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eingegebener Rede. An der offenen Gruft sprach Abg. Schmieding im Namen der parlamentarischen Freunde ergreifende Worte, und Abg. Dr. Beumer rief ebendort dem Freunde namens der rheinisch-westfälischen Industrie nachfolgenden Abschiedsgruß zu: „Tief ist die Lücke, die dein Tod, teurer Freund, gerissen; tief nicht allein, sondern unausfüllbar. Mit der Familie und dem Bergbau trauert an deiner Gruft die gesamte rheinisch-westfälische Industrie, der du ein Vorbild warst in der Beurteilung der sie umgebenden Dinge und namentlich der sie betreffenden Gesetzgebung. Zu diesem Urteil befähigte dich dein umfassendes geschichtliches Wissen, auf Grund dessen du die Dinge nicht unter dem Gesichtswinkel des Augenblicks, sondern auf Grund des historischen Werdeganges betrachtetest. Insbesondere warst du uns ein Vorbild auf sozialpolitischem Gebiet, an das du mit kühlem Kopf, aber mit warmem Herzen herantratest. Hervorragend befähigte dich dazu deine Stellung als Lehrer, zu dessen Füßen Tausende und Abertausende arbeitender Männer saßen, deren Arbeit du zu schätzen wußtest, für die dein Herz aufs wärmste schlug, die von dir lernten, daß sich jeder auch noch so wünschenswerte Fortschritt nur vollziehen kann auf der Grundlage der staatlichen Ordnung und die von dir und an dir die Treue auch in kleinen Dingen erfuhren, ohne die nichts Großes vollendet werden kann. Und weiter warst du uns ein Vorbild in der Liebe zum Vaterlande , das du mit deinem treuen westfälischen Herzen umfaßtest und dem du dientest nach dem Vorbilde des großen Mannes, von dem, was sterblich an ihm war, im Sachsenwalde ruht und der von sich sagen konnte: patriae inserviendo consumor. Wie oft hast du uns hingewiesen in herrlichen und begeisternden Worten auf diesen Recken, dem wir die Einigung unseres Vaterlandes verdanken und dem nachzufolgen in der treuen Pflichterfüllung unsere höchste Aufgabe sei; auf den Recken, dem du selbst darin ähnlich warst, daß du aufrechten Hauptes und mit geradem Rücken durchs Leben gingst, nicht verlangend nach dem Lob und der Gunst von oben, dich nicht fürchtend vor dem Haß und der Verleumdung von unten. Und endlich warst du uns ein Vorbild in der humorvollen Auffassung des Lebens. Wie oft hast du uns an Jean Paul erinnert, der den Humor die lachende Träne genannt hat; wie oft hast du uns gemahnt, daß auch der tiefste Schmerz ver edelt und überwunden werden müsse durch die im Humor wurzelnde Philosophie des Lebens! Kopfhängerei und Muckertum hast du nie geliebt. Durch Gottes Welt bist du mit frohem Antlitz gewandelt, dich freuend auch der vielen Freunde, die das Geschick dir gegeben; und in dieser Freude und auf ihrem Grunde hast du all das Gute und Große vollbracht, was das Werk deines Lebens bildet. So werden wir von deiner Gruft mit dem Wort des Wandsbecker Boten scheiden: Ach, sie haben einen guten Mann begraben, doch uns — uns war er mehr. Schlaf in Frieden, treuer Freund! Glückauf! zur letzten Seilfahrt.“