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größeren Bedarf haben würden, daß die Bau tätigkeit eine ungemein rege sei, daß die Land wirte im Westen sehr gute Jahre gehabt hätten und nach Verkehrsmitteln und sonstigen Kultur bedürfnissen verlangten, daß die elektrischen Fernbahnen große Materialmengen in Anspruch nähmen, daß die Bevölkerung durch die starke Einwanderung von etwa 90 000 Personen mo natlich rasch zunähme usw. Aber man muß da bei im Auge behalten, daß zur Ausführung aller geplanten Unternehmungen Geld gehört, und da mit scheint es doch anzufangen zu hapern; man liest, daß selbst die großen Eisenbahn-Gesell schaften Schwierigkeiten in der Beschaffung des Geldes finden und hohe Zinsen dafür zahlen müssen. Verschärft sich diese Lage, dann wird sicherlich manche Unternehmung zurückgestellt werden müssen und dadurch der Verbrauch mit der bedeutend gesteigerten Erzeugung nicht Schritt halten können. Es erscheint mehr wie wahrscheinlich, daß dann der Krach im Effekten märkte sich in die Industrie weiter verpflanzt. Es mögen aber diejenigen recht haben, welche der Meinung sind, daß ein solcher Krach nicht die Wirkung wie vor zwei Jahren in Deutsch land haben wird, weil eine Vermehrung und Ver größerung der Fabriken nicht in gleichem Maße stattgefunden habe und weil vor allem dies nicht mit geborgtem Gelde geschehen sei, da man in Amerika für Fabrikbauten kein Geld leibt. Fabrikhypotheken sind in Amerika fast gar nicht unterzubringen. Manche wertvollen Aufschlüsse erhielten wir auf unserer Reise durch unsere Konsulatsbeamten ; dieselben haben es meist verstanden, sich eine angesehene Stellung in der amerikanischen Ge sellschaft zu verschaffen, und sind dadurch in der Lage und in angestrengter Arbeit bemüht, ausführliche Berichte über die Vorgänge auf wirtschaftlichem Gebiet an unser Auswärtiges Amt gelangen zu lassen. Als Industrieller muß ich es nun lebhaft bedauern, daß von diesen wertvollen Berichten nur ein so geringer Teil in den „Mitteilungen für Handel und Industrie“ den Interessenten zugänglich gemacht wird. Daß auch Nichtbefugte einmal davon profitieren könnten, scheint mir doch ein geringes Übel zu sein dem gegenüber, daß niemand daraus Nutzen ziehen kann. Die Befürchtung, daß durch die Bekanntgabe der Berichte die Berichterstattung selbst erschwert werden könnte, trifft jedenfalls für Amerika nicht zu. Die Freude an der Arbeit würde unseren tüchtigen Beamten draußen aber zweifellos mehr erhalten werden, wenn sie sehen, daß sie fruchtbringend Verwendung findet und nicht nur als schätzbares Material im Mini sterium aufbewahrt wird. Schlimm für unsere deutschen Interessen ist der Einfluß der amerikanischen Presse, welche fast durchweg deutschfeindlich ist, wir müssen den immer wieder ausgestreuten Verleumdungen auch immer wieder entgegentreten. Diese Stellung nahme der Presse ist um so bedauerlicher, als man bei dem einzelnen Amerikaner keinerlei Abneigung gegen das Deutschtum, vielfach aber eine sehr freundliche und anerkennende Be urteilung desselben findet. Der deutsche Kaiser genießt bei fast allen Amerikanern eine häufig an Bewunderung gren zende Verehrung. Der frühere amerikanische Gesandte in Berlin hat derselben kürzlich einen durchaus zutreffenden Ausdruck gegeben. Das Deutschtum könnte einen viel bedeutenderen Einfluß gewinnen, wenn es mehr zusammen hielte, es leidet auch in Amerika an dem Erbfehler, daß zwei Deutsche immer drei Mei nungen laben. Wie ich schon in der Einleitung erwähnte, war die Aufnahme des Herrn Ministers eine überaus herzliche, trotzdem er nicht in offizieller Form, sondern als Privatmann reiste; überall stellten sich die ersten Männer persönlich zur Verfügung und suchten unserer Reisegesellschaft den Besuch lehrreich und angenehm zu ge stalten; in erster Linie ist hier Hr. Perkins zu erwähnen, dessen freundliche Fürsorge uns auf der ganzen Reise begleitet hat, dann Hr. Dar lington in Philadelphia, welcher zum Beginn und zum Schluß der Reise Gastfreundschaft in einer glänzenden Weise übte, Hr. Francis und die Komitee vor stände der Ausstellung in St. Louis, Hr. McCormick und andere in Chicago, Hr. Marc Hanna und eine Anzahl der ersten Männer in Cleveland, desgleichen die erste Gesellschaft in Buffalo, in Baltimore und vor allem in New York. Großen Dank sind wir auch allen Werks-Direk toren schuldig, welche stets persönlich die Füh rung durch die Werke übernahmen und uns auf diese Weise oft Tage geopfert haben. In Washington hatte ich die Ehre, in Be gleitung des Ministers durch den Gesandten beim Präsidenten eingeführt und demselben vorgestellt zu werden. Die großartige Gastfreundschaft der Amerikaner fand ihre letzte und schönste Be tätigung in einem von Hrn. Perkins veranstalte ten Ausfluge auf dem Hudson am Tage vor unserer Abreise, an dem sich mehrere der ersten Geschäftsherren und der Polizeidirektor von New York beteiligten. Die Fahrt fand auf einem von der Regierung zur Verfügung gestellten Kanonenboot statt, das Ziel der herrlichen Fahrt war die Offizierschule in Westpoint. Nachdem wir unter 17 Salutschüssen zu Ehren des Herrn Ministers das Schiff verlassen hatten, wurden wir vom Gouverneur der Anstalt am Lande begrüßt und fuhren dann im Wagen, von Kavallerie eskortiert, den Berg hinan zur Anstalt. Hier hatten die Kadetten im Parade anzug Aufstellung genommen, die Musik auf dem rechten Flügel.