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1. Oktober 1903. Mitteilungen aus dem Eisenhüttenmännischen Institut usw. Stahl und Eisen. 1077 besitzt, kann natürlich auch einer plötzlichen Beanspruchung auf Durchbiegung nur wenig Widerstand entgegensetzen, jedoch kann ein Material mit hohem absolutem und relativem Festigkeitskoeffizienten unter Umständen sehr minderwertig bei Schlagversuchen sein. Bei den letztem ist die Wirkung des Phosphors sehr deutlich, wie dies Abbildung 6 zur Anschauung bringt. Während der Phosphorgehalt sich auf einer schmalen Zone nach abwärts bewegt, steigt die Schlagfestigkeit des Materials fast in gleichem Maße. Ausgenommen hiervon sind die wenigen, auf der Zeichnung eingeklammerten Sorten, welche aus andern, oben beschriebenen Gründen eine geringe Biegungsfestigkeit aufweisen, gegen Schlag also nicht wohl widerstandsfähig sein können. Gebundene Kohle scheint nur einen geringen Einfluß auszuüben; da anderseits bei Gegenwart von viel Phosphor keine erheblichen Mengen gebundener Kohle in den vorliegenden Proben vorhanden sind, so war die Wirkung von viel Phosphor neben reichlichen Mengen gebundenen Kohlenstoffs nicht festzustellen. Rechnet man aus derTabelle die Durchschnitts zahlen, so werden folgende Werte erhalten: Absolute Festigkeit 1961 kg/qem Relative „ 4081 „ Durchbiegung vor dem Bruch . 8,3 mm Fallhöhe des Hammers .... 8,6 „ Diejenigen Proben, welche bei sämtlichen mecha nischen Prüfungsverfahren mindestens Durch schnittsergebnisse aufweisen, können unbedingt als Qualitätsguß angesprochen werden. Es sind dies die Nummern 4, 5, 6, 9, 10, 14, 22, 25, 26 und 38, also nur 10 von 41 Proben. Die chemische Zusammensetzung schwankt innerhalb der im folgenden angegebenen Grenzen: Si - Gehalt von Mn- „ „ P- „ S- „ Ges.-C-Geh. „ Geb. C- „ „ Graphit- „ „ 0,92 °/o bis 0,56 „ „ 5,23 „ „ 0,078 „ „ 3,36 „ „ 0,63 „ „ 2,53 „ „ 2,13 »/o 1,21 „ 0,69 „ 0,123 „ 3,62 „ 0,87 „ 2,86 „ Vergleicht man diese Zahlen mit den Schwan kungen, welche die Zusammensetzung der Gesamt masse der Proben aufweist, so findet man, daß die Grenzzahlen bei Silizium, Mangan und Gesamt- Kohlenstoff keinen Unterschied zwischen hoch wertigem und gewöhnlichem Material aufweisen. Es scheinen demnach, soweit die vorliegenden immerhin nicht sehr umfangreichen Unterlagen gültige Schlüsse gestatten, diese Beimengungen innerhalb der obigen Grenzen von nicht sehr ein schneidendem Einfluß auf die Festigkeitseigen schaften des Gußeisens zu sein. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den übrigen Bestandteilen. Bezüglich des Schwefels und namentlich des Phosphors kann man den Satz aufstellen, daß das Material um so besser ist, je weniger von diesen beiden Körpern vorhanden. Die Gehalte an geb. Kohle und an Graphit bewegen sich in dem besseren Material in ganz engen Grenzen. Während die gebundene Kohle in den sämtlichen Proben Schwankungen von 0,94 % und der Graphit von 1,18 % zeigt, be tragen dieselben bei dem über dem Durchschnitt stehenden Material nur 0,24 °/o bezw. 0,33 °/o. Das richtige Verhältnis von Graphit und gebun dener Kohle ist demnach von größtem Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften des Gußeisens. Je niedriger jedoch der Phosphor- und Schwefel- Gehalt ist, desto mehr kann das Verhältnis der beiden Kohlenstofformen zugunsten des ge bundenen Kohlenstoffs verschoben werden. Kupolofen mit Vorherd oder ohne Vorherd? Von F. Wüst, Aachen. Auf der Hauptversammlung der „Eisenhütte Oberschlesien“ hat Hr. Generaldirektor Grau, Kratzwieck, einen Vortrag über die Herstellung von Giefsereiroheisen und den Giefsereibetrieb im allgemeinen* gehalten, in dessen zweitem Teile der Vortragende eine Verurteilung des Vorherdes beim Kupolofen ausspricht. Hr. Grau sagt dar über folgendes: „Ferner ist der Vorherd nicht ein Mischer, sondern meiner Ansicht nach ein Entmischer.“ — An anderer Stelle: „Ich habe schon betont, dafs ein Vorherd meiner Ansicht nach verwerflich ist, da er sich als Mischer offen bar nicht bewährt hat. Das Eisen läuft, so wie es im Kupolofen schmilzt, an der Wandung des * Siehe „Stahl und Eisen“ Heft 1 1902 S. 5. Vorherdes herunter, setzt sich in diesem nach seinem spezifischen Gewicht schichtenweise ab und füllt den Vorherd. Wird das Eisen, nachdem es in die Pfanne gelassen, nicht kräftig gerührt, so wird man beim Giefsen nicht nur finden, dafs das Eisenbad ungleichmäfsig warm ist, sondern man wird bei Gufsstücken auch die verschiedenste chemische Zusammensetzung haben.“ Diese unbedingte Verurteilung des Vorherdes aus dem Munde eines erfahrenen Hüttenmannes erregte meine Aufmerksamkeit um so mehr, als ich die Behauptungen des Hrn. Grau mit meinen Beobachtungen durchaus nicht in Einklang brin gen konnte. Um nun über die Rolle, welche der Vorherd als Entmischer des flüssigen Eisens nach Angabe des Hrn. Grau spielt, tatsächliche Unter-