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gearbeiteten Projektes durch Hrn. Regierungsbaumeister a. D. Holzapfel eingehend behandelt wurde. Hieran schloß sich ein Vortrag des Vorsitzenden über : Die wirtschaftliche Bedeutung der Lahn- kanalisation. Vortragender knüpfte, nach dem uns jetzt zu gegangenen Bericht,* zuerst an die auch an dieser Stelle auszüglich behandelte Denkschrift zur Begrün dung der Notwendigkeit und Berechtigung der Lahn kanalisation** an und führte dann etwa folgendes aus: „Als unumstößliche Vorbedingung für einen Lahn kanal hat die Forderung zu gelten, daß die Schiffe ohne Umladung „von dem Rhein auf die Lahn über gehen können. Uber die allgemeinen Verkehrsverhält- nisse im Lahngebiet ist kurz zu erwähnen, daß die wichtigsten Punkte des Kanals die Städte Wetzlar, Weilburg, Limburg, Diez, Nassau, Ems, Niederlahn stein mit zusammen etwa 60000 Einwohnern bilden. Im ganzen kommen für die kanalisierte Lahn etwa 200 Ortschaften mit etwa 200000 Einwohnern in Frage. Für den Verkehr auf dem Kanal spielen natürlich die Schwergüter, wie Erze, Kalkstein, Stein kohlen, Koks, Braunkohlen, Roheisen, Steine, Ton, Schweißeisen, Gußwaren, Zement usw. die Hauptrolle. Die Schwergütererzeugung im Lahntal und den Seiten tälern hat betragen: 1898 1899 1900 1 869 4001 2 077 7001 2 213 560 t Wert . . . 29270000 - 33478000 40930000 - Arbeiterzahl 14 792 15144 15 700 Der Güterverkehr auf den verschiedenen Eisen bahnlinien des Lahngebietes stellte sich im Jahre 1899 auf 1527163 t Empfang, 2121471t Versand, zu sammen 3648634 t. M. H.! Sie werden zugeben, daß diese Zahlen von Bedeutung sind. Das gleiche gilt von den in den Lahntälern noch lagernden ungehobenen Bodenschätzen, insbesondere an Erzen. Diese Erzlager bilden die Grundlage für die hochentwickelte, jahrhundertealte nassauische Hüttenindustrie, deren Erzeugnisse überall einen guten Namen haben. Ich darf hier daran er innern, daß es dem von den Lahnhütten zuerst er- blasenen Qualitätsgießereiroheisen gelang, die eng lischen und schottischen Marken, die in den deutschen Gießereien in den 80er Jahren des vorigen Jahr hunderts fast ausschließlich verwendet wurden, zu verdrängen. Heute ist der Verbrauch Deutschlands an ausländischem Qualitätsgießereiroheisen ein be schränkter. Wenn von der Berg- und Hüttenindustrie an der Lahn und Dill die Rede ist, kann man merk würdigerweise vielfach die Meinung hören, dieses Ge werbe sei nicht lebensfähig, weil das bessere Erzvor kommen schon abgebaut sei. Gegen diese unberech tigte Auffassung, welche auch von dem früheren Herrn Eisenbahnminister vertreten wurde, muß mit allem Nachdruck Front gemacht werden, und deshalb weise ich auch an dieser Stelle auf die Urteile von Sach verständigen hin, die ganz anderer Meinung sind. Be rufen zur Äußerung in dieser Frage ist der Berg- und hüttenmännische Verein für die Lahn-, Dill- und be nachbarten Reviere, der in einer Denkschrift aus dem Jahre 1888, gerichtet an den Herrn Oberpräsidenten j der Rheinprovinz, folgendes ausführte: »Schließlich glauben wir, Sie noch auf eine in letzter Zeit beliebte Kampfweise unserer Gegner auf- ! merksam machen zu sollen, welche darin besteht, daß unser Bergbau wegen angeblich abnehmender Leistungs * Ein ausführlicher Bericht ist soeben bei Ferdi nand Schnitzler Wwe. u. Kinder in Wetzlar erschienen. