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9. März 1910. Aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 423 Von den in Betracht zu ziehenden 16 außerpreußischen Kleinbahnen* betrug die Verzinsung bei einer Bahn * Fortgelassen sind bei diesen und bei den preußischen Kleinbahnen alle solche, die noch nicht voll oder erst kurze Zeit (noch nicht ein Jahr) im Be triebe waren, ferner diejenigen, die in der Haupt bis zu 1 o/o, bei zwei Bahnen bis zu 2 °/o, bei sieben Bahnen bis zu 3 o/o und bei zwei Bahnen mehr als 5 bis 10 °/o des Anlagekapitales. Sache nur dem 'Privatinteresse dienen, oder deren Reingewinn aus sonstigen Gründen nicht zuverlässig festgestellt werden konnte. Aus Fachvereinen. Verein deutscher Maschinenbau-Anstalten. Am 4. März hielt der Verein seine diesjährige or dentliche Hauptversammlung im Hotel Adlon zu Berlin ab. Den Vorsitz führte Hr. Geh. Kommerzienrat H e i n r i c h L u e g, M. d. H., Düsseldorf, der in seiner Eröffnungsansprache zunächst der im vergangenen Geschäftsjahre dem Verein durch den Tod entrissenen Vorstandsmitglieder Max Münzel und Dr.-Ing. h. c. Ernst Heller gedachte. Hr. Lueg fuhr dann fort: „Die heutige wirtschaftliche Lage wird allgemein bereits als aufsteigend angesehen und geht langsam einer Besserung entgegen. In der Maschinenindustrie kann man davon aber noch nicht sprechen. Das Bild, das sich in unserer Industrie darbietet, ist fast noch bedenklicher als im Vorjahre. Man kann sagen, daß die Maschinenindustrie eines ihrer schlechtesten Jahre hinter sich hat. Zu Beginn des vorigen Jahres standen unsere Hauptabnehmer, der Kohlenbergbau und die Eisenhüttenindustrie, selbst noch zu sehr unter der Einwirkung des wirtschaftlichen Tiefstandes, als daß sie geneigt gewesen wären, beträchtliche Ausgaben durch die Bestellung von Neuanlagen zu übernehmen. Bei den wenigen Neubauten wurde die Ungunst der wirtschaftlichen Lage und der dadurch hervorgerufene große Wettbewerb in der Maschinenindustrie dazu benutzt, die Preise zu drücken, so daß sie heute einen Tiefstand erreicht haben, wie kaum je zuvor. Die kaufmännischen Verwaltungen großer Werke glauben außerdem in den Gegenbestellungen ein Mittel gefunden zu haben, durch das sie ihre Stellung auf dem Markte erleichtern können. In den Gegen- bestellungen handelt es sich um in neuester Zeit ein gerissene Auswüchse einer an sich einwandfreien Ge pflogenheit, die sich mehr und mehr als Uebelstand fühlbar machen. Niemand wird es einem Werke ver argen, wenn es bei Vergebung von Maschinenliefe rungen diejenigen Maschinenfabriken, die seine Ab nehmer sind, auch wiederum bevorzugt. Aber die Art und Weise, wie in neuester Zeit die Gegen bestellungen zur Grundlage des Verkaufes von Ma schinen gemacht, und wie den Maschinenfabriken von ihren großen Abnehmern drückende Liefer- und Zah lungsbedingungen aufgezwungen werden, muß als un gesund bezeichnet werden. Sie führt auf der einen Seite in ihren Folgen zu einer äußerst bedenklichen Kredit wirtschaft, auf der andern Seite zu einer Verstimmung weiter Kreise, die sich gegen die Macht der Syndi kate richtet. Die großen Vereinigungen und Syndi kate sollten daher in ihrem eigensten Interesse bei ihren Mitgliedern darauf hinwirken, daß derartige Auswüchse beseitigt werden. Zahlreiche Maschinenfabriken haben durch ihre Nachgiebigkeit mit dazu beigetragen, daß diese Ver hältnisse sich so weit haben entwickeln können, und es wäre zu wünschen, daß Aufträge, an die solche Bedingungen geknüpft werden, lieber einmal nicht übernommen werden. Ein gemeinsames Vorgehen der Maschinenfabriken