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wird. Aber selbst, wenn dieser seltene Fall zu treffen sollte, stehen ihm niemals Hilfskräfte zur Verfügung, welche mit diesen Spezialuntersuchungen vertraut sind, da eine solche Vertrautheit bei jüngeren Chemikern nicht vorhanden sein kann. Anderseits verfügt ein Laboratorium für anorga nische Chemie über die zur Untersuchung der Hüttenerzeugnisse erforderlichen Einrichtungen nicht. Wesentlich ist, dafs die Studierenden in einem solchen Speziallaboratorium Gelegenheit haben, kleinere metallurgisch-chemische Aufgaben selb ständig zu lösen, den Zusammenhang zwischen chemischer Zusammensetzung und den physi kalischen Arbeitseigenschaften festzustellen, und da durch einen besseren Einblick in diese verwickelten Verhältnisse bekommen, als wenn sie allein die chemische Zusammensetzung der Erzeugnisse des Eisenhüttenwesens bestimmen, ohne dafs sie ge lehrt werden, weitere Schlufsfolgerungen an die Analysenergebnisse zu knüpfen. Der reine Che miker kann den Studierenden des Eisenhütten faches solche Aufgaben metallurgischer Natur nicht stellen, sie liegen seinem Arbeitsgebiet zu fern, es fehlt ihm hier die Erfahrung der Praxis. Ebensowenig wird er in den meisten Fällen dem Studierenden Aufschlüsse über die Ergebnisse seiner Arbeit machen können, da er diese Materie nicht in dem für einen derartigen Unterricht er- spriefslichen Mafse beherrschen kann. An einigen Beispielen zeigt der Verfasser, dafs dagegen der eisenhüttenmännisch gebildete Laboratoriumsleiter die Ausführung der Analysen benutzen kann, um den Unterricht in der Eisen hüttenkunde mit Tatsachen zu erhärten, die der Studierende selbst festgestellt hat. Hierdurch wird nicht nur eine Vertiefung desselben erreicht, son dern es wird in dem Studierenden ein ganz anderes Interesse an chemischen Untersuchungen der Hüttenerzeugnisse hervorgerufen werden. Er wird mit viel mehr Lust und Liebe sich diesem etwas monotonen Gebiete widmen, als wenn er, wie bisher, die Zusammensetzung der verschie densten Materialien festzustellen gelehrt wird, ohne dafs er die hüttenmännischen Erläuterungen hinzu bekommt und Schlufsfolgerungen anstellen lernt. Es mufs hier wieder auf das Studium der Chemie hingewiesen werden. Der Chemiker vollendet seine Ausbildung ebenfalls nicht in einem theo retischen Laboratorium, er spezialisiert sich, nach dem er eine allgemeine Grundlage sich ange eignet hat. Der technische Chemiker, der Elektro chemiker, der organische Chemiker, der Nahrungs mittelchemiker, sie alle erhalten ihre Schlufsaus- bildung in der Chemie in einem den jeweiligen Anforderungen ihrer Spezialgebiete angepafsten, unter Leitung eines auf dem betreffenden Ge biete erfahrenen Professors stehenden Labora torium. In allen diesen Laboratorien werden die speziellen Untersuchungsmethoden gelehrt, ohne dafs der Vertreter der anorganischen und analy tischen Chemie Anspruch auf Zuweisung dieser Arbeitsgebiete erhebt. Auf Grund dieser für die Ausbildung der Chemiker schon längst als zweckmäfsig erkannten Methode der Arbeitsteilung kann der Hüttenmann mit vollem Rechte beanspruchen, dafs auf seine Ausbildung dieser an sämtlichen deutschen tech nischen Hochschulen mit Erfolg betätigte Grund satz der Spezialisierung, der möglichsten Anpassung der fachtechnischen Ausbildung an die durch die spätere praktische Tätigkeit bedingte Anforderung ebenfalls angewendet wird. An der Technischen Hochschule in Charlotten burg ist diese zweckmäfsige Teilung des Unter richtes der Hüttenleute schon längst durchgeführt. Dieselben arbeiten dort 4 Semester im anorga- nischenLaboratorium, sodann 2 Semester im Probier laboratorium und teilweise gleichzeitig 3 Semester im metallurgischen Laboratorium. Das Probier laboratorium, sowie das metallurgische Labora torium unterstehen nicht der Leitung eines Che mikers, sondern der des Vertreters der Hüttenkunde. Nach vollendetem 7. Semester kann die Mel dung zur Diplomhauptprüfung erfolgen und wäh rend des 8. Semesters die Diplomarbeit angefertigt werden, weshalb in das 8. Semester wenig Vor lesungen und Übungen gelegt wurden, um dem Studierenden Gelegenheit zu geben, gleichzeitig die noch erforderlichen Vorlesungen zu hören und mit Schlufs des 8. Semesters seine Studien abzuschliefsen. Zur Zulassung für die Diplomhauptprüfung ist die Vorlage der angefertigten Zeichnungen im eisenhüttenmännischen Konstruieren, Maschinen wesen und Hüttenmaschinenwesen erforderlich, ebenso die Vorlage der Laboratoriums-Journale und der Nachweis einer praktischen Tätigkeit als Arbeiter von mindestens 1 Jahr Dauer. Die schriftliche Arbeit erstreckt sich auf Bearbeitung eines Themas aus dem konstruktiven oder metall urgischen Gebiete des Eisenhüttenwesens, dessen Wahl dem Kandidaten nach Möglichkeit freistehen soll. Aufserdem hat derselbe die Begutachtung eines Hüttenerzeugnisses auf Grund einer von ihm angestellten vollständigen Untersuchung einzuliefern. Die mündliche Prüfung hätte sich auf folgende Fächer zu erstrecken: Eisenhüttenkunde und Eisen probierkunde, Metallhüttenkunde und Elektrometall urgie, Maschinenkunde und Elektrotechnik, Techno logie des Eisens. Untersucht man vorliegenden Entwurf eines Studienplanes für Eisenhültenleute, und vergleicht man denselben mit den s. Zt. vom „Verein deutscher Eisenhüttenleute“ aufgestellten Gesichtspunkten,* so wird man finden, dafs der Entwurf die Auffassung dieser mafsgebenden Kreise wiedergibt und der selben nur eine präzisere Form gegeben hat. Die Lehre der eigentlichen Hüttenkunde ist derart er- * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 Heft 15 S. 857.