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1902 S. 278. fähigkeit der Gruben als im Niedergang begriffen und als einer besonderen Rücksichtnahme nicht mehr würdig hinzustellen versucht wird. Wir geben zu, daß sich die Ausdehnung unserer Lagerstätten mit derjenigen der Minette nicht messen kann, welche auf ein Förderquantum von über 400 Millionen Doppelwaggons berechnet worden ist. Die regelmäßige, fast horizontale Lagerung der Minette läßt eine solche Berechnung zu, während für die muldenförmigen, durch Verdrückungen und Klüfte viel fach gestörten Lagerstätten unserer in Betrieb stehen den Gruben eine Berechnung so leicht wie dort nicht aufgestellt werden kann. Um eine solche dennoch vorzunehmen, müßte überdies das Einverständnis aller Grubenbesitzer vorhanden sein, das von den am Bau des Moselkanals Interessierten, auf rheinisch-west fälischen Hütten domizilierten Besitzern zu dem beab sichtigten Zwecke nicht vorausgesetzt werden kann. Die glänzenden Aufschlüsse der letzten Jahre von noch nicht oder noch wenig bekannten Lagern be weisen aber, daß in den noch unverritzten Feldern, welche neun Zehntel des ganzen auf Eisenerze ver liehenen Zecheneigentnms ausmachen, noch ungeahnte Eisensteinmengen vorhanden sind, die in Verbindung mit den Erzen der in Betrieb stehenden Gruben die hiesigen und die rheinisch-westfälischen Hüttenwerke für lange Zeit zu befriedigen imstande sein werden. Wenn ein Bergbau durch die Konkurrenz ausländi scher Erze jahrelang hart bedrängt und manche unter irdische Lagerstätte durch Zubruchgehen von Strecken verschüttet worden ist, so läßt sich eine Steigerung der Förderung nicht plötzlich erzwingen; daß aber die Eisensteingewinnung aus unseren Gruben dem Bedarf zu folgen vermag, dafür spricht das Steigen der För derung, welche von 1032780 t in 1873 auf 583 839 t in 1876 gesunken war und auf die oben mitgeteilte Höhe von 978822 t in 1883 gebracht ist. Wir dürfen mit Sicherheit voraussagen, daß die Förderung schon in den nächsten Jahren die frühere Höhe wieder er reichen wird, wenn sich die Lebensbedingungen unseres Betriebs — die bestehende Fracht und Preis lage — nicht zu unserm Nachteil verändern werden. Wir dürfen weiter gehen und behaupten, daß die Leistungsfähigkeit unserer Gruben auch in den Jahren der stärksten Förderung bei weitem noch nicht er schöpft war, daß sie vielmehr, wenn die Königliche Regierung uns den bestehenden Frachtvorsprung direkt oder indirekt nicht wieder entzieht, eine weitere be deutende Steigerung erfahren wird.« Sodann verweise ich auf ein Gutachten aus neuerer Zeit, welches Hr. Geheimer Bergrat Riemann in Wetzlar, der den Lahnbergbau in seiner Eigenschaft als Revierbeamter seit über 40 Jahren kennt, auf Bitten der Kommission zur Förderung der Lahnkanali sation im September 1901 erstattet hat. Ich be schränke mich darauf, aus ihm folgende Stellen zu verlesen: »Wenn von vielen mit dem nassauischen Eisen erzbergbau vertrauten Bergbeamten die mit den vor liegenden Tatsachen in offenbarem Widerspruch stehende Ansicht immer noch festgehalten wird, daß die untere Grenze des Roteisensteinbergbaues der Lahngegend im allgemeinen mit den Sohlen der vorhandenen Täler zusammenfalle, so ist dieses nur so zu erklären, daß diese Beamten der irrigen Meinung sind, die Form der Erdoberfläche habe sich seit der Ablagerung der Devon formation in der Lahn- und Dillgegend nicht mehr wesentlich geändert. Daß diese Ansicht nicht richtig ist, geht aus den obigen Erörterungen über die Bildung der Basalte, Diabase und Porphyre in der genannten Gegend ganz unzweifelhaft hervor. Leider ist aber diese Ansicht für den Bergbau der Gegend recht verhängnisvoll geworden, indem sie die Ursache war, daß man sich zur Ausführung von Ver suchsarbeiten nach der Tiefe hin nur selten und schwer