt Ingenieur Preiß über die Landungs brücke bei Lome im Togogebiet. Deutsche Bunsen-Gesellschaft. Die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für angewandte physikalische Chemie hielt am 12. bis 15. Mai in Bonn ihre elfte Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende Abg. Dr. H. Böttinger er öffnete die Sitzungen und sprach seine Freude über die gastliche Aufnahme in den Räumen des Bonner Chemischen Instituts aus. Ihm erwiderte der Direktor des Chemischen Instituts Professor A n s c h ü t z. Er wies auf die zahlreichen Beziehungen hin, die zwischen den Mitgliedern der Bunsen-Gesellschaft und dem Chemischen Institut der Universität Bonn beständen, und erinnerte an die Zeiten, wo hier K e k u 16, Landolt und van t’Hoff tätig waren. Der Rektor der Universität Geheimrat v. Bezold, Oberbürger meister Spiritus und eine Reihe von Vertretern von Behörden und Korporationen hießen die Versamm lung gleichfalls willkommen. Dr. Böttinger erstattete sodann den Geschäftsbericht. Der Verein zählt 665 Mitglieder; er hat die Werke Bunsens neu drucken lassen, und das dreibändige Werk liegt jetzt vor. Die Gesellschaft ernannte Sir Henry Roscoe in London, Geheimrat Landolt in Berlin und Sir William Ramsay in London zu Ehrenmitgliedern. Für den Bau des Bunsen-Denkmals in Heidelberg sind jetzt 28000 gezeichnet. Die Reihe der Vorträge eröffnete Prof. Dr. Bakhuis- Roozeboom aus Amsterdam, der über die An wendung der Phasenlehre auf die Eisen- Kohlenstofflegierungen sprach. Ihm folgte Prof. H eyn - Charlottenburg mit seinem Vortrage über die Härtung des Stahls vom physikalisch chemischen Standpunkt aus betrachtet, auf welchen wir noch zurückkommen werden. Direktor Rath en au - Berlin zeigte m e talli s che s Kalzium in größeren Mengen vor; dasselbe läßt sich leicht durch elektrolytische Zersetzung von Kalziumsalzen bei niedriger Temperatur herstellen.* Dr. Wolf Mü 11 er-Mülhausen i. Els. sprach über die Passivität der Metalle. Wenn Eisen und Stahl als Anode in einer Lösung von Natriumnitrat oder anderen löslichen Nitraten be nutzt werden, so werden sie bekanntlich in kurzer * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1902 S. 1065. Zeit „passiv“, d. h. sie werden nicht mehr von den an der Anode abgeschiedenen Produkten Sauerstoff, Ozon usw. angegriffen, sondern sie verhalten sich wie eine Platinelektrode; der Sauerstoff wird wirkungslos entbunden. Der Vortragende erklärte diese Verhält nisse auf Grund der Elektronentheorie. Diese Tat sache der Passivierung des Eisens findet eine prak tische Verwendung. Nach den Mitteilungen von Prof. Chas. F. Burgeß auf der vierten Hauptversammlung der American Electrochemical Society läßt sich obige Erfahrung dazu verwerten, um Messing, Silber, Blei, Zinn, überhaupt alle Metalle, die elektronegativer sind als Eisen, von einer Eisen- oder Stahloberfläche zu entfernen. Das Verfahren wird bereits in mehreren Fahrradfabriken ausgeführt. Nur für Nickel ist das Verfahren nicht anwendbar. Dr. S ac k ur - Berlin berichtete über Untersuchun gen, die er im Auftrage von Geheimrat Paul, dem Direktor des Reichsgesundheitsamts, bei Zinn-Blei legierungen ausgeführt hat. Dr. Go 1 d s chm i dt-Essen sprach über den Ruthenburg-Prozeß. * Es ist dies ein neues elektrisches Verfahren zur Ge winnung von Eisen, das von dem Erfinder Ruthenburg in Amerika bisher nur in kleineren Versuchsanlagen angewendet wurde. Als Ausgangsmaterial dient ein Eisenerz, das hauptsächlich aus Eisenoxyduloxyd be steht. Das Erz wird zerkleinert, durch Anwendung des Magneten konzentriert und von erdigen Bestand teilen befreit. Da das Erzpulver im Hochofen nicht direkt verhüttet werden kann, hat man verschiedent lich versucht, dasselbe zu brikettieren; Ruthenburg benutzt folgendes Verfahren dazu: Zwei in entgegen gesetztem Sinne sich langsam drehende Walzen befinden sich in geringem Abstand voneinander. Zwischen beide in die Mitte fällt von oben das Erzpulver, bildet zwischen den Walzen eine Verbindungund wird durch den elek trischen Strom geschmolzen; es fällt dann in die darunter befindliche Grube. Die Reduktion des geschmolzenen Eisenerzes erfolgt durch reduzierende Gase, die man dem herunterfallenden Eisen entgegenführt. Die Reduktion ist vollkommen; für 1 tErz werden250KW.-Std. verwendet. Beigemischter Schwefel wird im Laufe der Operations- vorgänge entfernt, dagegen nicht der Phosphor. Es sprachen noch Prof. Dr. Tam mann-Göt tingen über Glasbildung und Entglasung und Prof. M atthesius- Charlottenburg über die Ent stehung der Schlacken in hüttenmänni schen Prozessen, die Konstitution der Schlacken und ihre industrielle Ver wertung. Der letztgenannte Vortrag wird in einer der nächsten Nummern zum Abdruck gelangen. Verein deutscher Chemiker. Die Hauptversammlung fand am 25. und 26. Mai in Mannheim statt. Am 25. wurden u. a. das Stahlwerk Mannheim und die Maschinenfabrik Brown, Boveri & Co. besichtigt. In letzterer hatten die Teilnehmer Gelegenheit, die für die Pariser Untergrundbahn und das Elektrizitätswerk Essen be stimmten 10 000 pferdigen Dampfturbinen, die größten je in Europa gebauten, in Arbeit zu sehen. In der Festsitzung am 26. dankte zunächst der Vereinsvor- sitzende Medizinalrat Dr. Merck-Darmstadt den Ehrengästen für ihr Erscheinen. Der Vertreter der Regierung, Staatsminister Dr. Schenkel, betonte das Interesse, welches die Regierung in allen ihren Ressorts an der Entwicklung der chemischen Industrie und an dem chemischen Hochschulunterricht nehme, und sprach die Hoffnung aus, daß es der Chemie auch * Vergl. Seite 784 in diesem und Seite 684 in vorigem Heft.