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1. Oktober 1903. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 1111 werden und, sofern die letzteren bestehen bleiben, in nächster Zeit noch weitere Erhöhungen erfahren dürften. In der letzten Generalversammlung berichtete Direk tor Kohlschütter über den von ihm als Vertreter des Vereins im Bezirkseisenbahnrat Hannover-Münster eingebrachten Antrag auf Einführung einer Versiche rung gegen Beschädigung von Eisengußwaren durch die Eisenbahn. Erfreulicherweise erkannte der Be zirkseisenbahnrat die Berechtigung dieser Wünsche an und genehmigte den Antrag in seiner Sitzung vom 8. Januar dieses Jahres in folgender Fassung: „Bei Eisengußwaren, die als Stückgut unverpackt oder un vollständig verpackt zur Beförderung gelangen, über nimmt die Eisenbahn auf Antrag des Versenders, unter Ausschluß der Beschränkung ihrer Haftpflicht nach § 77 Absatz 4 der Verkehrsordnung, die Versicherung gegen Beschädigung. Sie erhebt dafür einen Zuschlag, der 10 % der Fracht nicht übersteigen soll. — Im Falle einer Versicherung der Sendung kommt die § 58 der Verkehrsordnung geforderte Erklärung in Wegfall.“ Der technischen Seite der ihm gestellten Aufgaben hat der Verein im abgelaufenen Berichtsjahr erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Hütteningenieur Osann hielt in der vorjährigen Generalversammlung einen Vortrag über „Wichtige Fragen im Gießereibetrieb mit Berücksichtigung amerikanischer Einrichtungen“.* In der diesjährigen Versammlung hatte es Professor Wüst übernommen, eine Reihe für die Eisengießerei technik wichtiger Fragen zu behandeln.** Die Frage der Beschaffenheit des Gießereikokses und der an den selben für Lieferungen der Kokereien zu stellenden Anforderungen hat den Verein bereits seit langen Jahren beschäftigt. Um hierfür eine sichere wissen schaftliche Grundlage zu erlangen, sind Professor Dr. Wüst-Aachen Mittel des Vereins für Unter suchungen zur Verfügung gestellt, welche bezwecken, den Unterschied zwischen Gießereikoks und Hochofen koks festzulegen. Nachdem der Genannte sich zu nächst von Hochofenwerken Hochofenkoks verschafft und die Proben desselben in chemischer, physikalischer und metallurgischer Richtung untersucht hatte, war es erforderlich, dieselben mit den Ergebnissen von Gießerei koks gleicher Herkunft zu vergleichen. Die Mitglieder wurden daher unter dem 20. Mai d. J. durch das Sekretariat ersucht, zu diesem Zwecke Proben von Gießereikoks einer größeren Anzahl namhaft gemach ter Kokereien zur Verfügung zu stellen. Leider hat nur ein verschwindend kleiner Teil der Mitglieder dem im Rundschreiben ausgedrückten Wunsche entsprochen und es sind verhältnismäßig nur wenig Proben von Gießereikoks eingegangen, die von derselben Zeche her rühren wie die Hochofenkokssorten. — In der General versammlung zu Düsseldorf am 11. Juli v. J. war seitens der in der Dresdener Generalversammlung ein gesetzten Kommission ein Entwurf zu Vorschriften für die Lieferung von Gußeisen vorgelegt und durch ein gehenden Bericht von Geh. Bergrat Jüngst erläutert worden. Die Düsseldorfer Generalversammlung sah nach längerer Verhandlung zunächst von einer Beschluß fassung über den Entwurf der Kommission ab, forderte vielmehr die Vereinswerke auf, sich über die angereg ten Schlagproben zu informieren und die Resultate der anzustellenden Versuche der Kommission mitzuteilen, welche gebeten wurde, ihre Arbeiten unter Berück sichtigung des von den Vereinswerken eingehenden Materials fortzusetzen. Uber die von der Kommission entfaltete Tätigkeit stattete Geh. Bergrat Jüngst * „Stahl und Eisen“ 1902 Heft 17 S. 930. ** Die betr. Arbeiten werden sämtlich als „Mit teilungen aus dem