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kation und die hier gemachten Fortschritte zum Muster zu nehmen. Immerhin wird es Tätlich sein, versuchs weise vorzugehen. Über einen solchen Versuch ist auf der 18. Jahresversammlung des Bayrischen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern in München 1903 berichtet worden, welchem Bericht die folgenden An gaben entnommen sind. Diese Versuche sind von H. Reis und Dr. Schilling in München im Herbst 1901 angestellt. Ein außer Dienst.gestellter Achter- Ofen Münchener Systems wurde unter fast unveränderter Beibehaltung des Regenerationsunterbaues und des Ge nerators in seinem oberen Teile zu einem dreikamme rigen Ofen umgebaut. Die Sohle der Kammern ist unter einem Winkel von 35 0 geneigt, um eine selbst tätige Füllung und Entleerung zu ermöglichen. Um das Entleeren zu erleichtern, sind die Kammern nach der andern Seite zu konisch erweitert. Die Beheizung der Kammern geschieht nur an den Seitenwänden. Auf jeder Kammer steht ein mit Ventil versehenes Steigrohr. Diese Steigrohre münden in einegemeinschaft- liche Vorlage. Die andern Kammeröffnungen sind mit schmiedeisernen Türen verschlossen, die nach innen ein Schild besitzen, um die Kohlenfüllung nicht zu weit nach vorn gelangen zu lassen. Unterhalb der auf der hintern Seite liegenden Füllöffnung ist eine Tür angebracht, um nachhelfen zu können, wenn dies beim Entleeren erforderlich werden sollte. Der aus den Kammern kommende Koks gelangt über eine schiefe Ebene in eine Löschvorrichtung. Die Füllung jeder Kammer betrug im Anfang 1,6 t, später mußte sie auf 1,01 verringert werden, weil es zum Schutz der Kammer erforderlich wurde, eine zweite Decke einzuziehen. Der Heizmaterial verbrauch war bei der stärkeren Füllung kein höherer als beim Retortenbetrieb. Die Kammer wände waren aus gewöhnlichen feuerfesten Ziegeln hergestellt. Die anfangs undichten Fugen schlossen sich bald durch Graphitansätze. Die Gasausbeute wurde dann eine normale. Betriebsschwierigkeiten haben sich nicht ergeben. Es ist keine Deformation der Kammern eingetreten. Füllung und Entleerung vollzieht sich leicht. Die Gasausbeute aus der Kohle (Saarkohle) stellt sich f. d. Tonne auf 295 cbm. Die durchschnitt liche Leuchtkraft bei einem Stundenverbrauch von 150 1 betrug 9,08 Hefnerkerzen. Der Heizwert stellte sich auf 4700 Kalorien. Die mittlere Zusammensetzung des Gases stellt sich wie folgt. Zum Vergleich ist die mittlere Zusammensetzung des Retortengases daneben gestellt. Kammergas Retortengas Vol.-Proz. Vol.-Proz. Kohlensäure 2,4 2,3 Schwere Kohlenwasserstoffe . 2,5 4,5 Sauerstoff ......... 0,3 Kohlenoxyd 9,1 8,6 Wasserstoff 52,8 49,4 Methan 26,6 32,4 Stickstoff 5,6 2,8 99,3 100,0 Die Vorgänge während der Destillation zeigten mit dem Retortenbetrieb eine große Übereinstimmung, wobei in Betracht zu ziehen ist, daß der letztere in viel kürzerer Zeit verläuft. Die Gasentwicklung, die Leuchtkraft und die Heizkraft erreichten in der Kammer am Schluß der zweiten Stunde den höchsten Wert, um von da an in geringem Maße aber gleichmäßig abzunehmen. Von der 14. bis zur 19. Stunde (dem Ende der Entgasung) tritt eine rasche Abnahme ein. Als Resultat der Versuche ist demnach festgestellt, daß die Gasausbeute der Menge nach keine Einbuße erleidet. Die Leuchtkraft erleidet eine Einbuße von 8 bis 10 °/o und die Heizkraft eine solche von 6 °/o. Die letztere hofft man durch geeignete Mittel (Ein führung von Wasserdampf gegen Ende der Destillation) weiter heraufzusetzen. An Nebenerzeugnissen wurden ungefähr die gleichen Mengen wie beim Retortenbetrieb