wird sich wohl nicht erreichen lassen, aber der Verein wird durch eine Darlegung der Verhältnisse und gegebenenfalls Verhandlungen mit den Vereinigungen der Abnehmer auf eine Besse rung hinwirken müssen. Die deutsche Maschinenindustrie ist nicht in der Lage, allein von dem Inlandmarkte zu bestehen, sie ist vielmehr darauf angewiesen, Absatz auf dem Welt märkte zu suchen. Dazu bedarf sie eines Schutzes der deutschen Arbeit durch entsprechende Zölle auf die Fertigerzeugnisse. In dem jetzigen deutschen Zolltarif reichen die Zölle auf Maschinen nicht aus. Das Ausland, bemüht, auch seinerseits seine heimische Industrie zu schützen, weiß sich gerade in dem Schutze der Fertigerzeugnisse, und nicht zum wenigsten der Maschinen, nicht genug zu tun, und so sind die mit vieler Mühe gewonnenen Absatzgebiete durch die aus ländische Zollgesetzgebung gefährdet. Nicht nur die Höhe der Zollsätze an sich stimmt bedenklich, son dern auch die eingehendere Gliederung der Zolltarife, wodurch bestimmte Zweige unserer Ausfuhr mit be wußter Absicht empfindlich geschädigt werden. Daher gewinnen die Verhandlungen über Handelsver träge an Bedeutung. Es wird darauf ankommen, die mit großer Sachkenntnis aufgebauten Auslands tarife mit eben solcher Sachkenntnis zu bekämpfen, und unrichtige Behauptungen, vornehmlich über unsere Gestehungskosten, Arbeitslöhne und Verkaufspreise, zahlenmäßig zu widerlegen, damit unsere von den Zollerhöhungen betroffenen Industriezweige durch entsprechende Zollermäßigungen in den Verträgen geschützt werden. Es wird Aufgabe des Vereines sein, die Reichsregierung durch Darlegung der Ver hältnisse zu unterstützen. In Zeiten wirtschaftlichen Tiefstandes wendet sieh in allen Industriestaaten die Aufmerksamkeit in er höhtem Maße der Ausfuhr zu, und so sucht auch die ausländische Industrie mit verstärktem Eifer in den deutschen Markt einzudringen. Die deutsche Maschinen industrie muß verlangen, daß sie in den Abwehrmaßnah men gegen den ausländischen Wettbewerb durch die ein heimischen Kreise wirksam unterstützt wird. Die zuvor kommende Unterstützung, deren sich zahlreiche Bestre bungen des Auslandes vielfach zu erfreuen haben, er scheint oft übertrieben, und vornehme Zurückhaltung dürfte dem Auslande gegenüber häufig angebrachter sein. Der Verein hat somit in nächster Zeit große Auf gaben vor sich, und die Notwendigkeit, daß die Ma schinenindustrie in höherem Maße als bisher für ihre allgemeinen Interessen eintreten muß, hat die beabsich tigte Neuorganisation des Vereines herbeigeführt. In diesem für den Verein so bedeutungsvollen Zeitpunkte hat er mit Bedauern und nur zögernd dem Wunsche seines langjährigen Geschäftsführers statt gegeben, ihn von der Leitung unserer Geschäfte zu entbinden. Hr. Dr.-Ung. Schrödter, der den Verein mitbegründet und sich jederzeit in den Dienst seiner Bestrebungen gestellt hat, hat geglaubt, bei seiner wach senden Inanspruchnahme die Sorge für die erweiterten Aufgaben unseres Vereines an eine jüngere Kraft, Hrn. Frölich, abgeben zu sollen. Die Anerkennung, die der Verein den Ausführungen des Hrn. Dr.eng. Schrödter so häufig gezollt hat, hat erkennen lassen, daß er seine Auffassung von den Aufgaben der Maschinen industrie und von ihrer Bedeutung durchaus teilt; die von Hrn. Dr.-ng. Schrödter gepflogenen innigen Be ziehungen zwischen der deutschen Maschinenindustrie und der Eisenhüttenindustrie werden auch von seinem Nachfolger ebenso gepflegt werden.“ Unter lebhaftem Beifall der Versammlung sprach Hr. Lueg Hrn. Dr.-ng. Schrödter den Dank des Vereines für seine Tätigkeit aus.