Volltext Seite (XML)
Die baupolizeilichen Beanspruchungsziffern von Eisen. Stahl und Eisen. 435 genannten Lasten und des Winddruckes eintritt, mit einer Beanspruchung des Eisens von 1400 kg/qcm gerechnet werden darf. Dabei muß der Winddruck mit 150 kg/qcm angenommen werden. Diese Spannung von 1400 kg/qcm darf aus nahmsweise, wie dies bisher für die Bauten für die Staatsbauverwaltung zugelassen war, bis zu 1600 gesteigert werden, wenn für eine den strengsten Anforderungen genügende Durchbil dung, Berechnung und Ausführung volle Sicher heit gewährleistet erscheint. Die Erhöhung der Spannungen hat natürlich zur Voraussetzung, daß bei der Aufstellung und Ermittlung der Spannungen genau verfahren, und größte Sorg falt beobachtet wird. So erscheint es denn auch durchaus berechtigt, daß hinfort für die Berech nung der Träger die Stützweiten zugrunde gelegt werden und nicht, wie sich das aus Be quemlichkeitsgründen fast überall eingebürgert hatte, die Freilage der Träger. Für Träger wurde früher mit Freilage und 875 kg/qcm Beanspruchung gerechnet; die tat sächlich auftretende Spannung betrug daher mehr. Da Stützweite nicht in einem konstanten Ver hältnis zur Freilage steht, läßt sich nicht all gemein angeben, um wieviel die tatsächliche Spannung die mit Freilage berechnete überschritt. Man kann aber auf Grund einer großen Zahl berechneter Einzelfälle sagen, daß sie etwa 10 °/o höher war, so daß auch bisher schon mit wirklichen Beanspruchungen von annähernd 1000 kg/qcm gerechnet werden mußte. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist die er folgte Erhöhung nicht so bedeutend, wie sie vor sichtigen Ueberwachungsbeamten beim Vergleich der beiden Zahlenwerte erscheinen mag. Neben der Erhöhung der Beanspruchungs ziffern ist als weiterer bedeutsamer Fortschritt der Fortfall der Bestimmung betreffend die Durch biegung der Träger zu betrachten. In der Form, wie sie bisher bestand, war sie ja längst unhaltbar, da wichtigen Gesichts punkten, die das Maß der Durchbiegung erheb lich beeinflussen, bei Anwendung der vorgeschrie benen Formeln gar nicht Rücksicht getragen wurde. Die benutzten Formeln beruhten einmal auf der Voraussetzung beiderseits vollständig freier Lagerung und vernachlässigten die bei massiven Decken vorhandene Verbundwirkung zwischen Träger und Deckenplatte. Angestellte Probebelastungen zeigten immer, daß die wirk liche Durchbiegung in solchen Fällen erheblich unter der rechnungsmäßigen blieb, trotzdem wurde von den meisten Baupolizeiverwaltungen an der alten Forderung, die Berechnung solcher Träger mit Rücksicht auf Durchbiegung vorzu nehmen, festgehalten. Damit wurde natürlich eine Ausnutzung des Eisens unmöglich gemacht. Mit Rücksicht auf den Festigkeitsnachweis eines auf Biegung beanspruchten Bauteiles er scheint die Festsetzung einer zulässigen Durch biegung überflüssig, solange die zulässige Be anspruchung nicht überschritten wird. In vielen Fällen wird man, um wirtschaft lich zu konstruieren, eine etwas größere Durch biegung mit in Kauf nehmen und dies auch un bedenklich können. Die Durchbiegung kann nur Bedeutung ge winnen für die Sicherheit der Auflager. Auf die richtige Ausbildung dieser und ihre aus reichende Bemessung soll man die notwendige Sorgfalt verwenden, dann ist auch dafür die Festsetzung eines willkürlich gewählten Maßes für die zulässige Durchbiegung entbehrlich. Der Fortfall der Bestimmung ist wohl ein erfreu licher Beweis dafür, daß man sich auch im Mi nisterium derartigen Erwägungen nicht länger verschlossen hat. Selbstverständlich kann der Fortfall der Be stimmung kein Grund sein, der auftretenden Durchbiegung überhaupt keine Beachtung zu schenken. In vielen Fällen wird man ihr Rech nung tragen müssen, z. B. aus ästhetischen Gründen, und in jedem Fall wird es Sache des Konstrukteurs sein, zu prüfen, inwieweit sie zu lässig ist. Vermieden wird aber hinfort das Schematisieren. Und insofern ist die Aenderung einem Bedürfnis der Praxis entsprungen und mit Freuden zu begrüßen. Als Mangel der bisherigen Bestimmungen wurde auch empfunden, daß sie keine ausreichen den Angaben über die Beanspruchung anderer Eisenarten enthielten. Die neuen Bestimmungen setzen fest, daß Gußeisen in Lagern auf Druck mit 1000 kg, in anderen Bauteilen auf Druck mit 500, auf Biegung mit 250, auf Abscherung mit 200 kg/qcm beansprucht werden darf. Stahl formguß darf auf 1200 kg/qcm, Schmiedestahl auf Zug, Druck und Biegung bis zu 1400 kg/qcm beansprucht werden. Für Niete und gedrehte Schraubenbolzen ist die Scherspannung auf höchstens 1000 kg/qcm, der Lochleibungsdruck auf höchstens 2000 kg/qcm festgesetzt; für ge wöhnliche Schraubenbolzen sind die entsprechen den Zahlen 750 bezw. 1500 kg/qcm. Für Anker ist noch die Einschränkung gemacht, daß sie nur mit 800 kg/qcm beansprucht werden dürfen. Mit diesen neuen Vorschriften wird sich jeder Fachmann einverstanden erklären können. Sie tragen, wie gesagt, all den Gründen, die für eine Erhöhung der Ziffern sprachen, in erfreu licher Weise Rechnung und zeigen, daß sich auch unsere höheren Verwaltungsstellen auf die Dauer den Anforderungen der Praxis nicht ver schließen. Daß man dabei vorsichtig zu Werke geht und erst reichliche Erfahrungen sammelt, ist begreiflich und schließlich auch berechtigt. Die erforderliche Sicherheit eines Bauwerkes wird aber letzten Endes nicht in niedrig ge haltenen Beanspruchungsziffern zu suchen sein,