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Zur Frage der Selbstkostenberechnung und Klassierung von Gußstücken. Von Dipl.-Ing. Engelbert Leber. I m Geschäftsleben des Gießereimannes gibt es zwei dunkle Punkte, die ihm das Dasein seit langem schwer machen, ohne daß er es so recht hätte eingestehen wollen. Das ist die Selbst kostenberechnung der Gußstücke und, was sehr eng damit verbunden ist, die Klassierung des Gusses nach Preisstufen. In wirtschaftlicher Hinsicht wäre es für ihn von größter Bedeu tung, wenn er diesen beiden Fragen mit voller Klarheit gegenüberstände. Aber man ahnt mehr die Schwierigkeiten, die der Lösung dieser beiden Fragen im Wege liegen, als daß man sie deut lich sieht, und schließt lieber die Augen davor, als daß man sie einmal herzhaft anfaßt. Und doch gibt es kaum ein Gebiet im industriellen Leben der Gegenwart, wo eine Prüfung der Verfahren für die Selbstkostenberechnungs niethoden so notwendig, so dringlich und zu gleich so schwierig wäre, wie im Gießereigewerbe. Wenn hier von Klassierung des Gusses die Rede ist, so ist darunter nicht eine Einteilung nach oberflächlichen äußeren Merkmalen ver standen, wie sie z. B. der Verein Deutscher Eisengieß ereien in Bauguß, Maschinenguß und Guß für die chemische Industrie aufgestellt hat, oder die andere bekannte Einteilung in Vollguß und Hohlguß, oder die nach Gußgattungen, wie Dampfmaschinenguß, elektrischer Guß, Turbinen guß, Walzenguß, Gasmotorenguß, Kompressoren guß usw. Vielmehr ist jene von vielen Gießerei leuten erstrebte und erwünschte Klassierung des Gusses nach Hundertkilopreisen gemeint, wie sie z. B. in der einfachen Einteilung nach Ge wichtsklassen oder in dem vor nicht langer Zeit von Winkler beärbeiteten Selbstkosten berechnungssystem nach Abfallklassen zum Aus druck kommt, also eine Klassierung, die darauf hinausläuft, an Hand eines einfachen Schemas oder einer Tafel sofort den Hundertkilopreis jedes beliebigen Gußstückes bestimmen zu können, sobald man ein oder mehrere Selbstkostenmomente, etwa das Gewicht oder das Gewicht und den produktiven Lohn, oder Gewicht, produktiven Lohn und Abfall des Gußstückes kennt. Die anderen soeben genannten Klassierungen verfolgen ja mehr oder weniger andere Zwecke. Sie sollen in der Hauptsache die Grundlage zu Preisvereinbarungen abgeben, für die eine ob jektive Bestimmung der Selbstkostenwerte der Stücke eigentlich die Voraussetzung sein sollte, aber in Wirklichkeit nie ist. Insofern steht also auch die hier zu besprechende Klassierung nach Hundertkilopreisen und die soeben er wähnte Einteilung in Maschinenguß, Bauguß und Guß für die chemische Industrie in einem ge wissen inneren Zusammenhang, den es sich doch verlohnt, weiter unten auch mit einigen Worten zu streifen, wenn sich die Gelegenheit aus dem Zusammenhang von selbst bietet. Will man aber untersuchen, ob die hier zur Besprechung stehende Beziehung zwischen Klassierung und Selbstkosten einen Sinn hat, so wird man sich fragen müssen, hat überhaupt die schematische Berechnung des Selbstkostenwertes ihre Richtig keit, d. h. besitzt der Gießereimann in dem, was er mit Stückkalkulation bezeichnet, tatsächlich die Angaben darüber, was ihn das Gußstück kostet, eine Frage, die sich nur be antworten läßt, wenn man einmal die verschie denen Kalkulationssysteme selbst ins Auge faßt. Es würde zu weit führen, wollte man alle mög lichen Verfahren bis ins einzelne hier wieder geben. Die Verhältnisse liegen ja meist so, daß man sich im allgemeinen nach den Grund sätzen eines der üblichen Kalkulationsverfahren richtet, im einzelnen aber dieses Prinzip den eignen Bedürfnissen entsprechend abändert; es muß also genügen, hier auf die üblichen Grund sätze so hinzuweisen, daß man das Nötige für die hier zur Besprechung stehenden Fragen herauslesen kann. Soviel wir sehen werden, sind es hauptsächlich drei Methoden, die in Betracht kommen. Die eine teilt alle Auf wände der Gießerei z. B. in folgende acht Posten ein: 1. Eisen und Koks in die Oefen, 2. Produktive Löhne (Former, Kernmacher, Putzer), 3. Unproduktive Löhne (Hilfsarbeiter), hierzu Arbeiterversicherung, 4. Materialien (Heizstoffe, Formmittel, Magazin entnahme, 5. Allgemeine Unkosten (Kraft, Beleuchtung, Wasser, Reparatur, Feuerversicherung), 6. Gießereiunkosten (Transport, Zoll, Fracht, Ana lysen, Versuche, Prämien), 7. Gehälter und Tantiemen (Gießereileitung, kauf männische Leitung, Meister), 8. Allgemeine Verwaltung (Zinsen, Amortisation, Steuern usw.). Von diesen Ausgaben werden nun die Ge samtaufwände in der Kalkulationsperiode fest gestellt und auf folgende Weise zu einer Formel vereinigt: Zunächst stellt man die Kosten für das flüssige Eisen fest, ferner das Ausbringen an guten Gußwaren, dann addiert man die Posten 3 bis 7 (die sogen. Betriebsunkosten) und bestimmt, einen wie großen Prozentsatz diese Summe von derjenigen ausmacht, die für