Eisenhüttenmännischen Institut der König!. Technischen Hochschule zu Aachen“ in „Stahl und Eisen“ veröffentlicht werden. In vorliegendem Heft Seite 1072 ff. sind zwei davon bereits zum Abdruck gelangt. Die Red. einen Bericht ab, auf den wir noch zurückkommen werden. Im Anschluß hieran legte Direktor Reusch, Mülheim a. d. R., drei interessante graphische Dar stellungen über Biege- und Schlagversuche vor, welche er eingehend erläuterte. Die Vorträge der drei ge nannten Redner fanden lebhaften Beifall und ver anlaßten eine anregende Erörterung über die aufgeworfe nen Fragen. Auf Grund des mit der Direktion der Rhei nisch-Westfälischen Hüttenschule zu Duisburg ab geschlossenen Vertrages wurden in dem metallurgisch elektrolytischen Laboratorium derselben während des Berichtsjahres für Vereinsmitglieder 90 Untersuchungen ausgeführt, von denen 84 Roheisen, 3 schmiedbares Eisen und 3 Weißmetall betrafen. Aus den weiteren Verhandlungen des Vereins sei noch erwähnt, daß die Versammlung nach Besprechung der Marktlage folgende Resolution annahm: Die Jahres versammlung des Vereins deutscher Eisengießereien empfiehlt ihren Mitgliedern, in Anbetracht der aus reichenden Beschäftigung und der wiederholt gesteiger ten Preise für Roheisen die Gußwarenpreise entsprechend zu erhöhen, um das Mißverhältnis zwischen den Roh stoff- und Warenpreisen endlich zu beseitigen, zumal die Löhne seit der Zeit der Hochkonjunktur nicht gefallen sind. — Als Ort der nächsten Generalversamm lung wurde Hamburg bestimmt. Iron and Steel Institute. (Schluß von Seite 1057.) In den diesjährigen Verhandlungen des Instituts nimmt die Wärmebehandlung von Stahl einen breiten Raum ein. Von den auf die Tagesordnung gesetzten Vorträgen, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigten, waren die beiden ersten von J. E. Stead und A. W. Richards gemeinschaftlich verfaßt worden. Der Titel des ersten Vortrags lautete: Die Wiederherstellung von kristallinisch gewordenem Stahl durch Wärmebehandlung. Es wird darin ausgeführt, daß sich die durch Überhitzung grobkristallinisch gewordenen Stähle in drei Klassen einteilen lassen. Die erste Klasse um faßt sehr kohlenstoffarmen Stahl, welcher bei zu niedriger Temperatur einer lang andauernden Erhitzung in einer schwach oxydierenden Atmosphäre unterworfen wurde. Grobkristallinische Stähle der zweiten Klasse, welche sehr häufig vorkommen, entstehen durch lang andauerndes Erhitzen bei hohen Temperaturen. Zur dritten Klasse gehören diejenigen Stähle, welche man als tatsächlich verbrannt bezeichnen darf, d. h. solche, die bis nahe an ihren Schmelzpunkt erhitzt wurden, so daß eine Gasentwicklung im Innern derselben ein trat. Stählen der dritten Klasse kann man, obgleich sie durch Wärmebehandlung wesentlich verbessert werden können, die frühere gute Beschaffenheit nicht wieder erteilen; dagegen bietet es keine Schwierig keiten, grobkristallinische Stähle der ersten und zweiten Klasse durch geeignete Wärmebehandlung so wieder herzustellen, daß sie den bei normaler Temperatur be arbeiteten und fertig gemachten Stählen nicht nur gleichwertig, sondern sogar häufig überlegen sind. Während die Wiederherstellung von kohlenstoffarmem Stahl von Ridsdale, Heyn und Stead bereits be handelt wurde, beschäftigten sich die vorliegenden Untersuchungen mit mittelhartem Stahl, wie solcher für die Herstellung von Schienen, Radreifen, Achsen usw. verwendet wird. Die Hauptergebnisse der Unter suchung, deren Einzelheiten sich in der Quelle aus führlich zusammengestellt finden, sind von den Ver fassern in folgende Sätze zusammengefaßt, welche sie als erwiesen ansehen: 1. Die mikroskopische Untersuchung hat in allen Fällen gezeigt, daß die Erhitzung auf hohe Tempera-