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9. März 1910. Das Breiten beim Walzen. Stahl und Eisen. 417 des Stabes nachdem Stich ist. Aus diesem Grunde verwendet man verschiedene Walzen zur Erzeu gung von Bandeisen und Flacheisen gleicher Breite und gibt ersteren größere Breitung als den letz teren. In welcher Weise die Stärke des Stabes die Breitung beeinflußt, wurde wie folgt ermittelt: Vier Stäbe von gleicher Breite wurden durch die gleichen Walzen gleichviel gedrückt und zwar so, daß die Höhe des folgenden Stabes nachdem Stiche doppelt so groß war wie die des vorher gehenden Stabes. Aus den Angaben der Zahlen tafel 5, welche die Ergebnisse des Versuches wiedergibt, ist zu ersehen, daß die lineare Brei tung jedes folgenden Stabes annähernd gleich der Hälfte der des vorhergehenden Stabes ist, d. h. daß die Breitungsfläche in allen Fällen die gleiche ist. Daraus folgt, daß gleiche Walzen bei glei chem Druck gleichviel Material in die Breite drängen, und es erklärt sich, warum beim Wal zen stärkerer Sorten auf dem Kalibersatz der schwächeren viel Ausschuß entstehen muß. Zwar wird, da der Druck derselbe bleibt, gleichviel Material in die Breite gedrängt, doch wird die lineare Breitung geringer, d. h. die Stäbe laufen „leer*, werden unter Umständen an den Kanten rissig und diese nicht mehr scharf. Zahlentafel 5. ErgebnissedesVersuches5. Nr. Höhe vor de m Breite m Stich in Höhe nach de n Breite m Stich in Druck mm Breitung mm 1 9,0 50,0 5,0 53,5 4,0 3,5 2 14,0 50,0 10,0 51,8 4,0 1,8 3 24,0 50,0 20,0 51,0 4,0 1,0 4 44,0 50,0 40,0 50,0 4,0 0,5 Die Tatsache, daß die Breite eines Walz stabes ohne Einfluß auf die Breitung ist, legt die Vermutung nahe, daß nicht das gesamte ver drängte Material in gleicher Weise gebreitet wird, sondern nur ein Teil desselben, was Brovot durch die Theorie der .Rutschungskörper und neuerdings W. Tafel* durch die Erkenntnis von der Be einflussung der benachbarten Querschnittsteilchen unter sich bezüglich ihrer Längung erklärt. Um zu untersuchen, ob wirklich nur ein Teil des ver drängten Materiales breite, und wie groß derselbe sei, führte ich folgenden Versuch aus: Ein Flach eisenstab wurde nach dem von Hollenberg angegebenen Verfahren** hergerichtet mit dem Unterschiede, daß die Stifte in einer Ebene lagen, die zu der von Hollenberg gewählten einen Win kel von 90° bildete. Der Versuch (Abbildung 1) wurde wie der Hollenbergsche ausgeführt: die Walzen wurden abgekuppelt, sobald der Stab nur zum Teil dieselben durchlaufen hatte. Der Stab wurde dann bis auf die Mitte der Stifte abge- hobelt, die Fläche poliert und geätzt, wobei das * „Stahl und Eisen“ 1909, 5. Mai, S. 649/63. ** „Stahl und Eisen“ 1883, Februar, S. 121. X.äO •in Abbildung 2 dargestellte Bild sich zeigte. Wie das Aetzbild zeigt, blieben die Stifte in der Mitte gerade, d. h. die mittleren Teile des Stabes wurden nur gestreckt, dagegen weisen die Stifte an den Außenkanten des Stabes eine Krümmung nach vorwärts auf, d. h. diese Teilchen des Stabes breiteten mit der Streckung und blieben Abbildung 1. Schema des Versuches. dadurch in der Richtung der Längung (nach rück wärts) zurück. Das Maß ließ sich nicht ge nau ermitteln, da die Krümmung der Stifte aus der Geraden sehr allmählich erfolgte, doch schien es, als ob die Krümmung dort beginne. Für die nachfolgenden Versuche wurde angenommen, daß dem so sei, ohne zunächst einen direkten Beweis Abbildung 2. Lage der Stifte nach dem Versuche. dafür erbracht zu haben, der sich indirekt aus der Regelmäßigkeit der Versuchsergebnisse ab leiten läßt. Es wurde nun untersucht, wie der für die Breitung in Betracht kommende verdrängte Quer schnitt die Breitung beeinflußt. Zu diesem Zweck wurden drei Flachstäbe von gleicher Breite auf gleiche Stärke gewalzt, und zwar durch Walzen paare, deren Durchmesser so gewählt wurde, daß das Produkt aus berührtem Walzumfang und Druck (der für die Breitung in Betracht kom mende Querschnitt) jedes nachfolgenden Stabes gleich der Hälfte des vorhergehenden war. Dabei war der Walzwinkel, dessen Einfluß auf die 53