Volltext Seite (XML)
72 Stahl und Eisen. Bericht über eine Studienreise nach den Vereinigten Staaten. 24. Jahrg. Nr. 2. einflussen. In den ersten Jahren der Gewinnung des Eisensteins an dem Oberen See hat man sich darauf beschränkt, vorwiegend nur den an Eisen ganz hochhaltigen Stein zu gewinnen und zu verbrauchen. Es war damals üblich, an den zur Verhüttung kom menden Stein den Anspruch zu erheben, daß er 62 bis 68 % Eisen haben müsse. In Deutschland verarbeiten wir Eisenstein von 25 bis 45 %. Die Eisensteine von geringerem Gehalt blieben infolge dieser Anforderung in den Gruben des nordamerikanischen Bergbaues und sind diese Massen wahrscheinlich auf immer ver loren. Da sich indessen weitere Ausdehnungen des Vorkommens von hochhaltigem Eisenstein nur in ganz beschränktem Maße zeigten, so wurde man bald bescheidener. In den letzten Jahren wurde die Forderung des Eisengehalts auf etwa 58 % zurück geschraubt, und in diesem Sommer begnügte man sich auf den Hütten der United States Steel Corporation schon mit 52 bis 54 %. Diese Prozentsätze werden heute dadurch erreicht, daß man den hochhaltigen Eisenstein von über 60 % mit dem geringwertigen bis zu 40 % herunter mischt, um den mittleren Anforderungen der Hütten zu entsprechen und eine möglichst große Menge des vorhandenen Eisensteins nutzbar machen zu können. Neben dem Eisengehalt ist für den Transport des Eisensteins der Wassergehalt von großer Bedeutung. Derselbe beträgt im Mesabi-Gebiet im Mittel 8 bis 10 %, steigt aber in einzelnen Fällen bis zu 15,5 %. Man hat wegen der hierdurch entstehenden Erhöhung der Transportkosten schon vorgeschlagen, den Eisenstein auf den Gruben künstlich zu trocknen.* Zurzeit und wahrscheinlich auch in der Zukunft ist die Förderung des mulmigen Braun eisensteins die bedeutendste. Der harte stückreiche Eisenstein wird in einer Art von Glockenmühlen in den Gruben so zerkleinert, daß keine Stücke über 150 mm mehr darin vorkommen. Die Gewinnung des Eisensteins erfolgt nach verschiedenen Systemen, je nach der Lage des Vorkommens selbst. Man kann im allgemeinen annehmen, daß etwa 50 % im Tagebau, 12 % im Tagebau kombiniert mit unterirdischem Betrieb, ähnlich wie die Braunkohlen im Kölner Revier, und 38 °/o im unterirdischen Betrieb gewonnen werden. Die Gründe, weshalb eine große Menge Eisen steine so billig aus der Grube herausgeschafft werden kann, liegen einerseits darin, daß die Ablagerungen sich sehr nahe an der Oberfläche befinden und mit einem verhältnismäßig geringen Ab raum gefördert werden können, anderseits darin, daß ganz vorzüg lich konstruierte und für diese Förderung geeignete mechanische Hilfsmittel Anwendung finden. Diejenigen Eisensteine, bei denen die Stärke der unbrauchbaren Decke über denselben der Stärke der Eisensteinschicht selbst gleich ist, werden heute im Gebiete der Mesabi-Ablagerung mit Tagebau und unter Anwendung der Steam Shovel, Dampfschaufel, gewonnen. Diese Dampfschaufel spielt nicht nur bei der Gewinnung des Eisensteins, sondern bei allen Massenbewegungen, wie Eisenbahn bauten, Wegebauten, Kanalbauten usw., eine so große Rolle in den Vereinigten Staaten, daß es notwendig ist, auf dieselbe noch ganz besonders zu verweisen. Die Dampfschaufel ist eingehend beschrieben in einem Aufsatz in der Zeitschrift „Glückauf“ Nr. 47, 1903, der aus der Feder eines Mitreisenden stammt und dessen Inhalt voll bestätigt werden kann. Die Konstruktion der Schaufel ist aus Abbildung 5 ersichtlich. Die volle Wirkung dieses Apparats wird natürlich nur dann erzielt, wenn der Eisenstein durch die Dampfschaufel von seinem Gewinnungsplatz unmittelbar in bereitstehende Eisenbahnwagen verladen werden kann. Wo * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 S. 1241.