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1. April 1904. Gesichtspunkte beim Bau moderner Hochöfen. Stahl und Eisen. 391 Es ist klar, daß bei einem derartig be schleunigten Schmelzgange eine sehr ausgiebige Kühlung vorgesehen werden muß. Die Rast wird daher meistens mit einer großen Anzahl von Kühlkästen versehen, die der leichteren Be aufsichtigung wegen am besten offen sind. Hier und da werden auch noch einige Reihen Kühl kästen in dem unteren Teile des Schachtes an gebracht. Die Kühlwirkung solcher Kästen ist sehr energisch, und die Rast wird dadurch vor zu schneller Zerstörung, besonders in ihrem unteren Teile, wirksam geschützt. In Deutschland wird der Schacht jetzt durch weg mit kräftigen Stahlbändern armiert, wäh rend die Amerikaner noch immer an ihrem teueren Blechpanzer festhalten. Für Band armierung wird als Grund die bessere Luft kühlung und die leichte Zugänglichkeit des Schachtmauerwerks, welche im Notfall ein An bohren und Einstecken einer Notdüse gestattet, geltend gemacht. Dagegen macht der Blech panzer jede weitere Konstruktion zur Unter stützung der Gicht unnötig, und erlaubt auch manchmal, trotz der weit vorgeschrittenen Zer störung des Schachtmauerwerks, den Ofen durch Berieselung mit Wasser noch etwas länger zu betreiben. Die Vorteile eines beschleunigten Schmelz gangs liegen in der größeren Erzeugung f. d. Kubikmeter Ofeninhalt, was eine Verminderung der Selbstkosten bedeutet, aber auch, meiner Ansicht nach, in der geringeren Neigung zum Hängen aus den oben angeführten Gründen. Auch arbeitet man durchweg mit niedrigerem Kokssatze, als bei dem früheren langsamen Gange, was wohl mit der Verringerung der Re duktion von Kohlensäure durch Kohlenstoff, d. h. mit der zum großen Teil unnützen Ver gasung von Kohlenstoff zusammenhängt. Die etwas raschere Zerstörung des Gestells ist wohl gegenüber den anderen Vorteilen kaum von Be lang, wenn sie nur nicht zu längeren Betriebs störungen und im schlimmsten Falle zu gelegent lichen Durchbrüchen Veranlassung gibt; aber selbst in diesem Falle sind ja die Reparaturen meistens sehr schnell ausführbar, so daß im allgemeinen die Durchbrüche, wenigstens wirt schaftlich, nicht so üble Folgen haben wie das Hängen, das gewöhnlich längere Betriebsstörun gen verursacht. Für die Haltbarkeit des Mauerwerks kommt es ja nur auf die Gesamt erzeugung während der ganzen Hüttenreise an; es ist möglich, daß diese hinter derjenigen bei der früheren Betriebsweise nicht zurückstehen wird, eine sachgemäße Ausführung des Mauer werks vorausgesetzt, und wenn dies auch der Fall wäre, so werden doch die Vorteile dadurch nicht aufgewogen. Das eben Gesagte will ich durch ein Bei spiel erläutern. Ich kenne Hochöfen von etwa 425 cbm Inhalt, die bei normalem Gange täg lich ungefähr 120 t Thomasroheisen liefern, da gegen andere von etwa 435 cbm, also kaum größer, die mit einer entsprechenden Anzahl von Formen etwa 170 t täglich leisten, und die sicher nicht mehr Betriebsstörungen aufweisen als die ersteren; überdies ist die im zweiten Fall angegebene Zahl der ungefähre Mittelwert einer Monatsleistung unter Berücksichtigung der etwa vorgekommenen Störungen. Im zweiten Falle wird also billiger produziert als im ersten. Zum Schluß will ich noch die Frage der Gebläsemaschinen streifen. Bei Neuanlagen würde es sich heutzutage wohl nur noch um Gasmotorengebläse handeln, da sich dieselben nach mehrjähriger Erfahrung als genügend be triebssicher erwiesen haben, eine entsprechende Reserve vorausgesetzt. Der Vorteil des Gas motorenbetriebes gegenüber der Dampfmaschine ist in „Stahl und Eisen“ öfters auseinander gesetzt worden; ich will nur daran erinnern, daß für eine Stunden-Pferdestärke in der Dampf maschine etwa 12,5 cbm Gas unter Dampfkesseln verbrannt werden müssen, während der Gasmotor mit ungefähr 3,5 cbm auskommt, was eine ganz wesentliche Ersparnis bedeutet, trotz der einst weilen höheren Kosten für Schmierung und Wartung. Man hat doch nach und nach ge lernt, mit den Hochofengasen sparsam umzu gehen, seitdem man angefangen hat, sogar Trio straßen mit Gas zu betreiben. Will man es bei einer Neuanlage wagen, nur Gasgebläse vor zusehen, was man bei dem heutigen Stande der Gasmotorentechnik wohl darf, so dürfte es sich empfehlen, Zweitakt- oder gar doppeltwirkende Zweitaktmotoren zu wählen, sobald letztere ihre Proben im Betriebe bestanden haben, um im Falle von Störungen im Ofengange bei mäßig großem Schwungrad einen genügenden Spiel raum in der Tourenzahl und somit in der Druckspannung zu haben; der Oechelhäuser- Motor soll sich selbsttätig, ohne Zutun des Ma schinisten, innerhalb ziemlich weiter Grenzen auf eine dem jeweiligen Winddrucke, je nach dem Gegendruck des Ofens, entsprechende Tourenzahl einstellen. Überdies kann man, wenn nötig, bei erhöhtem Winddruck auch die Windmenge vergrößern, d. h. die Arbeitsleistung des Motors durch Weiteröffnen des Gasschiebers in ansehnlichem Maße erhöhen. Ist aber ein Reservedampfgebläse vorhanden, was bei be stehenden Anlagen allgemein der Fall ist, so kann dieses jederzeit, bei entsprechender Anord nung der Kaltwindleitungen, im Notfall an irgend einen der Hochöfen angehängt werden; die Gasgebläse blasen dann nur bei normalem Gange, und kann man in diesem Fall im Zweifel sein, welchem System der Vorzug zu geben ist, um so mehr als Viertaktmaschinen einen besseren Wirkungsgrad haben und eben-