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1. Juli 1904. Zur Geschichte des fiskalischen Eisenhüttenwerkes Malapane in O.-S. Stahl und Eisen. 757 Nach Abschluß des zweiten Schlesischen Krieges fehlte es ganz und gar an Geschossen und groben Geschützen. Um diesen Bedürfnissen zu genügen, wünschte Friedrich der Große zweck mäßige Anlagen zur Erzeugung und Verarbeitung von Eisen in Oberschlesien zu schaffen, da der Bezug von den bestehenden Hütten aus der Mark Brandenburg zu kostspielig war und zu lange Zeit in Anspruch nahm. Es war dem König bekannt geworden, daß in den Waldungen Ober schlesiens eine Menge von oberflächlich gelagerten Eisenerzen vorhanden war, welche an verschie denen Stellen seit uralten Zeiten in Rennfeuern auf eine sehr ursprüngliche Weise unmittelbar auf schmiedbares Eisen verarbeitet wurden, und zwar mit einer Methode, die noch jetzt als schlesische Rennarbeit bezeichnet wird und, obwohl sie längst in Europa erloschen war, in Nordamerika, wohin sie von schlesischen Ar beitern verpflanzt war, bis spät in das 19. Jahr hundert benutzt worden ist. — Niemand konnte besser über die Verhältnisse Auskunft geben als ein Forstbeamter, und einen solchen fand der König in dem damaligen Oberforstmeister Rehdanz. Ihn beauftragte er daher, einen geeigneten Punkt aufzusuchen, an welchem ein nach damaligen Begriffen großartiges Eisenwerk angelegt werden konnte. Es zeugt für den Scharfblick des großen Königs auch in technischen Dingen, daß er nicht die alte Methode des Rennfeuerbetriebs wählte, obwohl die Einrichtung dazu nötiger Feuer sehr billig geworden wäre, sondern die des mit Frischfeuern verknüpften Hochofen betriebs. Rehdanz schlug eine Stelle an dem Malapanefluß vor. Dieser Fluß, von dem das von Rehdanz an angegebener Stelle erbaute Werk seinen Namen erhalten hat, entspringt nahe dem Städtchen Woischnik in Oberschlesien und nimmt eine große Menge von Bächen und Gräben auf, um sich als ansehnlicher Fluß bei dem Dorfe Czarnowanz in die Oder zu ergießen. An diesem Strome lag eine Mühle zwischen den beiden Domänendörfern Krascheow und Schodnia. Sie hatte ein günstiges Gefälle, und da sie von fast unbegrenzten Wäldern umgeben war, welche nur wenige Menschen bewohnten, so konnte auch an Holz und daraus hergestellter Holzkohle kein Mangel sein. Raseneisenerze gab es ebenfalls in der Nähe, und auch Toneisensteine wurden bereits damals an einzelnen Stellen in nicht allzugroßer Entfernung gegraben und in den Rennfeuern verhüttet. Dieser Ort, drei Meilen von Oppeln gelegen, wurde daher auch als geeignet für die Errich tung des ersten Königlichen Eisenhüttenwerkes nicht nur in Oberschlesien, sondern überhaupt in der eroberten Provinz, gewählt. Der Bau begann im Jahre 1753 und erstreckte sich zuerst auf Ausführung von zwei Hochöfen, welche von einem gemeinsamen Rauhgemäuer umschlossen waren. 1754 kamen diese Hochöfen bereits in Betrieb, und gleichzeitig wurde auf der andern Seite des Wassers ein zur Verarbeitung des Roheisens zu schmiedbarem Eisen bestimmtes Frischfeuer angelegt und in Betrieb gebracht. Obwohl verhältnismäßig wenig genaue Nachrichten über jene ersten Zeiten des Hüttenwerkes be stehen, so ist doch über die Zeit seiner An legung kein Zweifel. Ein unter dem ersten Gießmeister Ludwig Webchowski ausgeführter Rammbär, der noch jetzt vorhanden ist, trägt die Jahreszahl 1755. Später allerdings begleitete den ganzen Lauf der Malapane von etwa 14 Meilen Länge eine fortlaufende Kette von Eisen hüttenwerken und einigen Mühlen; aber damals wurde das Gefälle nur spärlich benutzt. Der Strom war groß genug, um einen ununter brochenen Betrieb zu sichern, wenn freilich auch im Laufe der Jahre hin und wieder einmal durch übergroße Wasser- oder Eisstauungen Schwierig keiten entstanden. Schon um das Werk zu erbauen, hatte man von fernher Beamte und Handwerker heranziehen müssen; denn in der Umgegend gab es nur Waldarbeiter und einige Bauern. Viel größere Schwierigkeiten verursachte aber die Inbetrieb setzung des Werkes selbst, denn es fehlte dazu ganz und gar an sachverständigen Leuten. Man mußte daher eingeübte Arbeiter samt ihren Familien aus anderen Eisendistrikten herbeiführen, so z. B. aus der Mark Brandenburg, wo damals ein auf ähnliche Grundlagen sich stützender Hochofen- und Frischfeuerbetrieb blühte, aus dem Königreich Sachsen und aus dem Harze, namentlich aus dem letzteren, in welchem schon seit dem 16. Jahrhundert der Eisenhüttenbetrieb mit Hochofen und Frischfeuer in ziemlicher Voll kommenheit bestand. Freilich gelang dies nicht, ohne daß man den neuen Ansiedlern große Ver günstigungen zuteil werden ließ. Man gab ihnen u. a. (Erlaß Friedrichs des Großen, Potsdam, den 20. März 1775) Freiheit von aller Ein quartierung und von allen Abgaben und Diensten bei militärischen Vorgängen, und zwar zu ewigen Zeiten, so lange als sie Hüttenbedienstete waren und in Arbeit standen. Ferner gab man ihnen das Recht und die Freiheit, das was zu ihrer Notdurft und Speisung erforderlich war, aus anderen Orten kommen zu lassen, ohne daß irgend eine Beschränkung darüber vorlag, was bei dem herrschenden Merkantilsystem der Handelspolitik und der Abgeschlossenheit der Pro vinz Schlesien von großer Bedeutung war. Auch sollten sämtliche bei dem Werke angestellten Beamten und Arbeiter frei von militärischer Werbung bleiben. Ja, um ihnen den Aufenthalt erträglich zu machen, gab man ihnen das Recht, wenn sie nicht mehr in Oberschlesien bleiben wollten, ohne irgendwelche Abgaben wiederum in ihre Heimat zurückzukehren. Trotzdem mag