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484 Stahl und Eisen. Beri/akademie und Geologische Landesanstalt in Berlin. 30. Jahrg. Nr. 12. Bergakademie und Geologische Landesanstalt in Berlin. Von Heinr. Maceo, M. d'. A. A ngesichts der Tatsache, daß in dem dies- - - jährigen Etat für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen abermals keine größeren Mittel für die Bergakademie und die Geologische Lan desanstalt eingestellt sind, entsteht die Frage: ob der ständig ablehnende Standpunkt der Regierung gegenüber diesen wiederholt erörterten und teilweise auch anerkannten Wünschen durch die bergwirtschaftlichen Ereignisse und Ergeb nisse der letzten Jahre sich wirklich recht fertigen läßt, oder ob hier nicht schwere Unterlassungssünden und Verkennungen der Zeitumstände vorliegen. Wozu sind die Bergakademien, wozu ist be sonders die Berliner Bergakademie da? Zur Ausbildung höherer Bergwerks- und Hüttenleiter im allgemeinen, im besonderen aber namentlich eingestandenermaßen die Berliner Bergakademie — zur Ausbildung der höheren Staatsbergleute, sowohl der Direktoren usw. von Staatswerken, wie auch der staatlichen Pfleger, Berater und Aufseher des Privatbergbaues. Die Aufgaben beider Beamtenkategorien sind in den letzten Jahrzehnten ungeheuer gewachsen, die Beamten selbst aber — das zeigen die Er träge und die Ergebnisse — sind diesen Aufgaben nicht mehr in genügendem Maße gewachsen. Ohne irgend jemand persönlich nahetreten zu wollen, muß gesagt und kann bewiesen werden: an den ständig sinkenden Erträgen der Staats bergwerke, an der Handhabung der Bergpolizei, an der Kurzsichtigkeit von Regierungsorganen gegenüber privatwirtschaftlichen Bestrebungen, an den Mängeln unserer Frachttarifpolitik, an der Verkennung ausländischer Konkurrenzbestre bungen usw. — an allen diesen jährlich wachsen den Sorgen und Verlegenheiten im Handels ministerium ist zum großen Teil schuld eine stetige ministerielle Verkennung der Aufgaben einer Bergakademie und einer bergwirtschaft lichen Aufnahmebehörde innerhalb des heutigen großindustriellen Lebens, innerhalb eines an Lagerstätten reichen, aber an weitsichtigen Berg wirtschaftlern armen Deutschlands. Jährlich werden bergwirtschaftliche Verlegen heitsgesetze gemacht, deren Wirkung immer anders ausfällt, als beabsichtigt war; jährlich wächst der Einfluß ausländischer Rohprodukte (z. B. der englischen Steinkohle und der schwe dischen Eisenerze), aber die Tarifpolitik der Regierung bleibt, wenn nicht ratlos, so doch erfolglos; jährlich dringen ausländische Ver braucher unserer Monopolprodukte, wie der Kali salze und neuerdings der Gaskohlen, tonangeben der bei uns ein, aber die Regierung verpaßt die besten Gelegenheiten oder die richtigen Termine und kommt schließlich mit geradezu undurch führbaren, um nicht zu sagen naiven. Gesetz entwürfen. Diese Zustände sind lediglich entstanden, weil man den jungen Berg- und Hüttenleuten, in deren Hand später die bergwirtschaftliche Zukunft Deutschlands liegt, nicht rechtzeitig den Zusammenhang von Geologie, Bergbautechnik, Lagerstättenökonomie und Volkswirtschaft klar gemacht hat. Früher ist in der Bergbauabtei lung unseres Handelsministeriums die Tätigkeit der Geologischen Landesanstalt als eine wirt schaftlich, also bergbaulich, überhaupt nicht in Betracht kommende geradezu verächtlich bei seite geschoben worden: jetzt erlebt man die Folgen davon. Jetzt werden bergwirtschaftliche Gesetze gemacht, ohne daß eine genügende prak tisch-geologische Grundlage vorhanden ist, ja ohne daß überhaupt Männer an der Spitze stehen, welche diesen innigen Zusammenhang auch nur einsehen. Denn würden die leitenden Männer diesen Zusammenhang der Dinge einsehen und begreifen, dann würde wenigstens für die Zukunft vor gesorgt werden. Es geschieht aber nichts — auch diesmal wieder nichts. Auch diesmal ist die Bergverwaltung wieder nur Generaldirektion der staatlichen Gruben und Hütten mit immer beschränkteren Hoffnungen und Erträgen, nicht aber die pflegende und für- sorgende Hand eines Preußischen Staates, wel- eher dank der Fürsorge früherer großer Männer das reichste Bergbauland Europas ist. So kann es also nicht weitergehen! An die Spitze des Bergwesens eines solchen Staates wie Preußen gehören weitsichtigere Männer, oder aber es tritt ein, was schon be gonnen hat einzutreten: die Fürsorge für Deutsch lands Lagerstättenzukunft geht von Preußen über an das Reich! Schon hat eine Reichstagskommission es über nehmen müssen, Preußens verkehrte Kalipolitik zu verbessern, wenn sie überhaupt noch einiger maßen wieder einzurenken ist. Diese Kommission braucht Grundlagen, Unterlagen; denn sie will ernst arbeiten. Man wird ja sehen, was ihr das Preußische Handelsministerium an solchen geologischen und bergwirtschaftlichen Grund lagen wird geben können, und namentlich was nicht. Man wird dann staunen über diese schmale wissenschaftliche Unterlage für die breiteste wirtschaftliche Gesetzgebung, man wird eine bessere, größere, praktischere Aufnahmebehörde für dergleichen haben wollen, und man wird