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15. November 1903. Zur Ausgestaltung des eisenhüttenmännischen Studiums in Aachen. Stahl und Eisen. 1259 mechanischen Gebiete des Eisenhüttenwesens be trachten. Von dem Bau eines neuen Werkes bis zum Bau eines Martinofens, ja bis herunter zur Einrichtung einer einfachen Hebevorrichtung, überall harren Fragen der Lösung, die schöpferisches, selbständiges Arbeiten auf diesem Gebiete ver langen. Hier kann er neue Ideen in Hülle und Fülle betätigen, weil die mechanischen Grundlagen der Durchführung der Prozesse einem viel rasche ren Wechsel unterworfen sind als die chemisch metallurgischen. Ich will nur an die Einführung der Hydraulik im Hüttenbetrieb, sowie an die Aufnahme der elektrischen Kraftübertragung und des elektrischen Antriebs, an den Kampf dieses neuen Betriebsmittels mit der Hydraulik und mit der älteren Schwester, dem Dampfbetrieb, erinnern, sowie an das neueste Problem des Eisenhütten mannes, an die Verwendung der Hochofengase in Gasmotoren. Verwahren möchte ich mich ausdrück lich gegen die Auffassung, als ob der Hüttenmann derartige maschinellen Hilfsmittel selbst konstruieren soll. Dies ist seine Aufgabe nicht, hierzu wird er die Mitwirkung des Maschineningenieurs, die ihn allein in den Stand gesetzt hat, solche Er folge zu erzielen, niemals entbehren können. Allein über die Frage, welche Betriebsart im gegebenen Fall die zweckentsprechendste ist, ob elektrischer oder Dampfbetrieb, ob Dampf- oder Gasmotor, ob hydraulische Kraftübertragung oder elektrische, hat er das entscheidende Urteil zu sprechen. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Betriebsarten müssen ihm bis in ihre Einzelheiten vollständig geläufig sein, um die richtige Wahl entsprechend den Eigentümlichkeiten des jeweiligen Betriebs vorganges zu treffen. Aus obigen Ausführungen dürfte mit beweis kräftigen Gründen die Tatsache festgestellt sein, dafs bei der Ausbildung des Eisenhüttenmannes infolge der immer gröfseren Umfang annehmen den Massenproduktion und des dadurch verursachten Ersatzes der menschlichen Arbeit und der Ein führung maschineller Vorrichtungen ein gröfseres Gewicht auf die maschinentechnischen und bau technischen Kenntnisse gelegt werden mufs. Die Ausbildung des Eisenhüttenmannes mufs meines Erachtens nach folgenden Grundsätzen neu or ganisiert werden. 1. Ausdehnung des Unterrichts in der eigent lichen Eisenhüttenkunde, sowohl durch Vermehrung des chemisch - metallurgischen Zweiges als auch namentlich des konstruktiv-mechanischen Teiles derselben. 2. Beschränkung des chemischen Unterrichts auf diejenigen Vorlesungen und Übungen, welche zur Schaffung einer theoretisch chemischen und praktisch analytischen Grundlage erforderlich sind, dagegen Vertiefung in den auf physikalisch-che mischen Grundlagen beruhenden metallurgischen Unterrichtszweigen sowohl durch Vorlesungen wie Laboratoriumsarbeit. 3. Vermehrungdesmaschinentechnischen Unter richts unter strenger Anpassung desselben an die Bedürfnisse des Eisenhüttenmannes. Der Eisenhütteningenieur soll bei seiner Ausbil dung zuerst eine allgemein wissenschaftliche Grund lage erhalten, auf welcher sich dann die spezielle Fachwissenschaft aufbaut. Als Grenze zwischen beiden Teilen soll sich das Vorexamen einscbieben. Demnach würde sich ein Entwurf für einen Studienplan des Eisenhütteningenieurs* etwa fol- gendermafsen gestalten : 1. Jahr. Physik etwa 6 Stunden f. d. Semester, Experimentalchemie Winter 6, Sommer 4 St., Mathematik .... 6 St. Vortrag, 1 St. Übung., Mechanik 4 „ » 1 „ » Maschinenzeichnen . 1 » » 4 „ „ Hierzu kommt noch im Sommer darstellende Geometrie: 2 Stunden Vortrag und 2 Stunden Übungen, und analytische Chemie: 2 Stunden Vortrag. Es wären demgemäfs etwa 25 Stunden Vortrag mit 7 Stunden Übungen. Aufserdem ein Halbpraktikum im qualitativen chemischen Labo ratorium. Der gegenwärtige Studienplan in Aachen weist für das I. Semester 25 Stunden Vortrag und 6 Stunden Übungen auf, für das Sommersemester 34 Stunden Vortrag und 8 Stunden Übungen. Sämtliche Vorlesungen könnten gemeinsam mit den Studierenden anderer Fachrichtungen gehört werden. 2. Jahr. Wintersemester. Vortrag Übungen Maschinenelemente 2 4 Physikalische Chemie .... 2 — Mineralogie 5 2 Baukonstruktionslehre .... 3 4 Mechanische Wärmetheorie . . 2 — Zusammen 14 10 Aufserdem noch ein Ganzpraktikum im quan titativen chemischen Laboratorium. Sommersemester. Maschinenelemente 2 4 Allgemeine Hüttenkunde ... 2 — Physikalische Chemie .... 2 Physikalisches Praktikum ... — 2 Geologie 2 — Baukonstruktionslehre .... 2 4 Feuerungskunde ....... 2 — Zusammen 12 10 Dazu ein Ganzpraktikum im quantitativen chemischen Laboratorium. In das zweite Jahr sind absichtlich wenig Vorträge gelegt worden, damit den Studierenden Gelegenheit geboten ist, im anorganischen Labora torium sich analytische Kenntnisse und Fertigkeit * Der Entwurf des Studienplanes hat inzwischen die Genehmigung der zu diesem Zwecke eingesetzten Kommission und des Vorstandes des Vereins deutscher Eisenhüttenleute gefunden. Vergl. auch die „Vereins- Nachrichten“ in vorliegender Nr. Die Redaktion.