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1266 Stahl und Eisen. Zur Ausgestaltung des eisenhüttenmännischen Studiums in Aachen. 23. Jahrg. Nr. 22. Wintersemester liegen weitere Anmeldungen vor, es sind also nur etwa 15 Plätze für den regel- mäfsigen Betrieb verfügbar. Hüttenleute sind gegen wärtig 161 an der Aachener Hochschule, also pro Jahrgang etwa 40 Studierende; es müfsten, um den heutigen Bedürfnissen zu genügen, statt 15 Plätze 40 vorhanden sein, wobei eine Zunahme der Zahl der Studierenden, sowie der Zahl der mit selbständigen Arbeiten beschäftigten Prakti kanten nicht in Rechnung gezogen ist. Aufser- dem fehlt es gänzlich an Nebenräumen. Aus reichend allein für die gegenwärtigen Bedürfnisse ist der Hörsaal, doch ist für die Erweiterung ein zweiter Hörsaal unbedingt erforderlich. Ganz unzulänglich dagegen ist der Zeichensaal; der selbe ermöglicht die Aufstellung von 21 Arbeits plätzen, während die Übungen von der doppelten und dreifachen (50 bis 67) Anzahl Studierender besucht werden. Die Sammlungen sind, um einigermafsen erträgliche Zustände zu schaffen, zum Teil auf den Speicher gebracht worden, damit die Arbeitsplätze wenigstens nur doppelt belegt zu werden brauchen und die Übungen nicht öfter als zweimal in der Woche abgehalten werden müssen. Die hauptsächlich notwendige Erweite rung der konstruktiven Seite der Ausbildung der Hüttenleute kann ohne Schaffung neuer Räumlich keiten für Zeichensäle nicht vorgenommen werden. Die Sammlungsräume sind ebenfalls unzureichend, Räume zum Aufstellen von Modellen sind nicht vorhanden. Wenn die Erweiterungen des eisenhütten männischen Unterrichtes auch nur in dem be scheidensten Mafse an hiesiger Hochschule zur Durchführung gelangen sollen, so ist hierzu die Errichtung eines Neubaues unerläfslich. Die mafs- gebenden Mitglieder des Vereins deutscher Eisen hüttenleute haben sich bei den durch dieselben zum Teil mehrfach vorgenommenen Besichtigungen von dieser Notwendigkeit ebenfalls überzeugt, wie dies aus dem entsprechenden Passus in der Ein gabe genannten Vereins hervorgeht. Sie sind durch die Unzulänglichkeit der vorhandenen Räum lichkeiten veranlafst worden, die gewifs anzu erkennende Schenkung von 100000 4 dem Herrn Minister zur Errichtung eines neuen Gebäudes in Aussicht zu stellen. Ein Vergleich der auf den Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen entfallenden Grund fläche der für die Fachausbildung zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten würde ebenfalls zeigen, dafs die Grundfläche zum Teil doppelt, ja viermal so grofs bei andern Fachrichtungen ist, wie die jenige, welche für den Eisenhüttenmann bereit gestellt ist. Nach einem aufgestellten Bauprogramm hat der Kreisbauinspektor Hr. Baurat Lürig einen Vorentwurf ausgearbeitet. Der Vorentwurf sieht ein Hauptgebäude mit zwei Anbauten vor. Das Hauptgebäude besteht aus Untergeschofs, Erdgeschofs, 1. Stockwerk und ausgebautem Dachgeschofs; es umfafst eine be baute Grundfläche von 1012,48 qm. Die Neben gebäude bestehen je aus einem zu ebener Erde gelegenen, mit Sheddach versehenen Raum von je 187,92 qm bebauter Fläche. Die Zweckbestimmung der verschiedenen Räume ist folgendermafsen gedacht: 1. Die Nebengebäude. Das eine soll zur Aufnahme des Schmelzlaboratoriums, also zum Aufstellen kleiner Schacht-, Glüh-, Härte-, Muffel öfen usw. dienen. In diesen Ofen werden die verschiedensten Eisensorten hergestellt, deren Arbeitseigenschaften einer Prüfung unterworfen werden sollen. Die nötigen Giefsvorrichtungen, um zur Prüfung geeignete Probestäbe zu erhalten, sind ebenfalls hier aufzustellen, ebenso Vorrich tungen zur mechanischen Bearbeitung (kleiner Hammer), Schmiedefeuer usw. zur Prüfung auf Kalt-, Rot- und Faulbruch, auf Schmiedbarkeit und Schweifsbarkeit. Die Öfen dienen weiter zur Klarlegung des Schmelzvorganges und namentlich aber auch zur Feststellung des Wärmehaushaltes derselben. Hierüber an praktischen Beispielen Erfahrung zu sammeln, ist für den jungen Hüttenmann beson ders wichtig, da er hierdurch in den Stand ge setzt wird, die ökonomische Verwertung der Brennstoffe bei seinen Wärmeerzeugungsprozessen zu überwachen. Der Arbeitsgang bei einem kleinen Objekt ist im Prinzip derselbe wie bei einem Ofen der metallurgischen Praxis. Um diese Verhältnisse an einem praktischen Beispiele kennen zu lernen, dazu ist bisher in Aachen keine Gelegenheit vorhanden gewesen. Ich habe einige Zimmeröfen für die Vornahme derartiger Versuche eingerichtet, jedoch müssen die Studierenden Gelegenheit haben, an Öfen ver schiedener Systeme zu operieren, bei denen sich nicht nur die Versuchsbedingungen nach Erforder nis wählen lassen, sondern auch gröfsere Mannig faltigkeit im Betriebsvorgange hergestellt werden kann, was in obigem Fall nicht zutrifft. Das zweite Nebengebäude dient zur Aufstel lung der für die Prüfung der verschiedenen Festigkeitseigenschaften der Eisensorten notwen digen Maschinen. Die Studierenden werden hier gelehrt, Zerreifs-, Biege- und Schlagversuche usw. anzustellen, anderseits sollen die Einflüsse der chemischen Zusammensetzung, der mechanischen Bearbeitung, der Querschnittsform, der Temperatur, des Ausglühens, Härtens usw. auf die Festigkeits eigenschaften der verschiedenen Eisensorten er mittelt werden können. Auch dieses Gebiet blieb bei dem gegenwärtigen Studiengange dem Eisen hüttenmann an hiesiger Hochschule vollständig verschlossen. 2. Das Hauptgebäude. Dasselbe enthält im Untergeschofs die Betriebsmaschine zum An trieb der Festigkeitsprüfungsvorrichtungen, der Zerkleinerungsapparate, der Ventilatoren usw.