erhalten. Dagegen kommt in Betracht, daß der erhaltene Koks wesent lich besser, namentlich härter war als der Retorten koks. Er fiel in großen Stücken und kann als ein Mittelding zwischen Hütten- und Gaskoks bezeichnet werden. Als weiterer Vorteil kann angeführt werden, daß die Kohlen nicht so klein gebrochen zu werden brauchen, wie dies sonst bei schrägliegenden Retorten notwendig ist. Die großen Stücke brauchten nur auf Doppelfaustgröße zerkleinert zu werden. Als Haupt vorteil wurde aber festgestellt, daß eine Verminderung der Retortenarbeit auf den fünften Teil der bisherigen eintrat. Zum Schluß des Berichts wird mitgeteilt, daß ein definitives Urteil über das neue Verfahren wegen der kurzen Dauer des Probebetriebs und wegen des provisorischen Charakters der Anlage heute noch nicht gefällt werden könne, immerhin scheine das Verfahren praktisch zu sein und mit Erfolg anwendbar. Verfolgt man den Werdegang des heutigen Kokerei- betriehs, so muß auf den Zustand vor etwa 20 Jahren zurückgewiesen werden, wo die Gasindustrie der Koks industrie bei der Einführung der Gewinnung der Neben erzeugnisse als Lehrmeisterin gedient hat. Es scheint jetzt vielleicht umgekehrt der Zeitpunkt gekommen, wo die Gasindustrie von den Fortschritten der Koks herstellung in rationell eingerichteten Ofen lernen kann. Ein großer Unterschied dürfte allerdings immer be stehen bleiben, der darin besteht, daß die Gasfabriken wohl niemals das erzeugte Gas, sondern stets den er zeugten Koks als Wärmequelle für die Beheizung in Anspruch nehmen werden. A. („Journal für Gasbeleuchtung und Wasserver orgung“ Nr. 32 vom 8. August 1903.) Die Dampfkesselexplosionen im Deutschen Reich im Jahre 1902. Das dritte der vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebenen Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs, Jahrgang 1903, enthält die Zu sammenstellung der im verflossenen Jahr in Deutsch land vorgekommenen Dampfkesselexplosionen. Nicht berücksichtigt sind hierbei die Explosionen der Dampf kessel, welche sich in der Benutzung der Militär verwaltung oder der Verwaltung der Kriegsmarine befinden, sowie die Lokomotiven der Eisenbahnen. Für das Jahr 1902 handelt es sich um 17 Explo sionen (i. V. 17), denen als Nachtrag eine Explosion aus dem Jahre 1901 hinzugefügt ist. Die Zahl der verunglückten Personen betrug 24 (gegen 27 im Vor jahr), und zwar wurden 7 sofort getötet (bezw. starben binnen 48 Stunden), 7 schwer verwundet und 10 leicht verwundet. Der Konstruktion nach verteilten sich die 17 explodierten Kessel auf 9 verschiedene Systeme, von welchen das der liegenden Zweiflammrohrkessel 6 Fälle aufweist, während auf jedes der übrigen nur ein bis zwei Explosionen entfallen. Als Ursache der Explosion wurde in 6 Fällen Wassermangel, meist auch nachlässige Wartung, in 4 Fällen mangelhafte Konstruktion, zumeist auch minderwertiges Material oder örtliche Blechschwächung, in 3 Fällen Inbetrieb nahme ohne Genehmigung und Unwirksamkeit des Sicherheitsventils, in 2 Fällen Alter und örtliche Blech schwächung, in je einem Falle mangelhafte Ausführung bezw. Krempenbruch ermittelt. Das Kesselmaterial bestand in 15 der behandelten Fälle aus Eisenblech, in 2 Fällen aus Kupferblech. Die aus dem Jahre 1901 nachgetragene Explosion erfolgte in einem liegenden Walzenkessel mit einem Siederohr, und die Explosions ursache bildete örtliche Blechschwächung. Eingeschaltet ist in die Arbeit das Ergebnis der am 1. Januar 1899 vorgenommenen Dampfkesselzählung. Danach waren an diesem Tage im Deutschen Reich vorhanden: 103210 feststehende, 29 964 bewegliche