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schlackung des Tiegelmateriales die Ergebnisse der Schmelzung beeinträchtigte. Des historischen Interesses wegen sei hier das wohl älteste titrimetrische Ver fahren kurz erwähnt: die sogenannte Chlorimetrie, worunter die maßanalytische Messung des Bleichsauer stoffes, vornehmlich des Chlorkalkes verstanden wurde. Ursprünglich von Gay-Lussac (1824) entdeckt, scheint sie von F. J. 011 o und J. Berzelius auch auf die Bestimmung des Eisens angewandt worden zu sein. Das mit vielen Fehlern behaftete Verfahren hat nur in der von Rob. Bunsen (1853) angewandten Form eines Restverfahrens theoretisches Interesse. Einen großen Fortschritt bedeutete es, als Fuchs* die salzsaure Lösung der Eisenerze mit blankem Kupfer reduzierte und aus dem Gewichtsverluste desselben den Eisengehalt berechnete. Eine Umwälzung im Eisen hüttenlaboratorium brachte die Einführung der Maß analyse, an deren Ausbildung besonders französische Forscher wie P e 1 o u z e und Marguerit e** hervor ragenden Anteil hatten. In Deutschland war es H. Schwarz, der das erste Lehrbuch über Maßanalyse 1850 veröffentlichte, und der als einer der ersten das jodometrische Verfahren, d. h. die Messung des aus einer Jodkaliumlösung durch Eisenchlorid frei ge wordenen Jods mittels unterschwefligsauren Natriums, zur Bestimmung des Eisens benutzte. Der eigentliche Urheber- dieser Methode ist Duflos, der die Reak tion Eisenchlorid-Jodkalium benutzte bei der Titration von Ferrisalzen mit Zinnchlorür (1841). Jodkalium diente hierbei als Indikator. Aus dem Gewichte der verbrauchten Zinnchlorürlösung wurde die Menge des Eisens ermittelt. Um die weitere Ausbildung des jodometrischen Verfahrens haben sich A. Streng (1855), F. Mohr (1860)t und C. S. Braun (1860) besondere Verdienste erworben. Die direkte Messung der Ferrisalze mit Thiosulfat wurde von J. Scherer (1854) vorgeschlagen, doch ist diese Methode nebst ihren Abänderungen mehr oder weniger ungenau und für die Praxis der Eisenerzanalyse ohne Bedeutung geblieben. Frederic Marguerite erzielte (1846) mit der Einführung der Chamäleonmethode die schönsten Er folge. Die salzsaure Lösung der Eisenerze reduzierte er mit Natriumsulfit oder Zink. Etwas später kam die Titration der Ferrosalze mittels Kaliumbichro mates auf, die unabhängig von einander der Engländer F. Penny (1850) und der Oesterreicher J. Schabus (1851) bekannt gaben. In Deutschland und Frank reich war besonders das Chamäleonverfahren, in Eng land dagegen das Chromatverfahren in Gebrauch. Im Jahre 1862 machten J. Löwenthal und E. Lenßenti die Aufsehen erregende Beobachtung, daß bei der Einwirkung von Permanganat auf die salzsaure Ferro- salzlösung die Salzsäure zu einem Teile zu Chlor oxydiert wird, obwohl die Versuchsbedingungen so liegen, daß Permanganat für sich allein auf verdünnte Salzsäure nicht einwirkt. Remigius Fresenius§ war es, der die Angaben von Löwenthal und Lenßen sofort nachprüfte und zu demselben überraschenden Ergebnis kam. Nach den Versuchen von Fresenius gaben die dritte und vierte Titration, bei denen die selbe Menge Eisenoxydulsalzlösung zu der schon mehr fach benutzten Titrierflüssigkeit hinzugefügt wurde, erst konstante Werte. Jedenfalls machte sich hierbei schon der Einfluß des entstandenen Mangansulfates geltend. Die Zinnchlorürmethode, wie sie ursprünglich Duflos anwandte und später von Penny und Wallace empfohlen worden war, hatte den Nachteil, daß der Endpunkt nicht scharf zu erkennen war. Durch R. * „Journal für praktische Chemie“ XVII, S. 160. ** „Ann. de dhim. et de Phys.“ III. Reihe, Bd. 18, S. 244. f „Ann. de Chiin. et Pharin.