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650 Stahl und Eisen. Ueber V erwendung von Titan-Legierungen in der Stahlindustrie. 30. Jahrg. Nr. 16. hatte seine großen Eigenschaften erkannt und gewann ihn nach kurzer Verhandlung als Mit glied seines Direktoriums: am 1. Juli 1889 über nahm Schmidt die Leitung der kaufmännischen und finanziellen Abteilung der Gußstahlfabrik in Essen, eine Stelle, die er dann bis zu seinem Tode innegehabt und in unermüdlicher Arbeit ausge füllt hat. In dem neuen Wirkungskreise, der ihn mit den leitenden Persönlichkeiten der Eisen- und Stahlindustrie Deutschlands und des Aus landes in Berührung brachte, hat Adolf Schmidt von vornherein eine seiner Aufgaben darin er blickt, alle Auswüchse eines schädlichen Wett bewerbes zu beseitigen und auf einen möglichst weitgehenden Zusammenschluß verwandter Inter essen hinzuwirken. Auf diese Weise ist er mit der gesamten Entwicklung des Kartell- und Syndikatswesens, wie es sich vornehmlich im Laufe der letzten 20 Jahre in Deutschland herausgebildet hat, auf das innigste ver wachsen, so daß er in eingeweihten Kreisen als einer seiner erfolgreichsten und autorita tivsten Förderer galt; insbesondere wird seine weitsehende und stets vermittelnde Tätigkeit bei der Bildung des Stahlwerks-Verbandes im Jahre 1904 sowie bei dessen Erneuerung im Jahre 1907 allen denen unvergessen bleiben, die bei beiden Anlässen mit ihm in Berührung ge kommen sind. Schmidt war ferner der Schöpfer und langjährige Leiter des von 1897 bis 1905 bestehenden Grobblechverbandes und betätigte sich auf diesem Gebiete noch bis in die jüngste Zeit hinein durch die Leitung des Schiffbaustahl- Kontors sowie durch seine Mitarbeit an der neuerlichen Preiskonvention für Grobbleche. Daneben war er es, der die Verhandlungen über verschiedene Anleihen der Firma Krupp geführt hat. Als Finanzfachmann wurde er in den letzten Jahren häufig auch in der Oeffentlichkeit genannt, nachdem er als Vertreter der rheinisch westfälischen Industrie im Jahre 1908 vom Reichskanzler zum Mitgliede der Bank-Enquete- Kommission ernannt worden war. Sein verstorbener Chef, Exzellenz F. A. Krupp, hat an Adolf Schmidt die schöne, von ihm als eine vornehmlich deutsche Tugend bezeichnete Eigenschaft gerühmt, daß er sich aus voller Kraft und mit ganzem Herzen für die Sache einsetze, der er sich einmal gewidmet habe. Diese Worte charakterisieren den Mann auf das beste. Er war von unerschütterlicher Pflicht treue, von unermüdlichem Fleiß und von nie nachlassender Zähigkeit, wenn es galt, das ge steckte Ziel zu verfolgen; dabei verstand er es, überall, wohin er kam, sich Freunde zu erwerben und sie sich zu erhalten, dank der Frische seines Wesens, vermöge der Lauterkeit und Geradheit seiner Gesinnung. Schmidt war seit dem Jahre 1889 mit Charlotte Müller, einer Tochter des Großkauf manns Ludwig Müller in Alexandrien, vermählt. Außer der Witwe überleben ihn drei Söhne und eine Tochter, mit denen außer näheren Freunden und Bekannten des Verblichenen auch der Verein deutscher Eisenhüttenleute den Verlust des vor trefflichen Mannes, den er als Mitglied zu den Seinen zählen durfte, aufrichtig beklagt und betrauert. Ueber Verwendung von Titan-Legierungen in der Stahlindustrie. Von Wilhelm Venator in Dresden. I jas viel geschmähte und gefürchtete Element —— Titan hat in den letzten Jahren erhöhte Bedeutung für die Eisen- und Stahlindustrie er langt und tritt in die Reihe der Metalle, die zur Verbesserung des Stahles bereits Verwendung gefunden haben. Es ist das Verdienst der Ameri kaner, Ferrotitan in elektrischen Oefen in größe ren Mengen hergestellt und seine Eigenschaften eingehend untersucht zu haben, während in Deutsch land die Titan-Gesellschaft in Dresden sich mit der Herstellung metallischen Titans und anderer leicht schmelzbarer Titanlegierungen beschäftigt. Ueber die mit Ferrotitan erzielten Ergebnisse, besonders bei der Herstellung von Schienenstahl hat Hütteningenieur Ed. von Maltitz in dieser Zeitschrift* einen bemerkenswerten Beitrag ge liefert und bekanntgegeben, daß diese Legierung * „Stahl und Eisen“ 1909 S. 1593. in den Vereinigten Staaten bereits Verwendung im Stahlwerksbetriebe findet. Nach den Mit teilungen des Genannten haben die Titanschienen sich den gewöhnlichen Stahlschienen sehr über legen gezeigt und sollen von den nordameri kanischen Eisenbahn-Verwaltungen in größeren Mengen verlegt werden. Bei dem Interesse der Eisenhüttenleute für Titan dürften weitere Mitteilungen über das selbe willkommen sein, wenn auch zugegeben werden muß, daß die Wirkung dieses Metalles noch nicht vollständig klargestellt ist, und die Bedingungen, unter denen es verbessernd ein wirkt, noch nicht für alle Eisen- und Stahlarten festgelegt werden konnten. Es liegt in der Natur der Sache, daß es eines großen Aufwandes von Arbeit im Laboratorium und im Betriebe bedarf, um die Unterlagen zu beschaffen, die erforderlich sind, um die Stahlwerke für das