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1402 Stahl und Eisen. Zuschriften an trag über das Studium der Eisenhüttenkunde ge halten, und in demselben die Vorzüge Berlins für dasselbe hervorgehoben und seine Bergakademie als besonders geeignet für den Ausbau dieses Unterrichtsfaches bezeichnet, was ich für durch aus selbstverständlich vom Standpunkte des Vor tragenden hielt. Ur. Professor Osann hat an der Diskussion teilgenommen, aber weder in der selben, noch später Gelegenheit genommen, für die Berechtigung der übrigen Hochschulen einzu treten. Aus der Denkschrift liest der Herr Einsender heraus, daß nur in Aachen eine Erweiterung und Neugestaltung des Unterrichts der Eisenhüttenleute eingeführt werden soll. Dieser Standpunkt ist jedoch nirgends betont, was Hr. Professor Osann auch aus dem Pasus ersehen kann, der folgen- 1 den Wortlaut hat und der Eingabe des Ver eins an die beteiligten Minister entnommen ist: „Um dieses Ziel ohne Aufwand allzu großer finanzieller Mittel zu erreichen, kann unseres Er achtens die Zahl der Stellen in Preußen, an wel chen Eisenhüttenleute wissenschaftlich vorbereitet werden können, eingeschränkt werden.“ Bei den Beratungen am 7. November in Berlin wurden Aachen und Breslau von den Vertretern unseres Vereins als solche Hochschulen bezeichnet, die für die fraglichen Neueinrichtungen in Betracht kommen, während bezüglich Berlins die Frage, an welcher der beiden Anstalten die Neuorgani sation durchgeführt werden soll, offen gelassen wurde. Bei der Frage der Lostrennung des Hütten wesens von der Chemie verwickelt sich Hr. Pro fessor Osann in Widersprüche. In bezug auf die Anzahl der Professoren für die Hüttenkunde ist ihm der Irrtum unterlaufen, daß er mir die Auf fassung zuschreibt, ich erachtete zwei ordentliche Professoren für 161 Stunden als genügend. Wie er aber aus der Denkschrift zu seinem Tröste ersehen will, daß das Kultusministerium nicht immer die als erwünscht anerkannten Geldmittel sofort zur Verfügung stellt, ist mir vollständig unverständlich. Daß ich an das Kultusministe rium mit solchen, nach Hrn. Osanns Auffassung für den fraglichen Zweck nicht in Betracht kom menden Forderungen herangetreten bin, beweist, welches Vertrauen ich in die Einsicht der Unter richtsverwaltung setze. Wenn dieselbe bisher dem Unterricht der Eisenhüttenleute nicht die jenige Pflege zukommen ließ, welche ein derart wichtiger Industriezweig erfordert, so lag die Schuld nach meiner Überzeugung sicher nicht an der Unterrichtsverwaltung, sondern an denjeni gen Organen der Technischen Hochschulen, denen die Förderung und Ausgestaltung dieses Unter richtszweiges anvertraut ist. Die Höhe der ge forderten Summe habe ich während eines Jahres aut Grund detaillierter Aufstellungen reiflich er wogen. Zu meinem großen Leidwesen bin ich die Redaktion. 23. Jahrg. Nr. 24. bei einer Nachprüfung zu der Einsicht ge kommen, daß meine Kostenvoranschläge, nament lich bezüglich der inneren Einrichtung des Ge bäudes, viel zu niedrig sind. Wenn Hr. Professor Osann über die Höhe der Summe anderer An sicht ist, so scheinen uns verschiedene Ziele vor zuschweben. Aachen, den 5. Dezember 1903. F. Wüst. ♦ * Wie weit die Osann sehen Auslegungen der Kundgebungen und Bestrebungen des Vereins deutscher Eisenhüttenleute von den klar aus gesprochenen Absichten ihrer Urheber abweichen, ist nicht meine Angelegenheit zu erörtern. Zu der meiner Ansicht nach augenblicklich im Vordergründe stehenden Frage jedoch: „Wo läßt sich mit dem geringsten Kostenaufwande und daher auch am schnellsten die für alle dazu geeigneten Hochschulen allgemein als notwendig erkannte Reform des gesamten metallurgischen Unterrichts in die Wirklichkeit umsetzen?“ muß ich trotz der dankbaren Erinnerung, welche ich der Bergakademie Clausthal seit meiner dortigen Studienzeit lebendig bewahre, doch auf die fol genden gerade für die heutige Reformbewegung höchst lehrreichen geschichtlichen Tatsachen hin weisen! Seitdem (etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts) in die Lehrpläne der damaligen Gewerbeakademien, Polytechnischen Schulen und nachherigen Technischen Hochschulen metall urgische Vorlesungen und Übungen Aufnahme gefunden haben, ist der Zug der Studierenden des Hüttenfaches, besonders des Eisenhütten faches, nach den Technischen Hochschulen ein stetig zunehmender gewesen. Heute bilden die Technischen Hochschulen Preußens mindestens doppelt so viele Hüttenleute aus wie die preußi schen Bergakademien, und unter ersteren hat die Technische Hochschule Aachen auch einen hohen Prozentsatz Studierender des Bergfaches an gezogen. Die Gründe für diese Einwanderung vorwiegend der Studierenden des Hüttenwesens auf die Technischen Hochschulen sollten auf merksamster Beachtung besonders heute gewür digt werden, wo die seit einigen Jahren zuerst auf der Technischen Hochschule zu Aachen, dann auch von dem Verein deutscher Eisenhüttenleute energisch betriebenen Bestrebungen zur Reform des metallurgischen Unterrichtswesens der Ver wirklichung entgegensehen. Die Gründe sind um so lehrreicher, als der Zug der Metallurgen nach den Technischen Hochschulen erfolgte, trotzdem auf den Bergakademien das Hüttenwesen selbst während der letzten 20 Jahre durch eine größere Zahl von Lehrkräften vertreten war, als an den Technischen Hochschulen. Auch die Bedeutung der an den Bergakademien tätigen Lehrer der Hüttenfächer stand denjenigen der an den Tech-