“ 105, 8. 53. ff „Zeitschrift für anal. Chemie“ 1, 8. 329. § „Zeitschrift für anal. Chemie“ 1, 8. 361. Fresenius* wurde sie erst zu einer praktisch ausführ baren Methode gestaltet, indem Fresenius den geringen Ueberschuß des Zinnchlorürs mit einer Jodlösung, deren Wirkungswert gegen letztere festgestellt war, zurück titrierte. Seinerzeit war diese Methode sehr gebräuch lich, da es leicht gelingt, eine Lösung von Ferri- chlorid herzustellen. Der einzige Uebelstand war der, daß die Zinnchlorürlösung nur von geringer Haltbar keit war, und sich daher eine tägliche Kontrolle ihres Titers nötig machte. Das Zinnchlorür wurde später durch andere Re duktionsmittel ersetzt, so durch eine Cuprochlorid- lösung von CI. Winkler (1865), durch die blaue Lösung des Molybdänsalzes von A. Purzetti (1896) und durch die violette Salzlösung des dreiwertigen Titans von C. Knecht und E. Hibbert (1903). Doch sind diese Methoden kaum von Bedeutung für die Praxis geworden. Wurde bisher die Zinnchlorür lösung als Maßflüssigkeit benutzt, so kam F. Keßler** (1855) auf den genialen Einfall, den geringen Ueber- schuß des Zinnchlorürs durch Quecksilberchlorid zu beseitigen. Die Zinnchlorürlösung brauchte hierbei nicht einen festgestellten Wirkungswert zu besitzen. Das auf diese Weise gebildete Ferrosalz titrierte Keßler mit einer Kaliumbichromatlösung, da sich Permanganat hierfür zunächst als ungeeignet erwies. Keßler konnte die von Löwenthal und Lenßen (1862) beobachtete Chlorentwicklung bei der Titration von salzsauren Eisenchlorürlösungen mittels Kaliumperman ganates nur bestätigen, doch fand er bereits 1863t in dem Mangansulfat ein geeignetes Schutzmittel. Diese Entdeckung, die heute von so weittragender Bedeutung geworden ist für die Eisenbestimmung mittels Permanganates, blieb lange Zeit unbeachtet, und es war C. Zimmermann Vorbehalten, ohne die Arbeit Keßlers gekannt zu haben, 18 Jahre später dieselbe von neuem zu entdecken. Doch beanspruchte Keßler 1882 die Priorität für sich. Die Verbindung beider Entdeckungen, d. h. des Reduktionsverfahrens mit Stannochlorid und Quecksilberchlorid und der Schutzwirkung der Mangansalze, vervollständigte dann C. Reinhardt ff 1884 zu der heute allgemein ge bräuchlichen Eisenbestimmungsmethode. Um den Farbenumschlag in der grünen Eisenchloridlösung noch schärfer zu erkennen, führte Reinhardt ttt 1889 die Anwendung von Phosphorsäure ein, welche eine farblose Lösung ermöglichte und damit den End punkt der Titration schärfer hervortreten ließ. J. Wagner§ machte 1899 darauf aufmerk sam, daß trotz des Zusatzes von Mangansulfat die von Keßler chemische Induktion genannte „über tragene Reaktionsfähigkeit“ : Ferrosalz - Salzsäure- Permanganat, nicht vollständig zu beheben sei, daß also die Reaktion immer noch anormal verlief, und diese Eisenbestimmungsmethode empirischen Charakter trage, und daß daher die Titer Stellung in gleicherweise zu erfolgen habe, wie die eigent liche Gehaltsbestimmung. Manchot hat diese Frage 1902 §§ eingehend geprüft, und die Reaktion Ferro salz-Salzsäure-Permanganat steht immer wieder im Mittelpunkte des Interesses, wie es auch die Arbeiten A. Skrabals aufs neue bewiesen haben. K. Kolorimetrische Eisenbestimmung in feuerfesten Materialien. Die genaue Bestimmung von sehr geringen Men gen Eisen, wie sie in Tonen, Sanden, Schamotte oder anderen feuerfesten Produkten vorzukommen pflegen, * „Zeitschrift für anal. Chemie“ 1, S. 26. ** „Pogg. Ann.“ 95, S. 223. F „Pogg. Ann.“ 119, 8. 225. ff „Stahl und Eisen“ 1884, 8. 704. fff „Chern. Zeit.“ 1889, 8. 323. § „Zeitsch. f. physik. Chemie“ 28, 8. 33. s§ „Liebigs Annal.“ 325, 8. 105.